Susanne Schneider dachte, sie sei sehr früh dran, als sie sich um einen Kitaplatz für ihren Sohn kümmerte. Direkt sechs Wochen nach der Geburt:
"Also mir wurde schon vorher gesagt, es würde mit der Kitaplatzsuche nicht einfach werden, aber eigentlich ist der Ablauf jetzt: Schwanger sein, Kita informieren, dann dem Partner erzählen, weil man quasi gar keinen Vorlauf hat."
Gut ein Jahr und Hunderte Telefonate, Mails und persönliche Vorsprechen bei Kitas, Tagesmüttern und beim Jugendamt später, hat ihr Sohn Bruno noch immer keinen Platz.
"Ja, man steht entweder auf der Warteliste oder bekommt gesagt, die Listen sind für 2018/19 komplett geschlossen."
"Also mir wurde schon vorher gesagt, es würde mit der Kitaplatzsuche nicht einfach werden, aber eigentlich ist der Ablauf jetzt: Schwanger sein, Kita informieren, dann dem Partner erzählen, weil man quasi gar keinen Vorlauf hat."
Gut ein Jahr und Hunderte Telefonate, Mails und persönliche Vorsprechen bei Kitas, Tagesmüttern und beim Jugendamt später, hat ihr Sohn Bruno noch immer keinen Platz.
"Ja, man steht entweder auf der Warteliste oder bekommt gesagt, die Listen sind für 2018/19 komplett geschlossen."
In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es keine Plätze
Susanne Schneider, die eigentlich anders heißt, sitzt etwas abgehetzt vor einem Café in Mitte und nippt an ihrem Latte Macchiato. Sie hat nur ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch nach Feierabend. In der Nähe arbeitet sie halbtags als Kulturmanagerin. Gleich muss sie auch schon weiter, ihren Sohn abholen.
"Es geht auch um mein Kind, das gerne auch mal Kontakt zu Gleichaltrigen hätte. Dass ihm die Chance genommen wird, macht mich wütend, und auch, dass es bisher so wenig Aufschrei dagegen gab, wie sie Situation hier ist in Berlin."
Schneider hat noch während ihrer Elternzeit eine der eher raren Stellen im Kulturbereich gefunden. Über das Thema Kinderbetreuung hatte sie sich zunächst keine Gedanken gemacht. Schließlich haben Eltern seit 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, wenn ihr Kind mindestens ein Jahr alt ist. Hilft allerdings derzeit wenig, wenn es wie in Schneiders Wohnbezirk Friedrichshain-Kreuzberg keine Plätze gibt. Sie hat sich entschieden, ihren Anspruch einzuklagen.
"Weil ich es exemplarisch finde, dass so viele Menschen keinen Platz finden, obwohl sie arbeiten gehen möchten. Ich habe mich zeitweilig so geärgert, weil ich mich so zurückgesetzt gefühlt habe wie 1950. Und dann diese politischen Floskeln: Wir helfen Frauen gleichberechtigter zu sein und wir helfen ihnen von Teilzeit in Vollzeit zurück zu gehen. Wenn es praktikabel noch nicht mal funktioniert, wenn die Frau in Teilzeit zurückkehrt – wie soll das denn weiter funktionieren?"
Die 29-Jährige gehört zu den ersten, die in Berlin einen Kitaplatz einklagen. Ihre Anwältin Loreena Melchert hat festgestellt, dass immer mehr Eltern zumindest erwägen, vor Gericht zu ziehen. Bundesweit.
"Es hat wirklich lange gedauert, jetzt kommt so ein bisschen Fahrt rein. Und ich hab so gedacht: Wow, fast zu spät, mein ganzer Eifer - ich hab wirklich lange gebrannt für das Thema - ist fast verpufft. Jetzt kommt es hoch. Eine Klagewelle haben wir noch nicht, aber dass was in Gang kommt – ja!"
"Es geht auch um mein Kind, das gerne auch mal Kontakt zu Gleichaltrigen hätte. Dass ihm die Chance genommen wird, macht mich wütend, und auch, dass es bisher so wenig Aufschrei dagegen gab, wie sie Situation hier ist in Berlin."
Schneider hat noch während ihrer Elternzeit eine der eher raren Stellen im Kulturbereich gefunden. Über das Thema Kinderbetreuung hatte sie sich zunächst keine Gedanken gemacht. Schließlich haben Eltern seit 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, wenn ihr Kind mindestens ein Jahr alt ist. Hilft allerdings derzeit wenig, wenn es wie in Schneiders Wohnbezirk Friedrichshain-Kreuzberg keine Plätze gibt. Sie hat sich entschieden, ihren Anspruch einzuklagen.
"Weil ich es exemplarisch finde, dass so viele Menschen keinen Platz finden, obwohl sie arbeiten gehen möchten. Ich habe mich zeitweilig so geärgert, weil ich mich so zurückgesetzt gefühlt habe wie 1950. Und dann diese politischen Floskeln: Wir helfen Frauen gleichberechtigter zu sein und wir helfen ihnen von Teilzeit in Vollzeit zurück zu gehen. Wenn es praktikabel noch nicht mal funktioniert, wenn die Frau in Teilzeit zurückkehrt – wie soll das denn weiter funktionieren?"
Die 29-Jährige gehört zu den ersten, die in Berlin einen Kitaplatz einklagen. Ihre Anwältin Loreena Melchert hat festgestellt, dass immer mehr Eltern zumindest erwägen, vor Gericht zu ziehen. Bundesweit.
