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Berlin
Erster Supermarkt ohne Verpackungsmüll

Tomaten in Zellophan, Duschgel in Flaschen und Gurken in Plastikfolie: Wer im Supermarkt einkauft, nimmt meist auch einen riesigen Berg Verpackungsmüll mit. Im Berliner Supermarkt "Original Unverpackt" werden Waren deshalb nur lose oder in Mehrwegverpackungen verkauft - vom Apfel bis hin zum Waschmittel.

Von Wolf-Sören Treusch |
    Ein Gemüse-Korb mit Fenchel, Schnitt-Lauch, Kürbissen und Auberginen.
    Der Verkauf von unverpackten Lebensmitteln ist das Kerngeschäft des Berliner Supermarkts. (picture-alliance / dpa / Jens Büttner)
    "Das sind Kürbiskerne mit Lebkuchenüberzug, sehr lecker."
    Zur Begrüßung gibt es vorweihnachtliches Knabbergebäck. Das tut gut, denn die Einrichtung wirkt etwas steril. Kalte, blaue Fliesen an den Wänden, dazu viel glitzerndes Metall, unzählige Plastikspender und Glasbehälter. Heimelig geht anders. Dafür ist das Warenangebot "original unverpackt".
    Geradezu lässig lässt der erste Kunde am Morgen sein Bircher-Müsli aus dem Glasrohr in den Plastikbehälter gleiten, den er von zuhause mitgebracht hat. Er findet das Konzept prima:
    "Das ist ganz gut, dass man so die nutzlosen Sachen einfach weglässt. Und dass man sich auch nicht verwirren lässt durch irgendwelche bunten Sachen, dass es wirklich um den Inhalt geht. Das finde ich ganz gut."
    Verzicht auf Einwegverpackungen
    Back to the roots, lautet das Motto. "Original Unverpackt" ist der erste Laden in Berlin ohne Plastikmüll. Wo es geht, verzichten die beiden Gründerinnen auf Einwegverpackungen. Ein Konzept, das heute Morgen auch die politische Prominenz aus Berlin anzieht. Die beiden Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Renate Künast und Christian Ströbele, statten den beiden Jungunternehmerinnen einen Besuch ab. Renate Künast ist gleich angetan:
    "Die guten alten Bürsten, wo man auch den Ersatzkopf für kriegt. – Das sind die Besten."
    Kerngeschäft sind jedoch Lebensmittel. Von A wie Algentofu über D wie "das alte Schaf" bis Z wie "Zwiebeln, gelb" bietet der verpackungsfreie Supermarkt, was das umweltbewusste und produktbewusste Herz begehrt.
    Renate Künast hat gefunden, was sie wollte: einen Jutebeutel voll Tortellini, ein wenig Weizengraspuder und Knoblauch. Sie findet: Der Laden ist eine prima Alternative zu den großen Supermärkten. In die geht sie gar nicht gern. Gerade wegen des Verpackungswahns:
    "Wenn man da steht und guckt so einen Gang lang, wo man denkt: Acht Meter lang rechts und links nur Pudding, in allen Varianten, in rosa für Mädchen, in blau für Jungens, mit achtzig Geschmacksrichtungen, da stehen sie doch dazwischen und denken: Hier ist eine Fabrik für artificial flavour, also künstlichen Geschmack, das kann man ja nicht kaufen, und ich hänge an dem puren und natürlichen Geschmack, und deshalb reicht es mir vollkommen, so ein paar Basissachen zu finden, und auch bei Gemüse und so das zu finden, was jetzt reif ist, was jetzt wächst, und damit können Sie die köstlichsten Dinge tun."
    Gut vorbereitet in den Supermarkt
    Ihr Politikerkollege Christian Ströbele dagegen braucht noch etwas Zeit. Ein paar Mandeln hat er sich schon ins mitgebrachte Glas abgefüllt, aber er empfindet den Laden noch als etwas unübersichtlich:
    "Erst mal muss man sich gut vorbereiten. Genau wissen, was man kaufen will, dann muss man möglichst eine Reihe von kleinen und größeren Behältnissen mitnehmen, weil: Ich kann ja nicht so einen großen Topf oder Beutel nehmen, um da Zimt reinzutun oder Pfeffer, da braucht man dann so kleine Sachen, das heißt, ich muss noch mal wiederkommen und das jetzt ganz gezielt vorbereiten."
    Prima, wenn er wiederkommt. Das gehört zum Konzept dazu. Sagt Sara Wolf, eine der beiden Gründerinnen. Denn sie will ihre Waren – etwa 350 Produkte sind es im Augenblick – nicht nur unverpackt verkaufen. Sie will auch aufklären und mit den Leuten über das jeweilige Produkt ins Gespräch kommen.
    Verkaufen und aufklären
    "Eines der Hauptprobleme ist tatsächlich, dass die Kunden nicht mehr einschätzen können, wie viel sie da gerade kaufen. Das passiert zum Beispiel häufig bei Pinienkernen, dass die Leute meinen, sich ein Glas voll füllen zu können, trotzdem weniger als zehn Euro zu zahlen, was halt nicht geht. Ich meine, die Supermarktverpackung mogelt einem wirklich vor, was für unglaubliche Mengen da drin sind in so einem Säckchen für fünf Euro, und dann sind da aber 30 Kernchen drin. Also: Leute können es tatsächlich nicht mehr einschätzen."
    Am liebsten hätten es die beiden Macherinnen, wenn ihre Idee eine Massenbewegung auslösen würde. Mit etlichen Interessenten seien sie in Verhandlung über ein Franchise-Konzept. Denn bisher, so die Erfahrung der ersten drei Monate, rechnet es sich. Denn manche Kunden zahlen gern etwas mehr.
    "Das ist okay, und das ist mir eigentlich auch egal, weil ich die Idee, das Ziel gut finde."