Eigentlich wollte Carsten Kühntopp von Sonntag an aus Libyen berichten. In der Stadt Ghadames, an der Grenze zu Algerien, sollte es an um die Zukunft des Landes gehen. Anderthalb Jahre hatten die Vereinten Nationen die Konferenz geplant, doch nun wurde das Treffen abgesagt. Zu gefährlich ist die Lage. In dem seit Jahren andauernden Konflikt waren zuletzt bei Gefechten Dutzende Menschen getötet geworden.
Er könne mit Krisen umgehen, sei aber kein Kriegsreporter, betont Kühntopp. Es sei sehr wichtig, zu wissen, was man sich in dem Beruf des Journalisten zumuten kann, erklärt er im Gespräch mit @mediasres. "Tripolis in diesen Tagen traue ich mir nicht zu."
Berichten über Länder, aber nicht immer aus ihnen
Libyen gehört seit 2016 eigentlich zum Berichtsgebiet des erfahrenen Korrespondenten. Vom ARD-Studio in Kairo aus berichten er und seine Kollegen über Ägypten sowie den gesamten arabischen Raum, von Libyen bis Oman und Syrien bis zum Südsudan. Doch nicht immer berichten sie direkt aus diesen Ländern.
Auch im aktuellen Fall der UN-Konferenz hätte der Radiojournalist nicht von vor Ort seine Beiträge für die Hörerinnen und Hörer in Deutschland abgesetzt. Denn bis zum Schluss hatte er kein Visum erhalten. Sein Eindruck sei, sagt Kühntopp, dass überhaupt zur Zeit nur sehr wenige ausländische Journalisten in Libyen sind. In Zeitungen und Fernsehsendern würden kaum Berichte mit eigenem Material erscheinen. Aber auf welcher Grundlage?
Quellen: Informanten, Agenturen, TV-Sender - und die UN
Die ARD arbeite mit einem freien Journalisten in Libyen zusammen. Wichtig seien zudem internationale Nachrichtenagenturen und das, was Fernsehsender sendeten. Doch hier müsse man "auch schauen, was das für ein Sender ist". Beispielsweise befinde sich al-Arabiya in saudischem Besitz. "Da bekommen sie immer eine journalistische Linie, die stark an die saudischen Interessen angelehnt ist."
Wenn es um Fakten wie die Zahl von Toten und Verletzten gehe, "kann und möchte ich mich nur auf die Vereinten Nationen verlassen", sagt Kühntopp, "weil ich mir sicher sein kann, dass da niemand Propaganda machen möchte."
Grundsätzlich sei Berichterstattung aus Libyen ähnlich problematisch wie die aus Syrien zur Zeit des Bürgerkriegs, räumt der Journalist ein. "Sie wissen nie, ob das, was ihnen da als vermeintliche Informationen verkauft wird, auch Information ist." Entsprechend wähle er seine Sprache aus: "Man schränkt ein, verwendet ein Wort wie 'offenbar' und liefert dazu, von wem die Information kommt."