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Berliner Ausstellung "Frauen im Exil"
Bilder, die Geschichten erzählen

Sie mussten aus ihrer Heimat fliehen und leben jetzt im deutschen Exil. Die Fotografin Heike Steinweg hat Frauen fotografiert, die um den Verlust ihres alten Zuhauses trauern, die aber dem Neuen auch mit Mut und Stärke begegnen. 33 Porträts zeigt jetzt das Museum Europäischer Kulturen in Berlin.

Von Christiane Habermalz |
    Fotografin Heike Steinweg vor Exponaten in der Ausstellung "Ich habe mich nicht verabschiedet" - Frauen im Exil.
    Fotografin Heike Steinweg im Museum Europäischer Kulturen (Christiane Habermalz / Deutschlandradio)
    Sajida trägt eine schwarze Jacke mit Reißverschluss, dazu ein rosafarbenes, um Kopf und Hals geschlungenes Tuch. Selbstbewusst, mit leicht spöttisch hochgezogener Braue schaut sie direkt in die Kamera. "Als Kind träumte ich davon, um die ganze Welt zu reisen. Allerdings wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass es auf diese Weise geschehen würde". Das Zitat von ihr hängt neben ihrem Foto, eines von insgesamt 33 lebensgroßen Porträts, die die Fotografin Heike Steinweg gemacht hat. 33 Bilder von 33 Frauen, die hierher geflohen sind, die in Deutschland ein Leben im Exil leben.
    "Ich habe diese Frauen ausgewählt, weil sie mich beeindruckt haben in ihrer Stärke und in ihrer Entscheidungskraft. Und ich bin mir ganz sicher, dass man an seinem Schicksal auch wächst. Ich glaube, eine Herausforderung macht einen stark, und diese Frauen haben eine Entscheidung getroffen für ihr Leben, dass sie etwas Besseres wollen."
    Ein neuer Blick auf die anonyme Masse
    "Ich habe mich nicht verabschiedet – Frauen im Exil" heißt die Ausstellung im Museum Europäischer Kulturen in Berlin-Dahlem. Der Titel ist bewusst gewählt. Bei dem Begriff Exil denkt man an Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger und an Hannah Ahrendt - doch wer würde damit die aus Syrien und dem Irak nach Deutschland Geflüchteten verbinden? Steinweg will den Blick auf die anonyme Masse verändern. Auch unter ihnen befinden sich Intellektuelle, Künstlerinnen, Kämpferinnen – die Hannah Ahrendts unserer Zeit.
    "Wir haben ja dieses sehr negative Bild von den Frauen. Die werden ja immer doppelt marginalisiert, dass man sagt, die haben diese muslimische Herkunft. Und ich finde es halt interessant, jetzt einfach über die Frauen zu sprechen, die den Willen haben, sich hier ein neues Leben aufzubauen. Oder es sind ja auch viele Frauen dabei, Intellektuelle, die versucht haben, in Syrien etwas zu verändern, die auf den Demonstrationen waren. Das sind natürlich auch die ersten, die fliehen müssen."
    Deutsche Frauen als Vorbild
    Zum Beispiel Hend, die Steinweg in einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Berlin kennen lernte. "Als erstes fiel mir in Deutschland auf, wie stark die deutschen Frauen sind", schreibt sie. "Das gibt mir Kraft und spornt mich an, genauso zu werden." Oder Enana. Ihr Blick auf dem Foto ist klar, fast provozierend. Sie steht aufrecht, die Hände in den Taschen, mit ärmellosem Top, die Arme tätowiert. "Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich mich gefragt, wie es sich wohl anfühlt, sich auf der Straße zu küssen. Wie sich ein Kuss anfühlt, wenn ein kühler Wind mein Gesicht streift. Küssen, ohne Angst zu haben."
    Und dennoch spielt natürlich auch die Trauer um den Verlust der Heimat eine Rolle. Eine der Frauen ist daher nur von hinten zu sehen. Sie fand, ihr Gesicht spiele keine Rolle, nur ihre Gefühle, ihre Traurigkeit, nicht zurück zu können, wollte sie mitteilen, erzählt Steinweg. Von ihr stamme auch der Titel "Ich habe mich nicht verabschiedet".
    "Weil sie gar nicht vorhatte, aus ihrem Land wegzugehen. Sie hat hier im Auswärtigen Amt über die Menschenrechtssituation in ihrem eigenen Heimatland referiert, und offensichtlich passte das dem Heimatland nicht, und daraufhin wurde sie von ihrer Mutter gewarnt, dass sie nicht zurückkehren kann."
    Frauen profitieren von der neuen Freiheit
    Frauen kommt in Migration und Exil eine zentrale Rolle zu, weil sie oft die Verantwortung für die Kinder und die Familie übernehmen – aber auch, weil sie diejenigen sind, die am meisten von der neuen Freiheit profitieren, sagt Lama Ahmed aus Syrien. Auch ihr Porträt hängt im Museum. Die Männer hätten es oft schwerer, denn Exil bedeute für sie vielfach auch Machtverlust.
    "Der Mann war der König der Familie, hier ist er ein Partner. Das ist ein neues Prinzip für die Männer. Und sie sollen das akzeptieren. Und das ist nicht so leicht für die Männer. Und ich sage das immer: Unsere Aufgabe ist, für die Männer zuerst diese Werte zu geben und zu erklären."
    Entscheidung für die Freiheit
    Die Stärke der Ausstellung besteht in ihrer Zurückhaltung. Die Bilder der Frauen stehen für sich, sie schauen uns an, wie wir sie anschauen. Ihre Biografien, auch ihr Herkunftsland erfährt nur, wer sich die Mühe macht, sie nachzulesen – dafür liegen in der Mitte des Raumes drei Bücher bereit, in denen die Frauen auch eigene Texte geschrieben haben. Sie sind Künstlerinnen, Intellektuelle, Schriftstellerinnen, Studentinnen, aber auch Mütter, Töchter, Schwestern. Die Gründe für ihr Hiersein sind vielfältig. Doch sie eint die Stärke, der Wille und der Mut, neu zu beginnen. Neben den Porträts stehen, kurz, ihre Gedanken. Einer lautete schlicht: "Meine Flucht war kein Muss, sondern meine Wahl. Ich habe die Freiheit gewählt, ein erfülltes Leben, ein Sein."