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"Berlin Open Data Day"
Behörden-Daten sind digitales Gold

Zum vierten Mal gibt es den "Berlin Open Data Day", der sich an Software-Entwickler richtet. Aber auch an Behördenmitarbeiter, denn ohne freigegebene Verkehrsdaten funktioniert die beste Nahverkehrs-App nicht. Datenfreigabe sei nicht nur ein komplexes Problem, sondern bedeute innerhalb von Behördenstrukturen einen erheblichen Paradigmenwechsel, stellt Wolfgang Noelke fest.

Von Wolfgang Noelke |
    Mit Mobilitäts-Apps, zum Beispiel Fahrpläne in Echtzeit, inklusive behindertengerechter Zugänge, schmücken sich inzwischen Nahverkehrsunternehmen. - Der Erfolg nach vier Jahren gibt den Veranstaltern recht. Trotzdem wachse innerhalb öffentlicher Unternehmen und in Behörden das Interesse, Daten in maschinenlesbarer Form zu veröffentlichen, nur langsam, so Dr. Wolfgang Both von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung:
    "Das müssen wir tatsächlich einer Mitarbeiterschaft, mit einem Durchschnittsalter von 54 Jahren; das sind ja alles Leute, die nicht mit dem Smartphone in der Wiege großgeworden sind, müssen wir tatsächlich erst vermitteln. Und erst mit den neuen und jüngeren Mitarbeitern, die nachwachsen, ist das eine Selbstverständlichkeit. Heute sind wir zwar PC-mäßig und Netzwerk-mäßig gut ausgestattet, aber Information so einfach in die Öffentlichkeit zu geben, ist eben nicht Standard des Verwaltungshandelns. Im Gegenteil."
    ...es sei ein Paradigmenwechsel, wenn Behördenmitarbeiter jetzt darauf achten sollen, möglichst alle Datenbestände zu veröffentlichen:
    "Dieses umgedrehte Prinzip, alles, was nicht á priori geheim ist, ist öffentlich und der Öffentlichkeit und dem Steuerzahler wieder verfügbar zu machen, das müssen wir tatsächlich erst vermitteln und das ist ein kultureller Wandel in der Verwaltung, der einfach eine gewisse Zeit braucht.
    Nutzung öffentlicher Daten wäre ein Riesengeschäft
    Geschätzte 35 Millionen Euro Mehrwert würden den Berliner Steuerzahlern als "Digitales Gold" zugutekommen, falls Daten des Öffentlichen Dienstes von der Wirtschaft genutzt werden könnten, so Nicolas Zimmer, Vorstand der Technologiestiftung "Data Driven Innovation". Damit wäre aber das Geschäftsmodell vieler Katasterämter, Geodaten, zum Beispiel Luftbilder gewinnbringend zu veräußern passé:
    "Das war der härteste Brocken, muss man sagen, denn da gab es schon lange eine kommerzielle Nutzung von Daten. Das ist das erste Datum der öffentlichen Verwaltung gewesen, wo man Geld mit verdient hat. Es ist aber auch das Wichtigste, was Sie brauchen, um offene Daten nutzbar zu machen. Denn heutzutage funktioniert jede mobile Applikation georeferenziert. Das heißt also, Geodaten finden Sie überall im Datenmix wieder und das war aus meiner Sicht der wichtigste Schritt, die Berliner offenen Daten auch wirklich benutzbar zu machen."
    Nicht alles, was Bürger gerne hätten, sei machbar. Zum Beispiel eine App, die die Ankunft des Müllwagens vorhersagen könnte. Doch weil mit Geotracking aber gleichzeitig die Müllwagenfahrer überwacht werden könnten, würden diese Daten gar nicht erst erhoben, sagt Stefan Eisermann von der Berliner Stadtreinigung. Für Ihn und andere Administratoren existiere neben dem Datenschutz eher das Problem, innerbetriebliche Daten unterschiedlichster Quellen überhaupt zu validieren, sprich zuverlässig und aussagekräftig darstellen zu können:
    "weil sie eben auf unterschiedliche Weise gezählt werden. Einmal von irgendwelchen IT-Systemen, auf der anderen Seite durch Handzettel und vielleicht auch Strichlisten."
    Schlummernder Digitaler Goldschatz in den Behörden
    Es bedarf also zusätzlich innerbetrieblicher Änderungen ganzer Verfahrensabläufe. Dann vielleicht, eines fernen Tages wäre der, von Nicolas Zimmer propagierte, in Behörden und Ämtern schlummernde Digitale Goldschatz vielleicht sogar in der Lage, gewisse Großbauvorhaben zu entschärfen:
    "Nehmen wir mal Crowdsourcing: Nehmen wir mal die Probleme, die beim BER bestehen, man würde diese Planungsdaten offenlegen. Man würde einfach mal die Klugheit dieser Menschen nutzen, die in dieser Stadt ja vorhanden ist, um zu gucken, was habt ihr denn für eine alternative Lösung? - Also, auf der einen Seite beschäftigt die NASA Unmengen von Volunteers damit, Daten auszuwerten. Da kommen auch super Ergebnisse heraus. In der Medizin machen wir das auch. Warum sollten wir nicht auch mal bei öffentlichen Planungsprozessen – die offensichtlich ja nicht gut funktionieren – das vorhandene Potenzial nutzen? Auch das wäre für mich Open Data."