"Es hat wirklich lange gedauert, jetzt kommt so ein bisschen Fahrt rein. Und ich hab so gedacht: Wow, fast zu spät, mein ganzer Eifer - ich hab wirklich lange gebrannt für das Thema - ist fast verpufft. Jetzt kommt es hoch. Eine Klagewelle haben wir noch nicht, aber dass was in Gang kommt – ja!"
Berlin kommt mit dem Kita-Ausbau nicht mehr hinterher
Was auch daran liegt, dass sich die Rechtsprechung verändert hat, sagt Melchert. Bis vor kurzem haben die Gerichte den Eltern – wenn überhaupt – Ersatzansprüche zugebilligt: Sie konnten zum Beispiel ihren Verdienstausfall geltend machen oder die Mehraufwendung die ihnen entstanden ist, wenn sie ihre Kinderbetreuung selbst organisiert haben.
"Jetzt hat sich etwas geändert, jetzt sprechen die Gerichte zu und sagen doch, der Anspruch steht nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt. Das heißt, das Land oder die Stadt kann auch darauf verklagt werden, neue Plätze zu schaffen, und das ist neu. Diese Urteile gibt es erst seit ein paar Monaten, bestätigt durch die Oberverwaltungsgerichte. Und deswegen kommt auch etwas in Gang."
Das Land Berlin sah sich im Dezember genötigt, eine Erklärung abzugeben, dass der Senat ein Interesse habe, den Rechtsanspruch umzusetzen. Die Betreuungsquote liegt hier mit rund 45 Prozent zwar über dem Bundes-Durchschnitt. Allerdings ist die Betreuungslücke laut einer neuen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft mit 13 Prozent besonders hoch. Berlin kommt mit dem Kita-Ausbau der Nachfrage einfach nicht mehr hinterher, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres.
"Es ist wirklich ein Rennen auch mit der Zeit, was den Zuwachs von Familien auch den Zuzug von jungen Familien angeht – aber auch die steigende, schöne Geburtenrate in Berlin."
"Jetzt hat sich etwas geändert, jetzt sprechen die Gerichte zu und sagen doch, der Anspruch steht nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt. Das heißt, das Land oder die Stadt kann auch darauf verklagt werden, neue Plätze zu schaffen, und das ist neu. Diese Urteile gibt es erst seit ein paar Monaten, bestätigt durch die Oberverwaltungsgerichte. Und deswegen kommt auch etwas in Gang."
Das Land Berlin sah sich im Dezember genötigt, eine Erklärung abzugeben, dass der Senat ein Interesse habe, den Rechtsanspruch umzusetzen. Die Betreuungsquote liegt hier mit rund 45 Prozent zwar über dem Bundes-Durchschnitt. Allerdings ist die Betreuungslücke laut einer neuen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft mit 13 Prozent besonders hoch. Berlin kommt mit dem Kita-Ausbau der Nachfrage einfach nicht mehr hinterher, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres.
"Es ist wirklich ein Rennen auch mit der Zeit, was den Zuwachs von Familien auch den Zuzug von jungen Familien angeht – aber auch die steigende, schöne Geburtenrate in Berlin."
Erzieherinnen und Gebäude sind Mangelware
Es fehlt in Berlin derzeit an allem: Ausgebildete Erziehrinnen sind auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr zu finden – und auch Gebäude sind Mangelware. Scheeres hat deshalb vor vier Wochen ein Schnellbauprogramm gestartet. 16 Modul-Kitas aus Fertigteilen.
"Wir haben sehr positive Erfahrungen aus dem Schulbereich, dass es über diesen Weg gelingen kann, schneller Plätze zu schaffen. Jetzt sind wir über dieses Modul selber Bauherr und werden mit den Trägern Nutzungsverträge vereinbaren. Es ist wirklich neu, dass wir selbst Bauherr sind und die Kitas bleiben dann auch im Eigentum des Landes Berlin."
Die gut 1.500 Plätze, die so entstehen, dürften den Mangel wohl kaum lindern. Susanne Schneider konnte jedenfalls nicht warten, bis sie für Ihren Sohn Bruno eventuell einen Platz per Urteilsspruch bekommt. Sie hat einstweilen ihre Eltern eingespannt. Die Pensionäre sind kurz entschlossen von Hamburg nach Berlin gezogen, um ihren Enkel zu betreuen.
"Meine Eltern passen jetzt täglich auf ihn auf, holen ihn ab, kümmern sich um ihn, bis ich nach Hause komme. Das sind alles so Sachen, die hat vielleicht nicht jede Mutter gerade, und es kann nicht sein, dass es an solchen Punkten scheitert, dass sie nicht arbeiten gehen kann."
"Wir haben sehr positive Erfahrungen aus dem Schulbereich, dass es über diesen Weg gelingen kann, schneller Plätze zu schaffen. Jetzt sind wir über dieses Modul selber Bauherr und werden mit den Trägern Nutzungsverträge vereinbaren. Es ist wirklich neu, dass wir selbst Bauherr sind und die Kitas bleiben dann auch im Eigentum des Landes Berlin."
Die gut 1.500 Plätze, die so entstehen, dürften den Mangel wohl kaum lindern. Susanne Schneider konnte jedenfalls nicht warten, bis sie für Ihren Sohn Bruno eventuell einen Platz per Urteilsspruch bekommt. Sie hat einstweilen ihre Eltern eingespannt. Die Pensionäre sind kurz entschlossen von Hamburg nach Berlin gezogen, um ihren Enkel zu betreuen.
"Meine Eltern passen jetzt täglich auf ihn auf, holen ihn ab, kümmern sich um ihn, bis ich nach Hause komme. Das sind alles so Sachen, die hat vielleicht nicht jede Mutter gerade, und es kann nicht sein, dass es an solchen Punkten scheitert, dass sie nicht arbeiten gehen kann."