Im Büro des Berliner Mietervereins sortiert Rainer Wendt Fragebögen. Seit in Berlin die Mietpreisbremse gilt, bietet der Mieterverein bei allen Neuvermietungen und Mieterhöhungen eine Überprüfung der Verträge an. Hier hat eine Dame vorgestern einen Vertrag für eine 1-Zimmer-Wohnung unterzeichnet:
"420 Euro netto kalt bedeutet bei 36 qm mehr als 10 Euro pro qm. Da ist schon mal von der oberflächlichen Betrachtungsweise klar, dass das mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein überhöhter Zins ist. Nur wenige Mietspiegelfelder weisen derart hohe Mieten aus, vor allem wenn man weiß, dass es ein Altbau von 1920 ist."
Die Wohnung liegt in einfacher Wohnlage, hat aber dafür Parkett und Isolierglasfenster. Rainer Wendt zieht den Berliner Mietspiegel zurate und prüft alle Kriterien, die die Mieterin angegeben hat, darauf, ob sie den Mietpreis erhöhen oder verringern könnten:
"Und das bedeutet eine Miete von 290 Euro, ortsübliche Vergleichsmiete für diese 36 qm große Wohnung, kommen die 10 Prozent noch dazu von der Mietpreisbremse, nochmal 29 Euro, dann landen wir bei einer eigentlich preisrechtlich zulässigen Miete von knapp 320 Euro."
Vermieter fürchten um ihr Geschäft
Um satte 32 Prozent ist diese Wohnung also offenbar zu teuer. Die Mietpreisbremse besagt, dass die Miete bei Neuvermietung nur 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Aber es gibt Ausnahmen. Die Mietpreisbremse gilt nämlich nicht bei Vermietungen nach umfangreicher Modernisierung, nicht für Neubauten und nicht wenn der Vormieter auch schon mehr gezahlt hat.
Deshalb wird sie ihre Wirkung wohl verfehlen, vermuten die Mieterverbände – obwohl sie die Mietpreisbremse grundsätzlich begrüßen. Die Vermieter fürchten indessen um ihr Geschäft. Sie zweifeln deshalb den Berliner Mietspiegel an, der für die ortsübliche Vergleichsmiete maßgebend ist. Der Verband Haus und Grund hat seine Mitglieder aufgerufen, sich vorerst nicht an die Mietpreisbremse zu halten. Rolf Konermann von Haus und Grund argumentiert vor allem, dass die Falschen von der Mietpreisbremse profitieren:
"Die besser situierten Mieter werden immer eine Wohnung finden. Weil, wenn das Angebot noch knapper wird, wird natürlich der Vermieter sich den etwas besser situierten aussuchen. Und den Nachteil haben finanzschwächere Wohnungssuchende und deshalb halten wir das Gesetz für absolut falsch."
Und deshalb wird das neue Gesetz ganz offensichtlich auch nicht befolgt, vermutet Rainer Wendt vom Berliner Mieterverein.
"Wir wissen durch einen Blick auf Internetgestützte Angebotsdatenbanken, dass sich an dem Mietpreisniveau sehr wenig geändert hat und das lässt darauf schließen, dass viele Vermieter in dem alten Stil weiterfahren und die Wohnungen zu überhöhten Preisen anbieten."
Wer verzweifelt eine Wohnung sucht - der zahlt
Gleiches gilt laut Mieterverein für das sogenannte Bestellerprinzip, bei dem jetzt immer derjenige die Maklergebühren bezahlen muss, der den Makler auch beauftragt. Noch immer versuchen aber viele Makler, die Wohnungssuchenden nachträglich zum Abschluss eines Maklervertrags und zu Provisionszahlungen zu drängen. Und wer verzweifelt eine Wohnung sucht, der zahlt, sagt Nadja Wackermann, die seit drei Monaten in Berlin auf der Suche nach einem Zuhause ist:
"Letztendlich machen die Vermieter das, was sie wollen, und da es kaum Wohnungen gibt, sind wir gezwungen, das zu nehmen, was da ist, egal was für ein Preis, also wenn es für mich bezahlbar ist, werde ich umziehen."
Mehr freie Wohnungen wird es nämlich nur durch die Einführung der Mietreisbremse in Berlin nicht geben. Der Markt bleibt angespannt. Ob es wirklich, wie erhofft, zu einem gebremsten Anstieg der Mieten kommt, soll nun erstmal beobachtet werden. Für zunächst fünf Jahre soll die Mietpreisbremse in Berlin gelten.