"Vorsicht, hier ist eine Stufe. Jetzt sind wir quasi im Kernstück des Kinos, also dem Vorführraum. Hier sehen Sie quasi hundert Jahre Vorführtechnik in einem Raum. Links der alte Projektor, von Baujahr 1936, ja und dann der Digitalprojektor."
André Jansen, Betreiber des Berli Theaters, führt durch den Vorführraum seines Kinos. Der alte Ernemannprojektor fristet sein Leben erst seit kurzer Zeit als Museumsstück. Noch vor wenigen Jahren tönte sein markantes Rattern durch den Raum. Bewegte Bilder flimmern schon seit mehr als 70 Jahren über die Leinwand des Berli-Theaters. Wie schafft es das kleine Kino mit nur einem Saal hier zu überleben? Wer das Kino betritt, fühlt sich sofort in eine andere Zeit versetzt. Von der Kassenhalle bis zum Leinwandvorhang grüßt der Stil der 50er Jahre.
Ein Original der 50er-Jahre
"Hier ist, glaube ich, 30 Jahre gar nichts gemacht worden, also weder Technik modernisiert noch irgendwie mal neu gestrichen worden. Das zahlt sich jetzt in irgendeiner gewissen Art und Weise auch wieder aus, weil wir halt jetzt mittlerweile eines der wenigen verbliebenen Kinos sind, die wirklich noch die Originalwandbespannung, die Originallampen und die Originaltapete von 1958 haben."
In der ehemaligen Kassenhalle leuchten schnörkellose Sessel in rot, gelb und blau. Im Foyer ist der Ton dunkler: warme Holztüren, eine nachtblaue Tapete mit weißen Tierfiguren, dazu goldene Wandleuchten mit langem Stiel verbreiten eine behagliche Atmosphäre. Auch im Saal hat sich über viele Jahre wenig verändert. Die Kinosessel sind allerdings neu. Ein Foto im Foyer zeigt noch die alten Holzsitze, deren Komfort die Besucher irgendwann nicht mehr überzeugte:
"Wenn der Film ein bisschen länger war, dann sind die Leute auch oft abgehauen, weil sie halt keine Lust hatten auf den Holzsitzen den Film zu verbringen. Und so haben wir dann quasi unsere Stammkunden darauf aufmerksam gemacht, dass wir bald hier renovieren und dass die Möglichkeit besteht die Stühle mitzunehmen. Also dann kamen auch ganz viele. Die haben alle ihren Ratschenkasten mitgebracht und dann wurden die ganzen Stuhlreihen ausgebaut und die konnten die dann mitnehmen."
Familienbetrieb in 4. Generation
Das Berrenrather Lichtspieltheater, wie das Berli-Theater eigentlich heißt, ist ein Familienbetrieb. Für André Jansens Großvater war das Kino lange Zeit ein Hobby. Vorstellungen gab es nur am Wochenende. Heute ist das Berli-Theater ein professioneller Betrieb. André Jansen führt diesen mittlerweile in 4. Generation. Er ist gewissermaßen im Kino groß geworden. Viele Filmklassiker verbindet er mit persönlichen Erinnerungen.
"Dirty Dancing. Da sind die Leute vorne rein gekommen, haben sich den Film angeguckt, mussten dann durch die Notausgänge an der Seite des Saals rausgelassen werden, weil hier vorne halt in der Kassenhalle und im Foyer alles voll stand. Sind dann einmal um das Gebäude gelaufen und haben sich dann vorne wieder angestellt, um den Film noch ein zweites Mal zu sehen."
Nachmittags vor der ersten Vorstellung genießen Gäste Fassbrause und Eiskaffee in der alten Kassenhalle. Auch diese wurde schonend renoviert und zu einem Café mit Weinstube erweitert. Sogar ein eigenes Bier schenkt das Berli-Theater aus. Der Umbau wurde durch die großen Veränderungen der Kinolandschaft in den vergangenen Jahren notwendig. In den 90er Jahren eröffnete das erste große Multiplex-Kino - ausgerechnet in Hürth. Allerdings mit überraschenden Folgen für das Berli Theater.
"Im Nachhinein muss man sagen, dass die Multiplexkinos das auch Anfang der 90er geschafft haben, wieder mehr Leute für das Kino und für Film zu interessieren. Und das hat man dann auch ein paar Jahre später auch hier wieder im Berli gemerkt, Mitte der 90er dass wieder mehr Jugend hier ins Kino kam und der Saal auch gut gefüllt war."
Das Kino als Kulturort
Die Vorführtechnik ist heute digital, auch die Soundanlage ist auf dem neuesten Stand. Im Kino gibt es WLAN, damit Menschen mit beeinträchtigtem Hören oder Sehen eine App mit Untertiteln und Audiodeskription nutzen können. Sogar ein Onlinekino gibt es. Filme, die nicht lange genug im Berli-Theater laufen, können Gäste als Video-on-Demand zu Hause sehen. Für André Jansen war es nie eine Frage sich weiterzuentwickeln.
"Veränderungen sollte man sich auch nicht verschließen. Das ist halt auch das Schwierige, ja was einen immer beschäftigt hat mit den ganzen Veränderungen, die hier stattgefunden hat. Das Kino eigentlich in seiner Präsenz so erscheinen zu lassen als wäre man hier in den 50er Jahren, aber im Hintergrund die Technik und auch der Service modern ist, individuell ist."
Und so hat sich das Berli-Theater zu einem Kulturort in Hürth entwickelt. Neben dem Programm aus Arthouse und Blockbuster-Filmen, gibt es zahlreiche Sonderveranstaltungen - von Konzerten über Kabarett bis hin zu Benefizveranstaltungen. Dafür arbeitet André Jansen mit lokalen Vereinen zusammen - vom Jazzclub bis zum Hospiz-Verein. Doch eines bleibt für ihn selbstverständlich:
"Mir ist natürlich wichtig, dass der Film hier immer noch im Mittelpunkt steht."