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Berichterstattung über Israel
"Kritik ja, aber mit denselben Standards"

In den Medien spielen die israelische Politik und der Nahost-Konflikt regelmäßig eine zentrale Rolle. Dabei werde in der Berichterstattung immer wieder auf Bilder von Gewalt gesetzt, sagte die Journalistin und Medienwissenschaftlerin Gisela Dachs im Dlf. Ihr fehle oft die Ausgewogenheit.

Gisela Dachs im Gespräch mit Michael Borgers |
In einer Staubwolke sind die Umrisse eines Panzers und eines Soldaten zu sehen. Darüber weht die israelische Flagge.
Bilder von Gewalt prägen die Berichterstattung über den Nahostkonflikt. (dpa/ EPA/Atef Safadi)
Kaum ein weltpolitisches Thema wird derart kontrovers debattiert, wie der Nahost-Konflikt – vor allem in den Medien. Auf manche Berichterstattung gibt es heftige Reaktionen.
Die Korrespondenten müssten sich öfter einmischen in die Gesamtdarstellung zum Thema, meint die Journalistin Gisela Dachs. Sie berichtet seit 25 Jahren aus Israel, u.a. für die Wochenzeitung "Die Zeit". Außerdem unterrichtet sie als Medienwissenschaftlerin an der Universität Tel Aviv.
Im Deutschlandfunk sagte Dachs, sie habe bei ihrer eigenen beruflichen Tätigkeit festgestellt, dass Überschriften und Fotos in den Heimatredaktionen nach einem typischen Schema ausgewählt würden: "Das sind immer wieder die ganz spezifischen Bilder – entweder von Gewalt oder dann von dem ganz sichtbaren Israeli, in dem Sinn auch ein ganz sichtbarer Jude."
Kritik an der Berichterstattung
Gisela Dachs betonte, dass Kritik an der israelischen Politik Teil der journalistischen Aufgabe sei, "doch mit derselben Herangehensweise sollte man auch die Feinde Israels kritisieren".
In der "Jüdischen Allgemeinen" hatte die ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel kritisiert, dass in der Tagesschau zu einseitig berichtet worden sei. In der Nachrichtensendung hieß es: "Nach schweren Angriffen der israelischen Armee auf den Gaza-Streifen hat sich die Lage heute im Laufe des Tages beruhigt."
Israels Raketen seien jedoch kein Angriff, sondern eine Reaktion auf Raketen aus Gaza gewesen, schrieb Kiewel in einem Kommentar.
Tagesschau-Chef Kai Gniffke wies die Kritik zurück und betonte, dass der Kontext der Ereignisse richtig dargestellt worden sei.
Selbstverständlich habe die Tagesschau darauf hingewiesen, dass die israelischen Angriffe auf den Gaza-Streifen eine Reaktion auf den Beschuss eines Gebäudes in Israel durch die Hamas einen Tag zuvor darstellten.
Israel als Aggressor in den Medien
Doch grundsätzliche Kritik an der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt äußerte auch der ehemalige Grünen-Politiker Volker Beck. In einigen Medien, so Beck im Podcast "Die Medien-Woche", werde Israel immer als Aggressor dargestellt.
In Deutschland habe das Tradition. In den vergangenen 50 Jahren sei es im Nahost-Konflikt immer so gewesen: Israelis seien als die Starken, Palästinenser als die Schwachen dargestellt worden.
Einen Grund für dieses Ungleichgewicht in der Berichterstattung sieht Gisela Dachs darin, dass in der Regel erst richtig hingeschaut werde, wenn Israel reagiert. Die Ursachen dieser Reaktion würden dann weiter unten im Text erst dargestellt: "Dann muss man in den Zeilen suchen und erst im dritten Absatz steht dann da, dass zuvor ein Anschlag stattgefunden hat."