Der Berliner Fatih K. ist heute zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung Junud al-Sham, was übersetzt so viel bedeutet wie Soldaten Syriens.
Das Urteil kam nicht überraschend. Zum einen weil Fatih K. bereits früher einmal für die finanzielle Unterstützung der Islamisten Organisation Deutsche Taliban Mudschahedin verurteilt worden war. Damals hatte er vor Gericht seine Abkehr von der extremistischen Ideologie beteuert, sich aber kurz nach seiner Haftentlassung unter Verstoß gegen sein Ausreiseverbot gleich wieder einer ähnlichen radikalen Organisation nämlich Junud al-Sham in Syrien angeschlossen.
Fatih K. legte Geständnis ab
Außerdem waren vor Kurzem in der Gefängnis-Zelle des 36-jährigen Mobiltelefone sichergestellt worden, an sich schon verboten, die aber auch noch dschihadistisches Bildmaterial mit brutalen gewaltverherrlichenden Szenen enthielten. Maßgeblich für das Urteil heute so Gerichtssprecher Tobias Kähne war aber das Geständnis des Angeklagten, das dieser erst nach mehreren Monaten Prozessdauer und nach der Verurteilung seines ehemaligen Mitangeklagten ablegte.
"Das Urteil ist so begründet worden, dass das Gericht die vorgeworfenen Umstände als erwiesen angesehen hat, weil der Angeklagte die Tatsachen eingeräumt hat. Der Angeklagte soll eine militärische Ausbildung durchlaufen haben, soll auch bereit gewesen sein, sich an Kampfeinsätzen zu beteiligen, und er hat nach den Feststellungen des Gerichts Aufnahmen gefertigt, die als Propagandaaufnahmen möglicherweise geplant waren."
Gruppierung will den Sturz des Assad-Regimes
Das Gericht resümierte, dass Fatih K. 2013 mehrere Wochen in Syrien verbracht – teilweise in Begleitung seiner damals siebenköpfigen Familie - und sich dort der Organisation Junud al-Sham angeschlossen habe. Diese Gruppierung, die auf etwa 400 Kämpfer geschätzt wird, strebt den Sturz der Regierung Assad an und möchte in Syrien einen Scharia-Staat errichten und den Dschihad in den Kaukasus ausdehnen. Sie wird von tschetschenischen Anführern gelenkt und geht punktuell Bündnisse mit bekannteren Gruppierungen wie der Nusra-Front ein.
Das Argument der Verteidigung Junud al-Sham sei in Syrien völlig unbedeutend denunzierte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer als reine Prozesstaktik. Dasselbe gelte für das Geständnis von Fatih K., der beispielsweise eingeräumt hatte, in Syrien eine Kalaschnikow geschenkt und auch die Handhabung erklärt bekommen zu haben. Die Staatsanwälte forderten sechseinhalb Jahre Haft für den Angeklagten und betonten es habe bei ihm nie ein Gesinnungswandel stattgefunden. Fatihs Verteidiger Tarig Elobied begründet das späte Geständnis seines Mandanten so:
"Das Geständnis kam deshalb spät, weil ja bisher die Verteidigungslinie die war, dass es auf einen Freispruch hinauslaufen sollte. Die Beweisaufnahme hat sich möglicherweise auch zuungunsten unserer Seite geändert, aber es war letztlich so: Wir haben noch Beweisanträge gestellt, das Verfahren wäre noch monatelang weiter so gegangen und das wollte der Angeklagte einfach nicht."
Kontakt zum Berliner Rapper Denis "Deso Dogg" Cuspert
Zu den Beweismitteln in dem Prozess gehörten unter anderem zahlreiche Fotos und Videos, oft von Fatih K. selbst aufgenommen sowie Protokolle der Telekommunikationsüberwachung seines Umfeldes. Fatih K. hatte in Syrien auch engen Kontakt zu Denis Cuspert, dem ehemaligen Berliner Rapper "Deso Dogg", der sich ebenfalls Junud al-Sham angeschlossen hatte. Mehrere von Fatih K. aufgenommene Bilder und Videos zeigen Cuspert als Kämpfer in Syrien, auch in Szenen, in denen dieser gegnerische Kriegstote mit verächtlichen Worten wie "ekliger Ungläubiger" diffamiert. Solches Material sei zu Propagandazwecken im Internet aufgenommen, dann dort aber doch nicht veröffentlicht worden hieß es heute in der Urteilsbegründung. Es gäbe aber Hinweise, dass Fatih K. möglicherweise Denis Cuspert von einer Leichenschändung abgehalten habe, das spreche für ihn. Ebenfalls strafmildernd veranschlagte das Gericht, dass Junud al-Sham eine kleine Organisation ist, die nur leichte Waffen benutzt und dass Fatih K. mit seinem Geständnis eine weitere lange Prozessdauer mit Zeugenladungen aus dem Ausland unnötig gemacht habe. Auch dass er von seiner Frau und den sieben Kindern durch die andauernde Untersuchungshaft so lange getrennt war, hielt man ihm zugute.
Angeklagter akzeptiert das Urteil
Fatih K. nahm das Urteil und die Begründung des Richters in seinem gläsernen Sicherheitsseparee entspannt auf. Immer wieder lächelte der in Berlin geborene Sohn türkischer Eltern zu den Ausführungen des Richters, teilweise spöttisch. Einige bärtige junge Männer, die in den Besucherreihen Platz nahmen strahlte er dagegen an und nickte ihnen freudig zu. Der Verteidiger kündigte nach dem Prozess an, sein Mandant werde das Urteil akzeptieren und nicht in Revision gehen. Was dessen Ehefrau von all dem hält, ließ sich nicht klären, denn die deutsche Islam-Konvertitin saß komplett verhüllt im Gerichtssaal, trug außer einem Gesichtsschleier sogar Handschuhe und wollte sich nicht äußern.