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Berichterstattung aus Gaza
"Schwieriger wird es auf jeden Fall"

Im Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas geraten auch Journalisten zunehmend in die Schusslinie. In Gaza-Stadt wurde ein Hochhaus zerstört, in dem internationale Medien ihre Büros hatten. Damit könnte es noch schwieriger werden, an unabhängige und verlässliche Informationen zu kommen.

Text: Sören Brinkmann / Benjamin Hammer im Gespräch mit Christoph Sterz |
Eine Rakete schlägt während eines Luftangriffs in ein Hochhaus in Gaza ein.
Luftangriff auf das Medienhochhaus in Gaza-Stadt (dpa/AP/Mahmud Hams)
Die Hamas feuert unzählige Raketen auf Israel ab, die israelische Armee greift Ziele im Gazastreifen an. Unter diesen Bedingungen wird auch die Berichterstattung aus der Region immer schwieriger, weil sich Journalistinnen und Journalisten nicht frei bewegen können und teilweise selbst unter Beschuss geraten.

Wenig Einblick in den Gazastreifen

Zum Symbol dafür wurde nun die Zerstörung eines Hochhauses in Gaza-Stadt, in dem sich die Büros internationaler Medien befanden. Betroffen sind unter anderem die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) und der TV-Senders Al-Dschasira, deren Mitarbeiter rund eine Stunde vor dem Angriff gewarnt wurden.
Infolge der Zerstörung sei die Arbeit noch einmal schwieriger geworden, sagte ARD-Korrespondent Benjamin Hammer: "Auch wir haben sehr profitiert von den Berichten der Nachrichtenagentur AP, wenn wir nicht in den Gazastreifen können, was im Moment der Fall ist."

Untersuchung des Luftangriffs gefordert

Auch die AP-Chefredakteurin Sally Buzbee äußerte sich besorgt über die Auswirkungen auf die Berichterstattung. Außerdem forderte sie inzwischen eine unabhängige Untersuchung des Luftangriffs.
Das israelische Militär hatte den Angriff damit begründet, die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas habe in dem Gebäude ein militärisches Geheimdienstbüro unterhalten und dort Waffen entwickelt. Ein Sprecher des Militärs sagte, Israel stelle für die USA Beweise zusammen.
Ohnehin ist die Berichterstattung aus der Region schwierig. Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit stehen die palästinensischen Gebiete auf Platz 132 von 180 Staaten, Israel steht auf Platz 86. Hammer, der seit knapp fünf Jahren von Tel Aviv aus über Israel und die Palästinensergebiete berichtet, erklärte, dass die Einschränkungen auch die journalistische Arbeit beeinflussen.

Journalistische Arbeit in Tel Aviv

"Zu Recht berichten wir hier aus Tel Aviv über Raketenalarm, über nächtlichen Raketenalarm, aber das bedeutet natürlich auch, und darüber muss man reflektieren, dass relativ viele Korrespondenten und Korrespondentinnen im Moment darüber berichten, auch über ihre persönlichen Gefühle, aber schlicht nicht aus dem Gazastreifen, weil sie dort nicht sind."
Als Korrespondent im Nahostkonflikt - Berichterstattung unter Beschuss
Eben noch Berichterstatter aus dem Land der glücklichen Geimpften, jetzt Kriegsreporter: So hat sich die Lage geändert für Korrespondentinnen und Korrespondenten, die in Israel und den palästinensischen Gebieten arbeiten.
Vor diesem Hintergrund verwies Korrespondent Benjamin Hammer auf die Bedeutung von Ortskräften, die Informationen zuliefern: "Da ist Vertrauen sehr wichtig – Vertrauen, das sich über jahrelange Zusammenarbeit aufgebaut hat."

Schwieriges Verhältnis zum Militär

Gegenüber dem israelischen Militär hingegen hat sich das Verhältnis der internationalen Presse zuletzt verschlechtert, so Hammer. Es gebe den Verdacht, dass die Medien für militärische Ziel ausgenutzt worden seien:
"Da wurde suggeriert, es gebe eine Bodeninvasion, das wurde international breit gemeldet. Und israelische Medien berichten: das war so beabsichtigt von der israelischen Armee, um zu erreichen, dass sich Hamas-Kämpfer in ein Tunnel-System begeben, um sie dann dort zu töten. Israel weist diesen Vorwurf zurück."