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Berichterstattung über Sportlerinnen
Der männliche Blick auf Frauen

Die Zeiten, in denen bestimmte Sportarten den Männern vorbehalten waren, sind in den meisten Disziplinen vorbei. Doch gerade bei Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zeigt sich, dass Sportler oft deutlich mehr beachtet werden als Sportlerinnen – und über Frauen anders gesprochen wird.

Text: Sören Brinkmann / Alina Schwermer im Gespräch mit Isabelle Klein |
Tennisspielerin Ashleigh Barty auf dem Platz der Olympischen Spiele in Tokio
In Einzelsportarten würden Frauen stärker beachtet als im Team, sagt die Journalistin Alina Schwermer (imago/ Mike Egerton)
Auch wenn bei den Olympischen Spielen in Tokio keine Zuschauer zugelassen sind und der Jubel aus den Lautsprecherboxen kommt – die Sportlerinnen und Sportler hoffen sicher auf einen großen Auftritt. Doch die mediale Aufmerksamkeit ist unterschiedlich verteilt zwischen Männern und Frauen.
"Der DOSB benennt es mit zehn Prozent der Berichterstattung, die über Frauen im Sport geht", sagte die Journalistin Alina Schwermer, die außerdem beklagt, dass es nicht nur beim Umfang der Berichterstattung, sondern auch in der Art und Weise einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt:
"Dann gucke ich mir an: In welchem Ton berichten wir eigentlich, welche Bilder benutzen wir. Zum Beispiel ist es ja total auffällig – und das haben auch viele Studien bestätigt –, dass Frauen immer noch sehr viel passiver dargestellt werden, wenn sie auf Kameraaufnahmen zu sehen sind oder auf Fotos."

Verantwortung der Sportverbände

Doch nicht nur bezogen auf die mediale Aufmerksamkeit seien Frauen benachteiligt, so Schwermer im Deutschlandfunk: "Das sieht man daran, dass Frauen immer noch wesentlich schlechter bezahlt werden."
Axel Kromer, Sportvorstand des DHB Deutscher Handballbund, spricht während eines Medientermins im Vorfeld der Handballweltmeisterschaft der Frauen.
Olympische Spiele in Tokio - "Die Restriktionen in Japan sind immens scharf"
Die Vorfreude auf die Spiele in Tokio sind trotz der Corona-Einschränkungen bei den deutschen Handball-Herren riesig, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer im Dlf.
Alina Schwermer, die unter anderem als Sportjournalistin für die "taz" arbeitet, spricht nicht nur die Verantwortung der Medien an, sondern vor allem die der großen Sportverbände. Zu einen seien Frauen in den Führungspositionen der Verbände viel weniger vertreten. Zum anderen seien es diese Verbände gewesen, "die ewig lange Frauen nicht erlaubt haben, gleich am Sport zu partizipieren".

Sexismus bei der Sportkleidung

Erstmals in der olympischen Geschichte werden in Tokio alle olympischen Sportarten eine männliche und weibliche Kategorie haben. Von den rund 11.000 Athletinnen und Athleten, die an den Start gehen werden, sind etwa 49 Prozent Frauen – so viele wie noch nie.
Auch in der Berichterstattung sei ein neues Bewusstsein für das Thema Sexismus entstanden – dazu habe sicherlich die #MeToo-Bewegung sowie die Missbrauchsdebatte im Sport beigetragen.
Turnerin Kim Bui beim Bodenturnen
Kim Bui und die anderen deutschen Turnerinnen treten bei den Olympischen Spielen in langen Anzügen an (imago/ Oryk HAIST)
Im Fokus steht vor allem die teilweise vorgeschriebene Sportbekleidung von Frauen. Die norwegischen Beachhandballerinnen wurden kürzlich bestraft, weil sie bei der Europameisterschaft Shorts statt der vorgeschriebenen Bikinihosen trugen. Die deutschen Turnerinnen haben sich dazu entschlossen, bei den Olympischen Spielen lange Anzüge zu tragen.