Eine Privatisierung der Großbaustelle war teuer fehlgeschlagen, deswegen musste für den ersten Spatenstich die öffentliche Hand ran. Sand schaufeln und hoffnungsfroh in die Kameras lächeln. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee meinte damals:
"Berlin-Brandenburg wird sich entwickeln, als ein Drehkreuz. Mit unserem Spatenstich leiten wir eine neue, wichtige Etappe ein."
Und Berlins damaliger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit versprach: "Dafür Garant zu sein, viele Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Und andererseits auch selbstverständlich für die Bewohnerinnen und Bewohner ein weitestgehendest Maß an Umweltverträglichkeit auch zu garantieren."
Klagewelle schon vor dem ersten Spatenstich
15 Jahre Planung waren dem Baubeginn vorausgegangen, begleitet von einer bis dato beispiellosen Klagewelle der Anwohner. Sie sind bis heute davon überzeugt, dass Schönefeld, nur 30 Kilometer südöstlich vom Alexanderplatz, der falsche Standort ist. Alexander Fröhlich, die rechte Hand des Bürgermeisters der am härtesten von Lärm und Feinstaub betroffenen Gemeinde Blankenfelde Mahlow:
"Dort hätte dieser Flughafen nicht errichtet werden dürfen, weil einfach das Umfeld zu stark besiedelt ist. Deswegen gibt es jetzt auch die Initiative gegen den Bau einer dritten Startbahn und für eine Deckelung der 360.000 Flugbewegungen pro Jahr, um den Ausbau dieses Flughafens zu deckeln."
Neuer Hauptstadtflughafen schon jetzt zu klein
Schon längst ist nämlich klar, dass der ursprünglich für 22 Millionen Passagiere konzipierte BER zu klein sein wird. Die Anwohner haben den Baubeginn 2006 nicht verhindern können, wohl aber vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Nachtflugverbot erreicht. Und erst jüngst gewannen sie einen Prozess um verbesserten Schallschutz an ihren Häusern. Die Flughafengesellschaft trickse und täusche, um sich möglichst zu drücken, schimpft Stefan Gloß, der in Blankenfelde wohnt.
"Der Flughafen hat für alles Geld, nur nicht für die Betroffenen. An denen wird gespart, wo es nur geht."
Die Ausgaben allein für den Schallschutz sind auf 750 Millionen Euro gestiegen. Die Gesamtkosten schwollen von ursprünglich zwei auf mittlerweile 5,4 Milliarden an. Und auch zehn Jahre nach Baubeginn ist kein Ende abzusehen.
Entrauchungsanlage wird intern "Das Monster" genannt
Ursprünglich sollte der BER im Oktober 2011 abheben, doch dann versinkt Ostdeutschlands größtes Infrastrukturprojekt im Chaos: Die Planungsfirma geht Pleite, der Eröffnungstermin wird zum ersten Mal verschoben, auf den Sommer 2012. Doch vor allem die Entrauchungsanlage erweist sich als nicht beherrschbares "Monster". Kurz vor der geplanten Inbetriebnahme müssen Berlin, Brandenburg und der Bund das Desaster eingestehen und die feierliche Eröffnung absagen. Im Berliner Abgeordnetenhaus nahm ein Untersuchungsausschuss das Durcheinander am BER unter die Lupe und kam zu dem Schluss: "Kollektive Verantwortungslosigkeit, strukturelle Schwäche der Flughafengesellschaft, kein Controlling, keine Nachsteuerung,"
Der Ausschussvorsitzende, Martin Delius von den Piraten: "Das "Gegen die Wand fahren lassen", das sprichwörtliche, was jeden einzelnen Bereich der Baustelle angeht, das war der Grund, warum das mit dem BER nicht funktioniert hat."
Baustelle fing 2012 bei Null wieder an
Und das Krisenmanagement setzt das Debakel dann fort. Wowereit wirft die Generalplaner hinaus. Die Folge erläutert Technikchef Jörg Marks: "Da kam eine neue Geschäftsführung, die hat komplett neue Leute mitgebracht und hat die alten kaum noch beachtet. Und dann stirbt quasi die Seele von so einem Projekt, wenn keiner mehr da ist, der sagt, ‚das ist mein Ding und ich will das wirklich fertig bauen‘."
Von einem großen Fehler spricht Wowereits Nachfolger, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft ist. Dadurch habe man 2012 praktisch bei Null anfangen müssen. Der ehemalige Bahn-Manager Hartmut Mehdorn soll den Karren aus dem Dreck ziehen, nimmt aber auch vorzeitig seinen Hut.
Eröffnung 2017 fraglich
Und heute? Offiziell wird die Eröffnung für Ende kommenden Jahres angepeilt. Auf der Baustelle sei Ordnung geschaffen, meint der neue Flughafenchef Karsten Mühlenfeld. "Im Großen und Ganzen – ja."
Doch auch er kämpft mit alten Korruptionsfällen, Brandschutzmängeln und fehlenden Umbaugenehmigungen. Mittlerweile deutet sich die fünfte Verschiebung an. Das musste Berlins Regierender Bürgermeister Müller unlängst zugeben.
"Es ist kein großes Geheimnis, dass es von Tag zu Tag schwerer wird, das Datum zu halten und dass ich auch nach dem heutigen Stand nicht mehr ausschließen kann, dass wir mit der Eröffnung im Jahr 2018 landen."
Eine endgültige Entscheidung für einen konkreten Eröffnungstermin soll es aber erst im Oktober geben – nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus.