Obwohl am 9. Oktober in Halle ein rechtsextremistischer Anschlag stattgefunden habe, werde derzeit mehr über eine angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit diskutiert als über die konkrete Gefahr des Rechtsextremismus, kritisiert Johannes Hillje.
Anlass der aktuellen Diskussion um Meinungsfreiheit sei die eine Woche nach dem Anschlag, am 16. Oktober 2019, verhinderte erste Vorlesung des AfD-Mitbegründers und Professors für Makroökonomie Bernd Lucke an der Universität Hamburg gewesen, so der Politik- und Kommunikationsberater.
"Ein rechtspopulistisches Narrativ"
Man dürfe Zweifel haben, ob diese Themensetzung der aktuellen gesellschaftlichen Themenlage gerecht werde. Zudem würden Formulierungen wie "Was man noch sagen darf" (Titel der "Süddeutschen Zeitung" vom 25.10.2019 und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom 03.11.2019) implizieren, dass man bestimmte Dinge nicht mehr sagen dürfe:
"Das ist tatsächlich ein Narrativ, das wir vor allem von Rechtspopulisten immer wieder hören: Der Diskursraum in Deutschland sei eingeschränkt. Ich meine aber, wir erleben jeden Tag das Gegenteil."
Statt über Meinungsfreiheit zu diskutieren, bräuchte es eine Debatte über Diskurskultur. Die Grenzen des Sagbaren seien nach rechts gewandert, meint Hillje.
Daneben müsse auch eine Kritikkultur geübt werden. Denn der Meinungspluralismus sei durch die Digitalisierung größer geworden: Deutlich mehr Menschen könnten ihre Meinungsfreiheit ausleben. Daher komme man mit mehr unterschiedlichen Meinungen in Kontakt. Dies erfordere eine Toleranz gegenüber anderen demokratisch legitimen Meinungen und eine neue Kritikfähigkeit.