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Berliner Modelabel Last Heirs
Veganes Lackleder für K Camp

Beyoncé trägt sie, Alicia Keys und Rapper K Camp auch: die Mode des Berliner Labels Last Heirs. Das Design-Kollektiv mit Ursprung in der Berliner Technoszene trifft mit ihrem Style den Nerv von prominenten Musikerinnen und Musikern. Ihre Mode zwischen Fetisch und Futurismus hat auch eine Botschaft.

Von Julia Vismann |
Es herrscht geschäftiges Treiben im Atelier des Luxuslabels Last Heirs in der lichtdurchfluteten Dachgeschosswohnung in Berlin Prenzlauer Berg. Gerade wird eine mögliche Kooperation mit einem großen Sportschuh-Hersteller vorbereitet. Lea Roth und Max Dörner sind die kreativen Köpfe des internationalen Design-Kollektivs, das insgesamt zehn Mitglieder hat.
Lea trägt graugefärbte Haare und eine große Goldrand-Brille, Max hat seine kurzen Haare wasserstoffblond gefärbt. Auf seinem Shirt aus der aktuellen Kollektion ist das Bild von tanzenden Menschen im Club. Jedes Wochenende kommen Millionen von Menschen zum Tanzen und friedlichen Feiern zusammen, erklärt Max Dörner die handgedruckte Botschaft:
"'Uncritical Mass', ein bisschen was feiern. Was das eigentlich bedeutet, wenn man zusammen feiert, dass es das Recht ist, sich zusammenzufinden, was da an den Tag getragen wird."
Ursprung in der Technoszene
Den Ursprung hat das Label Last Heirs auch in der Berliner Technoclubszene. Der rote Faden ihrer Kollektionen sind Bomberjacken aus veganem Lackleder in rot, schwarz, weiß oder lavendelfarben. Sie erinnern an Latexkleidung aus der Fetischszene. Der Berghain-Türsteher und Fotograf Sven Marquardt gehört zur erweiterten Familie und hat die ersten Kollektionen fotografiert, erzählt Max Dörner von Last Heirs:
"Interessant, dass wir uns über die Berliner Technowurzeln und Clubszene hinaus entwickelt haben von der Auslegung her. Jetzt sagen wir, wir sind ein Label, das Szenen unterstützt. Wir mögen den Gedanken, dass wir Leute aus verschiedenen Szenen und Subkulturen bekleiden können, wir sind Designer, deshalb ist unser Hauptjob halt Leute bekleiden."
Das patentierte PVC-Lackleder kombiniert das Design-Kollektiv mit klassischen Schnitten, beschreibt Dörner:
"Die Bomberjacken waren ja schon sehr futuristisch, in der Hinsicht, dass es ja so future-future war. Heutzutage ist es viel von der Integration von älteren stilistischen Elementen mit neuen Materialien und dadurch den Diskurs zusammenzubinden. Ein Auge auf die Zukunft, ein Auge auf die Vergangenheit, um Leute auch nicht total zu überfordern."
In der aktuellen Kollektion für Herbst und Winter 2020 und 2021 gibt es eine vegane schwarzweiße Lacklederjacke, mit klassisch geradem Schnitt wie in den 1950er-Jahren. Das Kernstück ist ein langer Militärmantel aus weißem PVC-Lackleder, der wie eine edle, futuristische Uniform aussieht.
Die Musikszene aus L.A. wurde aufmerksam
Max arbeitet seit 15 Jahren in der Mode und hat sein Handwerk bei dem japanischen Kultlabel Commes de Garçons gelernt. Er hat Business of Design, Anthropologie und Zukunftsforschung in Berlin studiert. Seine Kreativ-Partnerin Lea Roth hat ihren Master in Strategic Design gemacht. Seit drei Jahren entwickeln sie zusammen immer wieder neue Styles, mit denen sie einen Nerv bei prominenten Musikerinnen und Musikern aus Los Angeles treffen.
"Wir haben uns Saison für Saison entwickelt. Wir haben jetzt auch Projekte mit Beyoncé, Alicia Keys und ein paar anderen größeren Stars. Wir haben nie versucht, uns groß zu verkaufen. Wir haben nie versucht, die Firma unnatürlich zu entwickeln nur durch Geld und durch Marketing. Sondern eher durch ein gutes Produkt und die Verbindungen, die wir aufgebaut haben, über die Jahre."
Mit dem Showroom Lush in Los Angeles haben sie einen Partner gefunden, der ihnen Kontakte zu prominenten Musikern verschafft, die sich einen neuen Style für die Bühne oder ihren Videodreh von Last Heirs verpassen lassen wollen. Darunter sind vor allem Hip-Hopper, wie der angesagte Musiker K Camp. In seinem Video zum Song "Lottery" trägt er die berühmte knallrote Bomberjacke von Last Heirs.
Das Design-Kollektiv empfindet sich als eine große Familie, alle die Last Heirs tragen, gehören dazu. Die uniformartigen Kleider sollen helfen, sich wichtig zu fühlen. Die Trägerinnen der Bomberjacken zum Beispiel werden zu den letzten Erben, die noch etwas bewegen können, meint Designerin Lea Roth:
"Ja genau, das soll dieser Name auch sein. Jeder Moment, jedes Mal, jeder Tag ist dafür da, noch einmal etwas zu verändern, sich darüber Gedanken zu machen, wie man sein möchte, dafür da, wie man die Welt um sich herum haben will, oder wie man mit den Menschen sein will, die man um sich herum hat. Genau das soll die Marke auch sein."
Luxusmarke als Medium nutzen
Ihre politischen Botschaften haben die Last-Heirs-Designerinnen auf T-Shirts drucken lassen, sagt Max Dörner:
"Vor 30 Jahren ist die Mauer gefallen, und immer noch versuchen überall in der Welt Menschen andere auszuschließen. Eben die Fragen, die wir uns im liberalen Berlin stellen über die Menschheit."
Deswegen auch veganes Leder als Material. Das Design-Kollektiv Last Heirs möchte gerne mit ihrer Mode die Welt verändern - oder wenigstens zum Nachdenken anregen.
"Eine Luxusmarke auch mal als Medium benutzen, was Courage erfordert, wo sich die meisten Marken Sorge machen, dass sie anstoßen könnten. Frag mal Fendi oder Prada, ob sie sich gerne politisch aus dem Fenster lehnen - tendenziell nicht!"
Zu sehen sein wird die neue Kollektion im Kraftwerk bei der kommenden Fashionweek in Berlin im Januar. Bis dahin wird sicherlich noch viel passieren, Max Dörner ist gut vernetzt, sogar Elon Musk von Tesla zählt er zu seinen Freunden.