Eigentlich begann alles mit einer guten Nachricht. Der Förderverein Berliner Schloss lud zu einer Pressekonferenz, in der freudig verkündet wurde, dass es nun dank großzügiger Spenden möglich sei, auch die historische Kuppel auf dem Gebäude wieder zu errichten – samt Laterne und vergoldetem Kreuz.
– Moment, Kreuz? Auf dem Humboldtforum?
Die "Stiftung Zukunft Berlin" war die erste, die daran Kritik äußerte. "Warum befindet sich da ein Kreuz? Da sind die Muslime genauso vertreten wie Buddhisten und Shiuntuisten und was weiß ich noch alles, und das Kreuz setzt ein Zeichen, das zumindest, vorsichtig ausgedrückt, erklärungsbedürftig ist, für internationale Besucher dieses Museum und dieses Kulturzentrums", betont Herbert Wiesner, Gründer des Literaturhauses und Mitglied in der Stiftung Zukunft Berlin, einem Verein Berliner Kulturbürger, die auch das Humboldtforum unterstützen.
Ein Kreuz mache auch bauhistorisch wenig Sinn. Denn das ursprüngliche Barockschloss von Schlüter und Eosander, das der Bundestag im Sinn hatte, als er 2002 eine Teilrekonstruktion beschloss, hatte noch keine Kuppel. Die war erst eine spätere Zutat durch Friedrich Wilhelm IV., erbaut 1854 nach der Niederschlagung der Märzrevolution. Das Schloss bekam eine Kapelle mit Kuppel, darauf das Kreuz, sichtbares Symbol für den preußischen Souverän und sein Gottesgnadentum. Die Kapelle aber wird im Humboldtforum nicht rekonstruiert, stattdessen werden im Innenraum der Kuppel buddhistische Höhlenmalereien zu sehen sein.
Warnung vor der "Bilderstürmerei"
Herbert Wiesner: "Wir werden da ein großes Museum haben, in dem man sich wirklich mit den Auseinandersetzungen über das religiöse Denken und über die Ethiken dieser Welt beschäftigt, in denen auch wirklich Dinge aufeinanderprallen. Und wir können nicht einfach ein Kreuz darüber setzen und sagen: Friede mit allen, das ist unser Abendland und ihr andern müsst euch dem beugen."
In der Folge entspann sich eine heftige kultur- und deutungspolitische Debatte um das Kreuz, die erstaunlich ist in einer Stadt, die zu Zweidritteln als Konfessionslosen besteht. Oder gerade deshalb. Man wolle kein Kreuz auf dem Humboldtforum, sagte Kultursenator Klaus Lederer von der Linkspartei, und er spreche für den ganzen rot-rot-grünen Senat. Die Einladung an andere Kulturen bedeute nicht, dass man die eigenen christlichen Wurzeln verschleiern müsse, konterte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Und der Theologe und Ex-DDR-Oppositionelle Richard Schröder schrieb, das Kreuz gehöre zum Schloss wie der preußische Adler und die Borussia. Es sei absurd, nun mit politisch korrekter Bilderstürmerei zu beginnen, sonst lande man in Orwells Wahrheitsministerium, das die Geschichte nach aktuellen ideologischen Bedürfnissen fortwährend neu schreibt. Für den Berliner Erzbischof Heiner Koch wird der Streit um das Kreuz erst zum Politikum, wenn man das Schloss rekonstruiert und nur das Kreuz weglasse.
Er sagt: "Das dokumentiert ja, dass es auch ein christlich geprägtes Land war. Aber es dokumentiert ja auch, dass hier ein Herrscher dran war, der sich gegen die Freiheitsrechte der Bürger gesperrt hat. Es zeigt ja die Ambivalenz des dieses Schlosses und dieses Kreuzes und dieser Kuppel. Wenn man die Geschichte ernst nimmt, dann muss man beides stehen lassen. Das war nicht nur ein schönes gläubiges Zeichen. Das muss man doch ehrlicherweise sagen. Und ich finde für ein Museum, das da rein soll, eine Geschichtsklitterung so rum oder so rum, ein bisschen komisch."
