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Berichte zur Meinungsfreiheit
Das wird man ja wohl noch titeln dürfen

Der Politikberater Johannes Hillje kritisiert die mediale Debatte über eine angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit. Eigentlich müsse nach dem Anschlag von Halle über die Gefahr des Rechtsextremismus geredet werden, sagte Hillje im Dlf. Er plädiert für eine Debatte über Diskurskultur.

Johannes Hillje im Gespräch mit Brigitte Baetz |
Zeitungstitel zum Thema "Meinungsfreiheit": Die "Süddeutsche Zeitung" vom 25.10.2019, "Die Zeit" vom 30.10.2019, "Der Spiegel" vom 02.11.2019 und die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 03.11.2019
Von "Spiegel" bis "Süddeutsche Zeitung": Viele große deutsche Zeitungen hoben in den vergangenen Wochen das Thema "Meinungsfreiheit" auf ihre Titel (Deutschlandradio / Isabelle Klein)
Obwohl am 9. Oktober in Halle ein rechtsextremistischer Anschlag stattgefunden habe, werde derzeit mehr über eine angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit diskutiert als über die konkrete Gefahr des Rechtsextremismus, kritisiert Johannes Hillje.
Anlass der aktuellen Diskussion um Meinungsfreiheit sei die eine Woche nach dem Anschlag, am 16. Oktober 2019, verhinderte erste Vorlesung des AfD-Mitbegründers und Professors für Makroökonomie Bernd Lucke an der Universität Hamburg gewesen, so der Politik- und Kommunikationsberater.
"Ein rechtspopulistisches Narrativ"
Man dürfe Zweifel haben, ob diese Themensetzung der aktuellen gesellschaftlichen Themenlage gerecht werde. Zudem würden Formulierungen wie "Was man noch sagen darf" (Titel der "Süddeutschen Zeitung" vom 25.10.2019 und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom 03.11.2019) implizieren, dass man bestimmte Dinge nicht mehr sagen dürfe:
"Das ist tatsächlich ein Narrativ, das wir vor allem von Rechtspopulisten immer wieder hören: Der Diskursraum in Deutschland sei eingeschränkt. Ich meine aber, wir erleben jeden Tag das Gegenteil."
Navid Kermani Schriftsteller Datum: 05.02.2018 Navid Kermani *** Navid Kermani writer Date 05 02 2018 Navid Kermani
Navid Kermani: "Das größte Problem ist die Enthemmung der Meinung"
In den aktuellen Debatten hält der Schriftsteller Navid Kermani die Enthemmung der Meinung für das größere Problem als die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Durch die technologische Entwicklung könne heute jeder immer sagen, was er wolle.
Statt über Meinungsfreiheit zu diskutieren, bräuchte es eine Debatte über Diskurskultur. Die Grenzen des Sagbaren seien nach rechts gewandert, meint Hillje.
Daneben müsse auch eine Kritikkultur geübt werden. Denn der Meinungspluralismus sei durch die Digitalisierung größer geworden: Deutlich mehr Menschen könnten ihre Meinungsfreiheit ausleben. Daher komme man mit mehr unterschiedlichen Meinungen in Kontakt. Dies erfordere eine Toleranz gegenüber anderen demokratisch legitimen Meinungen und eine neue Kritikfähigkeit.