"Spekulanten der Welt, schaut auf diese Stadt" titelte gestern die linksalternative taz. Der bundesweit erste und einzige Mietendeckel könne Modell sein für eine gerechtere Verteilung von Wohnraum – so sehen es die Befürworter, allen voran Berlins linke Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher. Sie sagt:
"Das ist aus unserer Sicht ein geeigneter Weg, um eine Entwicklung in Berlin zu ermöglichen, die weiterhin die sozial gemischte Stadt ermöglicht, die Gentrifizierung etwas entgegensetzt, und die auch sicherstellen soll, dass Menschen nicht in die existenzielle Lage kommen, Angst zu haben, ihr Dach über dem Kopf zu verlieren."
Wie soll der Mietendeckel nun funktionieren? Rückwirkend zum 18. Juni werden die Mieten von 1,5 Millionen Berliner Wohnungen eingefroren. Und nicht nur das – ab Herbst nächsten Jahres sollen Mieterinnen und Mieter auf Antrag ihre Miete absenken können. Und zwar überall dort, wo diese exorbitant hoch ist. All das gilt nicht für Neubauwohnungen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach der Einigung von Rot-Rot-Grün am Freitagabend:
"Wir beschreiten wirklich Neuland mit dem, auf das wir uns jetzt geeinigt haben. Viele andere reden darüber, in vielen anderen Städten, nicht nur in Deutschland. Wir machen es jetzt und sagen, alles das, was wir bisher an gesetzlichen Möglichkeiten haben, um die Mieten zu regulieren, zu dämpfen, ist gut und richtig, es gibt kein Instrument, das wir nicht anwenden in Berlin, aber wir werden darüber hinausgehen."
Investoren sind zurückhaltend
Der Mieterverein freut sich über das Gesetz, die Opposition läuft Sturm dagegen, sieht Berlin auf dem Weg zurück in den Staatssozialismus. Die Wirtschaft ist verunsichert, Bauunternehmen bekommen bereits jetzt die Zurückhaltung von Investoren zu spüren, erste Aufträge werden storniert. Joachim Meder, Geschäftsführer einer 50-köpfigen Dachausbau-Firma:
"Ich habe derzeit keinen Auftrag. Ganz ehrlich. Normalerweise habe ich aufgrund der Bausituation, die wir hatten, mindestens einen Vorlauf von 1-2 Millionen, und ich weiß im Moment noch nicht, was ich ab 1.1.2020 mache."
Daran sei allein der Mietendeckel schuld, ist der Bauunternehmer überzeugt. 13.300 Bau- und Wohnungsunternehmen haben gestern einen offenen Brief an den Senat übergeben.
Der Tenor: der Mietendeckel sei eine fatale Fehlentscheidung, die Arbeitsplätze kosten werde. Maren Kern, Vorstand des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen:
"Nach unserer Auffassung ist er verfassungswidrig und bestraft die sozial verantwortlichen Vermieter Berlins."
Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hat bereits Klage gegen den Mietendeckel angedroht. Man werde bis vor das Bundesverfassungsgesetz ziehen, das Recht auf Eigentum werde eklatant verletzt. Heute wird der Berliner Senat das bundesweit einzigartige Gesetz zum Mietendeckel beschließen.