In der Folge entspann sich eine heftige kultur- und deutungspolitische Debatte um das Kreuz, die erstaunlich ist in einer Stadt, die zu Zweidritteln als Konfessionslosen besteht. Oder gerade deshalb. Man wolle kein Kreuz auf dem Humboldtforum, sagte Kultursenator Klaus Lederer von der Linkspartei, und er spreche für den ganzen rot-rot-grünen Senat. Die Einladung an andere Kulturen bedeute nicht, dass man die eigenen christlichen Wurzeln verschleiern müsse, konterte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Und der Theologe und Ex-DDR-Oppositionelle Richard Schröder schrieb, das Kreuz gehöre zum Schloss wie der preußische Adler und die Borussia. Es sei absurd, nun mit politisch korrekter Bilderstürmerei zu beginnen, sonst lande man in Orwells Wahrheitsministerium, das die Geschichte nach aktuellen ideologischen Bedürfnissen fortwährend neu schreibt. Für den Berliner Erzbischof Heiner Koch wird der Streit um das Kreuz erst zum Politikum, wenn man das Schloss rekonstruiert und nur das Kreuz weglasse.
Er sagt: "Das dokumentiert ja, dass es auch ein christlich geprägtes Land war. Aber es dokumentiert ja auch, dass hier ein Herrscher dran war, der sich gegen die Freiheitsrechte der Bürger gesperrt hat. Es zeigt ja die Ambivalenz des dieses Schlosses und dieses Kreuzes und dieser Kuppel. Wenn man die Geschichte ernst nimmt, dann muss man beides stehen lassen. Das war nicht nur ein schönes gläubiges Zeichen. Das muss man doch ehrlicherweise sagen. Und ich finde für ein Museum, das da rein soll, eine Geschichtsklitterung so rum oder so rum, ein bisschen komisch."
Halbmond, Engel, Mikroskop
Aber ist nicht die ganze Schloss-Teilrekonstruktion, mit seiner Ostfassade aus Beton und dem modernen Innenleben, mit Barockschmuck, der je nach Spendenlage angehängt wird, eine einzige Geschichtsklitterung? Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland erklärte jedenfalls, die Muslime fühlten sich nicht gestört durch ein Kreuz, zumal, wenn es Teil eines historischen Gebäudes sei. Das sei schließlich ein christlich geprägtes Land. Er könnte sich aber auch ein Symbol vorstellen, das, wenn schon, alle drei Weltreligionen verkörpere.
Mazyek: "Ein Künstler hat diese schöne Symbolik "Engel der Kulturen" entwickelt, von Davidstern, Kreuz und Halbmond, und das sieht auch sehr ansehnlich aus. Also wenn man darauf großen Wert legt, kann man das ja auch mal in die Debatte werfen."
Mazyek: "Ein Künstler hat diese schöne Symbolik "Engel der Kulturen" entwickelt, von Davidstern, Kreuz und Halbmond, und das sieht auch sehr ansehnlich aus. Also wenn man darauf großen Wert legt, kann man das ja auch mal in die Debatte werfen."
Der Humanistische Verband Deutschlands schlug seinerseits vor, das Kreuz durch ein vergoldetes Mikroskop zu ersetzen - das würde für die Werte der Aufklärung und den Wissensdrang Alexander von Humboldts stehen. Am Dienstag äußerte sich nun das Trio der Gründungsintendanten des Humboldtforums höchstselbst zur Kreuz-Debatte. Das Kreuz stehe als Teil der gebrochenen preußischen Geschichte auch für den Dialog der Weltkulturen, den man beabsichtige, schrieben Horst Bredekamp, Neil MacGregor und Hermann Parzinger in der FAZ. Um den Dialog auch sichtbar zu inszenieren, wolle man direkt im Außenbereich des Schlosses eine Kopie des antiken buddhistischen Sanchi-Tors aus der Dahlemer Sammlung aufstellen – als stilistischen Kontrapunkt zur wilhelminischen Schlossfassade. Und auf dem Dach soll zusätzlich zum vergoldeten Hohenzollern-Kreuz in Leuchtbuchstaben der acht mal vierzig Meter große Schriftzug "Zweifel" angebracht werden - eine Installation des norwegischen Künstlers Lars Ramberg.
Im Zweifel für das Kreuz also. Bleibt die Frage, wer entscheidet letztlich über das Kreuz? Der Berliner Senat jedenfalls nicht. Der Förderverein, der die Spenden sammelt? Für Herbert Wiesner ist klar: "Den Wiederaufbau des Schlosses überhaupt hat mit großer Mehrheit der Deutsche Bundestag beschlossen. Damals hat man an die Kuppel mit Kreuz überhaupt noch nicht gedacht. Im Grunde müsste der Bundestag das noch mal beschließen. Wir sind eine Demokratie! Das können nicht ein paar Leute einfach entscheiden, dass da ein Kreuz drauf kommt."