Fototermin auf der Ehrentribüne des Berliner Olympiastadions. Zwei Dutzend Medienvertreter rangeln um die besten Bilder. Und verbreiten einen Hauch von olympischem Fieber. Soeben hat der Berliner Senat der Führungsspitze des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sein Bewerbungskonzept für die Spiele vorgestellt. Jetzt streicht der Regierende Bürgermeister Michael Müller die Kernpunkte noch einmal heraus.
"Dass wir den IOC-Reformgedanken sehr ernst nehmen, was die Nachhaltigkeit anbelangt, die Dezentralität, dass wir bestehende Infrastruktur ja auch nutzen wollen, ertüchtigen wollen, und dass wir darauf aufbauend uns auch weiter entwickeln wollen so, dass wir dann auch wirklich hervorragende olympische und paralympische Spiele 2024 in Berlin ausrichten können."
DOSB-Präsident Alfons Hörmann strahlt. Berlin habe deutlich gemacht, dass sein Slogan "Wir wollen die Spiele" mehr ist als nur ein plakatives Bekenntnis: "Nach dem, was wir in den letzten eineinhalb Stunden hier diskutiert haben, gehört haben, sind wir fest davon überzeugt, dass das, was im Bewerbungskonzept Berlins dargestellt war, in der Praxis so auch umsetzbar ist."
Die Stadtführung will die Spiele
Die Senatssitzung an historischem Ort zeigt: Die politischen Verantwortlichen der Hauptstadt sind für Olympia entflammt. Wo, wenn nicht in Berlin, sagen sie, könnten demokratische und weltoffene Spiele stattfinden. Die Opposition ist davon gar nicht überzeugt. Gabriele Hiller, sportpolitische Sprecherin der Linken.
"Ich glaube nicht, dass Berlin die Olympischen Spiele retten muss, es gibt genug Bewerberstädte für Olympische Spiele, und Berlin hat so viele Probleme gegenwärtig zu lösen, dass eine Bewerbung für die Olympischen Spiele von dieser Problemlösung ablenken würde."
"Wenn ich mir die Situation der Stadt anschaue, frage ich umgekehrt immer: kann es sich Berlin leisten, sich nicht für Olympische Spiele zu bewerben?", sagt dagegen Sportsenator Frank Henkel. Er sieht Olympia als riesige Chance für die Stadt. Wohnungsbau, Wirtschaft und Arbeitsmarkt würden profitieren, Sportstätten und Schuleinrichtungen viel schneller saniert. Das wäre schön, findet der junge Berliner Loris:
"Also auf der einen Seite finde ich es natürlich gut, weil: dadurch sieht man auch mal die ganzen Weltstars und dafür wird Berlin auch bekannt, bekommt natürlich sehr viel Einnahmen, und auf der anderen Seite: woher soll das Geld kommen für den ganzen Olympiapark, weil: sie haben dann auch noch andere Projekte in Berlin zu bauen." Auch Atina kann sich nicht so richtig entscheiden: "Ich bin eigentlich dafür und auch dagegen: dagegen ist: wegen der ganzen Kosten und dafür ist: dass man halt das Image aufbessern könnte oder auch wieder mehr Ansehen bekommt."
Die Bevölkerung ist geteilter Meinung
Die Stimmung in der Bevölkerung ist gespalten. Ein konstruktiver Dialog findet kaum statt. Das erste öffentliche Bürger-Forum, zu dem 250 interessierte Berliner kommen, wird von zwanzig Olympiagegnern nieder gebrüllt.
"Also ich finde die Veranstaltung eine Unverschämtheit, das ist eine Farce, ich finde das total richtig, dass es hier gestört wird, das ist eine Werbeveranstaltung für die Olympischen Spiele, ich bin absolut dagegen, in allen Städten, wo bisher Olympische Spiele ausgerichtet wurden, ist es stark bergab gegangen, das wollen wir alles nicht in Berlin", sagt eine Olympia-Kritikerin. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller dagegen gibt sich gelassen: "Es gibt eine kritische Diskussion, aber noch mal: die gibt es in jeder Stadt zu jedem Projekt. Und damit muss sich Politik offen und offensiv auseinandersetzen."
Michael Müller hofft, dass die Werbekampagne der vergangenen Wochen Früchte trägt. "Wir wollen die Spiele" lautet der Slogan. Überall im Stadtbild ist er zu sehen, sogar auf dem Brandenburger Tor, als Lichtprojektion in der Nacht. Doch nicht alles gelingt: der Flash-Mob für Olympia, ein spontaner Menschenauflauf am Flughafen Tegel, muss wegen Sicherheitsbedenken abgesagt werden.
"Berlin braucht eine neue Vision. Und Olympia ist eine neue Vision", sagt Kaweh Niroomand, einer der größten Befürworter der Spiele. Er ist Sprecher der sechs Berliner Profiklubs und sitzt in der Leitungsgruppe des Senats. Natürlich würde eine echte Vorzeigefigur gut tun, sagt er, jemand, der prominent ist und sich offensiv für Berlin einsetzt. Aber er ist überzeugt: die Berliner kriegen es auch allein hin: "Berlin hat alle Voraussetzungen: Verkehr, Tourismus, Sportstätten, die sind in Berlin zum größten Teil schon olympiatauglich. Wir können die Berliner Spiele kreieren, und das ist genau der Reiz an dieser Geschichte".
Ob die Berliner die Spiele wirklich wollen, entscheidet sich erst im September. Dann werden sie an die Wahlurnen gebeten, um über eine mögliche Olympia-Bewerbung ihrer Stadt abzustimmen. Vorausgesetzt, der DOSB sagt Ja zu Berlin.