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Berichte über Hubschrauberabsturz
Warten im Sinne der Angehörigen

Kritik vom verteidigungspolitischen Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold, nach dem Hubschrauberabsturz der Bundeswehr in Mali: Es sei "unmöglich", dass Angehörige aus den Medien davon erfahren, dass Soldaten gestorben sind. Haben die Medien tatsächlich zu früh berichtet?

Von Michael Borgers |
    Oberst Volker Bauersachs, Kommandeur des dortigen Kampfhubschrauberregiments 36, gibt am 27.07.2017 in der Georg-Friedrich-Kaserne in Fritzlar (Hessen) ein Statement ab. Die bei einem Hubschrauber-Absturz in Mali getöteten Bundeswehrsoldaten waren in Fritzlar stationiert. Foto: Uwe Zucchi/dpa | Verwendung weltweit
    Oberst Volker Bauersachs gibt den Absturz eines Bundeswehr-Hubschraubers bekannt (dpa)
    Nicht, dass über den Absturz eines Bundeswehrhubschraubers vom Typ Tiger berichtet wurde, findet Rainer Arnold falsch. Der SPD-Politiker kritisiert den Zeitpunkt. Im Deutschlandfunk forderte er, "Medien sollten in der Situation bereit sein, auch mal eine Stunde Geduld zu haben, bis das Verteidigungsministerium offiziell meldet."
    Arnold, der seit 15 Jahren verteidigungspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion ist, denkt dabei vor allem an die Angehörigen. Aktuell sind 875 deutsche Soldaten im Nordosten Malis stationiert.
    "Es ist unmöglich, dass Familienangehörige dann aus den Zeitungen, über die Nachrichten im Rundfunk erfahren, dass möglicherweise ihre Familienangehörigen getötet sind oder ums Leben gekommen sind, bevor der Sachverhalt genau aufgeklärt ist."
    Nachricht schnell aufgegriffen
    Was genau war passiert? Um 16:46 Uhr hatte am Mittwoch Reuters als erste Nachrichtenagentur den Absturz eines deutschen Hubschraubers gemeldet und sich dabei auf einen Sprecher der Vereinten Nationen bezogen. Andere Agenturen wie AFP und dpa zogen in der Folge nach, ließen sich den Vorfall ebenfalls von der UNO-Friedensmission bestätigen, also einer Quelle, die als seriös und sehr zuverlässig gilt. Nach und nach griffen auch deutsche Medien die Nachricht auf.
    "Es gab eigentlich keinerlei Zweifel, dass da was passiert ist, dass es einen Absturz gab", sagt Martin Muno, Leiter der Online-Nachrichten der Deutschen Welle. Man selbst habe so lange gewartet, bis wichtige noch offene Fragen geklärt gewesen seien, sich dann aber für die Veröffentlichung entschieden.
    "Natürlich ist das was ganz Furchtbares, wenn Angehörige eventuell erst aus den Medien erfahren oder sie wissen, da ist ein Angehöriger, der in Mali ist und der Hubschrauberpilot ist und im Ungewissen bleiben. Aber auf der anderen Seite hat natürlich die deutsche Öffentlichkeit ein Interesse daran, zu erfahren, was an diesem Auslandseinsatz in Mali tatsächlich passiert."
    Einverständnis zwischen Bundeswehr und Journalisten
    Auch Deutschlandfunk-Sicherheitsexperte Gerwald Herter versteht den Wunsch, zunächst die Angehörigen zu benachrichtigen. Und normalerweise gebe es auch ein Einverständnis zwischen Bundeswehr und Journalisten vor Ort, diesen Wunsch zu berücksichtigen. Eine Sprecherin der Bundeswehr bestätigte @mediasres, diese Praxis habe es in der Vergangenheit gegeben. Herter selbst hat einen solchen Fall erlebt bei einem Einsatz, den er begleitet hat.
    "Ich hab dort mitbekommen, dass ein Soldat gestorben ist. Ich selber bin der Bitte nachgekommen, darüber nicht zu berichten, solange die Angehörigen darüber nicht informiert sind. Das verstehe ich sehr gut. Und in den Berichten, die man dann macht, schreibt man auch dazu, dass die Angehörigen bereits verständigt wurden."
    Im Fall von Mali gab die Bundeswehr selbst den Tod der beiden Piloten um 22 Uhr bekannt, also gut fünf Stunden nach den ersten Berichten: "Sie waren im Einsatz für die Friedensmission der Vereinten Nationen, als ihr Hubschrauber abstürzte", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz.
    Problem bei internationalen Einsätzen
    Das Problem sei deshalb nicht die Berichterstattung der Medien zuvor, sondern die fehlende Abstimmung in der Pressearbeit zuvor, findet Dlf-Sicherheitsexperte Gerwald Herter: "Franzosen sind da, es sind auch andere Truppen da. Es gibt die Vereinten Nationen, es gibt die Bundeswehr. Ich glaube, die Perspektive, die man hier einnimmt, ist zu national. Wir haben eine internationale Verschachtelung von Zuständigkeiten, auch von Pressearbeit, die sehr schnell ist. Und deswegen funktioniert dieses Prinzip, das die Bundeswehr gerne verfolgt, nicht."
    Am grundsätzlichen, informellen Einverständnis zwischen Bundeswehr und Medien, Informationen zunächst zurückzuhalten, bis Angehörige verständigt sind, ändere der Fall aber nichts.