Eigentlich ist es eine satzungsgemäße reguläre Vorstandswahl gewesen. Doch genau hier fängt alles an, undurchsichtig zu werden. Denn die DITIB hütet ihre Satzung wie ein Geheimnis – die Zentrale in Köln genauso wie auch der Berliner Landesverband. Sie stellen sie nicht auf ihre Internetseite. So viel ist sicher: Letzte Woche Sonntag fand in der Berliner Sehitlik-Moschee, der größten Moschee in der Hauptstadt, eine Vorstandswahl statt. Und bis auf ein Mitglied ist der Vorstand neu besetzt worden.
Einige Berliner Zeitungen meldeten, der Vorstand sei auf Weisung des türkischen Generalkonsulats komplett ausgetauscht worden. Murat Ekrek vom Vorstand des Berliner Landesverbands sagt am Telefon, die Wahl sei entsprechend der Satzung durchgeführt worden. Und die Berliner DITIB-Satzung sei dieselbe wie die des Kölner Bundesverbandes. Und hier kommt endlich Licht ins Dunkel. Denn nach der Satzung der DITIB-Zentrale ist der Islamverband ein Ableger des türkischen Religionspräsidiums Diyanet in Ankara, der direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt ist. Stefan Muckel, Professor für Öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Universität zu Köln stellt fest:
"DITIB hat organisatorische und institutionelle Verbindungen zum Diyanet. Das lässt sich der Satzung entnehmen, da gibt es bestimmte Rechte für hohe Bedienstete des türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten."
So ist der Vorsitzende des türkischen Religionspräsidiums der Vorsitzende des Beirates. Und allein der Beirat entscheidet, wer in den Vorstand gewählt werden darf. Er hat das alleinige Vorschlagsrecht. Auch laut einer Dokumentation des Bundestages nimmt das türkische Religionsamt gegenüber der DITIB Leitungs-, Steuerungs- und Kontrollbefugnisse wahr. Zudem hätten Diyanet-Vertreter in den DITIB-Mitgliederversammlungen ein größeres Stimmengewicht als die Vertreter der rund 900 DITIB-Ortsgemeinden.
Hat die DITIB-Zentrale Druck aus Ankara bekommen?
Hinter den Kulissen sagen Beobachter und Kenner der Sehitlik-Moschee, der bisherige Vorstand unter dem Vorsitz von Ender Cetin habe eine liberale Linie gefahren. Deswegen seien Cetin und seine jungen Kollegen nicht für eine Wiederwahl vorgeschlagen worden.
Tatsächlich war der bisherige Vorstand eher jung besetzt und engagierte sich in interreligiösen Projekten mit Christen, Juden und anderen Religionsgemeinschaften. Es fanden auch einige Führungen für homosexuelle Gruppen in der Moschee statt. Als aber eine Diskussionsveranstaltung mit dem Lesben- und Schwulenverband bevorstand, wurde sie kurzfristig abgesagt. Hinter vorgehaltener Hand sagte damals jemand aus dem Vorstand, die DITIB-Zentrale habe Druck aus Ankara bekommen. Deutschland muss Mittel und Wege finden, die Einflussnahme aus der Türkei zu unterbinden, sagt Burkhard Dregger, integrationspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
"Vereinsrechtlich können wir das meines Erachtens nicht wirklich regeln, sondern wir müssen prüfen, ob wir eine gesetzliche Regelung erlassen, nach der Einflussnahmen durch das Ausland, durch ausländische Regierungen, sowohl in personeller Hinsicht als auch in finanzieller Hinsicht untersagt werden. Das geht aber nur, wenn wir auch bereit sind, alternative Finanzierungsmöglichkeiten für die muslimischen Gemeinden in Deutschland zu erschließen. Ich bin dafür sehr aufgeschlossen."
DITIB lehnt Gespräch über Verbindungen zum türkischen Religionsamt ab
Die Finanzierung bezieht sich vor allem auf die Prediger der DITIB. Der islamische Dachverband betreibt nach eigenen Angaben bundesweit mehr als 900 Moscheen. Die Imame, also Prediger, werden vom türkischen Religionspräsidium in Ankara geschickt und bezahlt. Sie sind türkische Staatsbeamte. Ein Gespräch über die Verbindungen zum türkischen Religionsamt lehnt die DITIB ab. Murat Ekrek vom Berliner Landesverband sagt zu den Vorwürfen nach einer Abwahl oder einer Absetzung des bisherigen Vorstandes der Sehitlik-Moschee, das alles sei nicht zutreffend, es sei eine reguläre Vorstandswahl gewesen. Der Berliner Landesvorstand arbeite aktuell an einer Presseerklärung und werde sie bald veröffentlichen.