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Berliner Appell an Brüssel
Mehr Beachtung für Kultur auf EU-Ebene gefordert

Die Fraktionen im Bundestag senden eine Botschaft nach Brüssel: Kultur muss in die EU-Kommission. Und zwar nicht versteckt hinter einem anderen Titel. Die Linkspartei fordert sogar ein eigenes Ressort. Fast alle Fraktionen sind sich beim Thema Kultur auf EU-Ebene einig. Nur die AfD sieht das anders.

Von Vladimir Balzer |
Statue der "Europa" vor dem Europaparlament in Brüssel.
Statue der "Europa" vor dem Europaparlament in Brüssel (dpa/ Daniel Kalker)
Marc Jongen: "Die EU ist eine gewaltige Bürokratie, die auch ohne Kulturkommissar funktioniert. Außerdem ist ein Kommissar keine demokratische Insitution, das sagt schon der Name. Es ist eine zentralistische Stelle. Die Kultur braucht keine Kommissare, die sie zentralistisch steuert und beeinflusst."
Das passt zum Bild, das sich Jongen und seine Partei oft genug von staatlicher Kulturpolitik auch auf anderen Ebenen machen. Sie gebe ein bestimmtes Weltbild vor. Das gilt für ihn auch auf europäischer Ebene.
"Vor allem müssten ideologische Vorgaben, wie Diversity, Geschlechtergerechtigkeit, all diese politisch korrekten Dinge, die in der Kultur wenig zu suchen haben, zurückgefahren werden."
Kulturpolitik auf höherer Ebene
Mit dieser Position ist seine Fraktion allerdings allein im Bundestag. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums sitzt Simone Barrientos, bei der Linksfraktion für Kulturpolitik zuständig. Sie redet weniger von einem Weltbild, das Kulturpolitik angeblich vermittle, sondern will ganz grundsätzlich die Kulturpolitik auf eine höhere Ebene bringen.
"Ich will Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz. Damit es eine Verpflichtung gibt, damit es Mindestsummen gibt. Genau das wünsche ich mir auf europäischer Ebene, dass es als europäisches Grundsatzziel auf die Agenda kommt. Es bräuchte ein Kommissariat nur für Kultur."
Ein reines Kulturkommissariat will außer der Linkspartei niemand, aber ansonsten ist auch Thomas Hacker von der FDP überzeugt: Kultur muss in den Titel.
"Dass die Kulturpolitik in einer europäischen Union, in der man das Gefühl hat dass die Länder immer weiter auseinandergehen, in der die nationalen Egoismen immer stärker werden, von besonderer Bedeutung ist, das sollte sich niederschlagen. Dass die Kultur in die Untertitel verschoben wird, bedauern wir sehr."
Kultur als zentraler Begriff für Europa
Das sieht auch ein Mann so, der sich in seiner SPD-Fraktion um europapolitsiche Fragen kümmert und bei seinen Kollegen im EU-Parlament schon mal dafür getrommelt hat, dass sie bei den Anhörungen der Kandidatinnen und Kandidaten auf der Kultur für ein EU-Kommissariat bestehen. Axel Schäfer.
"Das ist für mich unabdingbar. Kultur ist für Europa ein zentraler Begriff. Es verbindet uns. Und gerade weil wir Europa wirtschaftlich begründet haben, Kohle, Stahl und Landwirtschaft, war immer das darüber hinausgehende, die Softpower, das war immer die Kultur. Daher muss sie namentlich genannt werden."
Vom CDU-Koalitionspartner ist auch Stefan Kaufmann überzeugt davon. Und er plädiert damit auch an seine Parteikollegin, an Ursula von der Leyen, dass sie als zukünftige EU-Kommissionspräsidentin die Entscheidung gegen ein Kulturressort überdenkt. Er sagt es so:
"Für den Zusammenhalt in der EU ist die Kultur wichtig. Daran sollten wir auch in der neuen Legislaturperiode anknüpfen."
Aber wohin sollte sich die EU-Kulturpolitik weiter entwickeln? Die europäischen Programme sind auf mehrere Kommissariate verteilt und können auf einen Gesamtetat von etwa 240 Millionen Euro zurück greifen. Das Größte nennt sich Creative Europe und unterstützt neben europäischen Filmproduktionen unter anderem die Kulturhauptstädte. Erhard Grundl von den Grünen formuliert seine Vorstellungen:
Ideale einer europäischen Kulturpolitik
"Ich glaube, man müsste sich auf mehrere Säulen stützen, das eine ist die Erinnerungskultur, das andere ist der Umgang mit den Kreativen. Und das meint nicht nur die Kreativwirtschaft, nicht nur den Profit. Und das Dritte wäre die integrative Kraft der Kultur. Das könnte man sehr groß machen."
Am Ende wird klar: Ein politisches Signal von Berlin nach Brüssel ist – bis auf die AfD – eindeutig: kein Kommissariat ohne Kultur. Mal sehen, was die designierte Kommissarin Mariya Gabriel und ihre Chefin aus dieser Botschaft machen.
Eine Botschaft hat Mariya Gabriel schon mal ausgegeben: Investieren sollte Europa in Menschen, in Talente.