In Angola herrscht die schlimmste Dürre seit 40 Jahren, und der Welt ist es nur eine Randnotiz wert. So das Urteil der Hilfsorganisation Care in ihrem Bericht "Breaking the Silence 2022".
Bericht: Krisen in Afrika unterbelichtet
Bereits zum siebten Mal veröffentlicht die Hilfsorganisation ihre Analyse zu vergessenen humanitären Krisen. Dazu hat sie im Zeitraum vom 1. Januar bis 10. Oktober 2022 über 5,8 Millionen Online-Artikel in fünf Sprachen, darunter Deutsch, gesichtet. Relevant waren Texte zu Ländern, in denen mindestens eine Million Menschen von Konflikten oder Naturkatastrophen betroffen sind. Ein Trend, der sich zeigt: Besonders Krisen in Afrika scheinen unterberichtet zu sein.
In den Top Ten der vergessenen Krisen 2022 befinden sich ausschließlich Länder des afrikanischen Kontinents. In "Zeiten multipler globaler Krisen" sei es besonders schwer, auf diese Themen aufmerksam zu machen, heißt es im Bericht.
Interesse bei Gesellschaft und Medienhäuser sinkt
Bettina Rühl, freie Journalistin in Nairobi, betont im Deutschlandfunk: "Der globale Norden ist mit sich selbst beschäftigt." Energiekrise, Klimawandel sowie Krieg in Europa setzen den Fokus auf Themen, die von besonderer Relevanz sind für Deutschland und sein direktes Umfeld. Das Interesse an anderen globalen Konflikten sinkt.
Rühl beobachtet zusätzlich fehlendes Interesse bei Medienhäusern. Korrespondentennetze seien ihrer Erfahrung nach oft nicht dicht genug, hinzu kämen Sparzwänge und immer teurere Recherche-Reisen: "Man kommt immer schwieriger in diese Krisenländer rein, um dann von dort aus zu berichten." Visa und Akkreditierungen würden immer mehr kosten und dadurch unbezahlbar, vor allem für freie Journalistinnen.
Rühl wünscht sich eine breitere finanzielle Unterstützung von kritischen Auslandsjournalismus. Denn: Wenn hintergründige Berichterstattung fehle, könne die Gesellschaft nicht mehr gut über politische Entscheidungen - wie Auslandseinsätze der Bundeswehr - urteilen.
Afrika ist mehr als seine Krisen
Das Center for African Studies an der Stanford Universität kam 2019 zu dem Schluss, dass der afrikanische Kontinent mit seinen 54 unabhängigen Staaten oft als eine homogene Masse dargestellt werde. Insgesamt werde von westlichen Medien zu wenig und zu negativ berichtet.
Das führe beim Endverbraucher zu einem verfälschten Afrika-Bild, meint Rühl. Lösungen würden ihrer Meinung nach in den Medien oft hinten runterfallen. Nachrichten seien oft ein Ort für Krisen und Katastrophen. Gleichzeitig gebe es auch viele Reportagen und Dokumentationen mit konstruktiven Lösungsansätzen, die vom Publikum allerdings weniger wahrgenommen würden.
"Es kommen sehr viele Lösungen von diesem Kontinent", sagt Bettina Rühl. Für die Reihe "Lessons from Africa" schreibt Rühl als eine von drei Reporterinnen für das Journalismus-Portal "Riffreporter" über Ideen aus Afrika. Hier zum Beispiel über eine App, die Landwirten in Afrika helfen soll.