Im Regionalfernsehen des rbb war am vergangenen Wochenende geradezu symptomatisch zu beobachten, wie die Klimaberichterstattung zwischen extremen Polen hin und her pendelt.
Während zunächst noch über Sommer, Sonne, Spaß und volle Freibäder berichtet wurde, zeigte die nächste Schalte zum Reporter die negativen Folgen des Klimawandels: Mehrere Waldbrände in Brandenburg.
Interessant dabei: In keinem der Beiträge wurde auf den Aspekt der Klimawandels als möglichem Auslöser für die hohen Temperaturen eingegangen. Das jeweilige Ereignis selbst stand im Mittelpunkt.
Ein durchaus typischer Fall, sagt Sara Schurmann. Sie ist freie Journalistin mit Schwerpunkt Klimaberichterstattung und hatte bereits im Herbst 2020 einen offenen Brief an deutsche Medien geschrieben, endlich die Klimakrise ernst zu nehmen, 50 Medienschaffende schlossen sich dem Brief an.
Zusammenhänge besser aufzeigen
Schurmann meint, dass es trotz einiger Verbesserungen in der Berichterstattung immer noch zu häufig um punktuelle Ereignisse gehe: "Wir sind halt journalistisch immer hinterher, aber wir zeigen nur, was gerade passiert, anstatt diese strukturelle Krise, dieses Querschnittsthema, diese Dimension Klimakrise, die wir überall drin haben, halt auch überall sichtbar zu machen. Auch in Meldungen darüber, dass es jetzt nach der Corona-Krise wieder Wirtschaftswachstum gab. Also da muss eigentlich der zweite Absatz folgen, der einordnet, was bedeutet das eigentlich für unsere Klimaziele, das bedeutet, dass wir sie nicht einhalten können, weil es bedeutet, dass es mehr Emissionen gibt."
Mit anderen Worten: Obwohl die Zusammenhänge da sind, und auch aufzeigbar wären, wird in den Medien zu wenig darauf eingegangen.
In zu vielen Redaktionen mangelt es meist noch an Redakteuren und Redakteurinnen, die das Thema Klimawandel kontinuierlich auf dem Schirm haben, meint Geesa Steeger, Reporterin in der Klimaredaktion des Netzwerks Collektiv:
"Das ändert sich aber glaube ich auch in vielen Redaktionen, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf lokaler Ebene. Ein Beispiel ist die SHZ aus Schleswig-Holstein, die haben einen großen Klimaschwerpunkt eingerichtet, und schauen eben auch wirklich, wie diese globale Krise sich lokal auswirkt."
Keine kontinuierliche Berichterstattung
Hauptproblem bleibt aber die mangelnde Kontinuität, bestätigt Professor Michael Brüggemann. Er forscht an der Uni Hamburg zu Klima- und Wissenschaftsberichterstattung. Brüggemann hat über fünf Jahre einen Online-Media-Monitor erstellt, wie oft in deutschen Online-Texten das Wort Klimawandel erwähnt wird. Ergebnis: Die entsprechenden Berichte liegen im einstelligen Prozentbereich.
"Da haben wir die BILD- Zeitung unter ein Prozent der Artikel, die Qualitätspresse durchgehend auch unter drei Prozent. Es geht nur um Artikel, wo das Wort auch nur erwähnt wird, es geht nicht mal um Artikel, wo das im Zentrum steht, das ist dann noch viel weniger. So gering ist die kontinuierliche Aufmerksamkeit der Medien in Deutschland für das Thema. Das muss nicht so sein, vielleicht überraschend für manche: In den USA ist zum Beispiel die Aufmerksamkeit deutlich höher.
Weil die Berichterstattung so wenig konstant sei, hätten sich mancherlei Irrtümer in das öffentliche Bewusstsein eingeschlichen, etwa, dass Indien einen deutlich höheren Pro-Kopf- Ausstoß an CO2 habe, als Deutschland. Klimaberichterstattung ist immer noch in erster Linie Eventberichterstattung."
Weil die Berichterstattung so wenig konstant sei, hätten sich mancherlei Irrtümer in das öffentliche Bewusstsein eingeschlichen, etwa, dass Indien einen deutlich höheren Pro-Kopf- Ausstoß an CO2 habe, als Deutschland. Klimaberichterstattung ist immer noch in erster Linie Eventberichterstattung."
Negative Folgen der Hitze darstellen
Laut einer Studie der University of Colorado, die sich Qualitätsmedien in Industrieländern angeschaut hat, gab es in den Jahren 2007 - 2010 einen Höhepunkt der Klimaberichterstattung, rund um den Klimagipfel in Kopenhagen. Einen weiteren gab es noch einmal 2019, ein Jahr vor der Pandemie. Das Thema müsse jedoch permanent behandelt werden, sagt Sara Schurmann – und auch hier spiele die Auswahl der Bebilderung eine Rolle. Sie meint, dass nicht jedes Foto badender Menschen gleich zu kritisieren sei:
"Aber es geht nachher um einen Mix, es geht darum, dass Hitzewellen zum Teil auch die Vernichtung von Ernten in Deutschland zum Teil bedeuten, das geht auch darum, dass ältere Menschen, aber auch jüngere darunter leiden, und auch gesundheitlich aufpassen müssen, usw. usf. und all das muss sich auch in der Bebilderung wiederspiegeln und da sollten wir nicht so dem ersten Impuls unterliegen, und das Badebild nehmen, weil das das ist, was uns einfällt."
Nachrichtenmedien können Hitzewellen visuell durchaus anders darstellen. Die niederländische Zeitung „Algemeen Dagblad“ produzierte beispielsweise eine Foto-Serie, die die Realität des Lebens in extremer Hitze erklärt. Die Redaktion zeigte eine junge Familie, die an einem sonnigen Tag nicht für ein Eis Schlange steht, sondern zu Hause vor einem Ventilator - die Familie sah nicht sonderlich glücklich dabei aus.