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Bernie Ecclestone im Visier der Ermittler

In Hockenheim wird am Sonntag die Formel 1 gastieren. Ihr Chef, Bernie Ecclestone, wird vermutlich auch an der Rennstecke stehen, denn noch wird es vermutlich nicht zu einer Verhaftung kommen. Aber viele Insider sind sich einig: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er angeklagt wird - und dann vom Thron der Fomel 1 stürzt.

Von Heinz Peter Kreuzer und Peter Kveton |
    Silverstone vor zwei Wochen: Großer Preis von England. Kommentatoren wie Zuschauer sind fasziniert vom Duell Fernando Alonso gegen Mark Webber. Hockenheim am kommenden Sonntag: Deutschland Grand Prix. Titelverteidiger Sebastian Vettel hofft auf seinen ersten Heimsieg. 2006 raste am Hockenheimring mit Rekordweltmeister Michael Schumacher zum letzten Mal ein Deutscher als Sieger über die Ziellinie. 60.000 bis 70.000 Besucher werden an der Rennstrecke am Rande Baden-Württembergs erwartet; eine halbe Milliarde Menschen werden weltweit vor den Bildschirmen sitzen.

    Der Formel-1-Zirkus macht Station auf deutschem Boden. Es ist das zehnte Rennen der Saison. Und der Titelkampf ist so offen wie noch nie: Alonso, Webber und Vettel liegen in der Fahrerwertung bislang dicht beieinander. Das Rennen verspricht also spannend zu werden. Ob auch das Gesicht der Formel 1 an der Rennstrecke weilt? Das ist eine ebenso spannende Frage. Wird Charles Bernard - genannt Bernie - Ecclestone nach Deutschland kommen?

    Der Formel-1-Chef wird der Bestechung verdächtigt. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt seit Monaten gegen den 81-jährigen. Er soll Gerhard Gribkowsky, ein früheres Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank, mit 44 Millionen US-Dollar geschmiert haben. Ob gegen Ecclestone tatsächlich Anklage erhoben wird, ob am Hockenheimring vielleicht sogar die Handschellen klicken, ist noch nicht entschieden.

    "Ich bin nicht sein Anwalt und deswegen weiß ich natürlich auch nicht, wie die Vorstellungswelt von Herrn Ecclestone ist. Ich gehe davon aus, kenne ihn nicht näher. Aber ich denke, dass er seinen Worten Taten folgen lässt und kommen wird."

    Bernie Ecclestone wird sich den Großen Preis von Deutschland nicht entgehen lassen, glaubt Daniel Amelung, der Verteidiger von Gerhard Gribkowsky. Doch das könnte durchaus riskant sein, denn Amelungs Mandant ist zu 8,5 Jahren Gefängnis verurteilt worden - wegen Untreue zu Lasten der BayernLB, wegen Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit. Das Münchener Landgericht sah es als erwiesen an, dass sich der einstige Bankvorstand für den Verkauf von Formel-1-Anteilen belohnen ließ – mutmaßlich von Ecclestone.

    Bernie Ecclestone: "When any sports goes into a country, it respects a law of the country."
    Der nur 158 Zentimeter große, schmächtige Brite mit der leisen Stimme, den strohweißen Haaren und der runden Brille regiert die Königsklasse des Motorsports seit 40 Jahren. Als Cheforganisator handelt er nicht nur die Verträge mit den derzeit zwölf Formel-1-Teams aus. Er bestimmt auch die Gespräche mit Rennveranstaltern und Sponsoren. Und er diktiert Fernsehsendern in aller Welt den Preis für die Übertragungsrechte. Die Formel 1 hat ihn reich gemacht, sein Vermögen wird auf 3,9 Milliarden Euro geschätzt.

    Ein steiler Aufstieg für den Sohn eines armen, englischen Fischers, der wohl schon als Kind ein Händchen für profitable Geschäfte hatte. So wird erzählt, dass er als Schüler Kekse aufkaufte, die er mit einem Preisaufschlag von 25 Prozent auf dem Schulhof verhökerte. Später kam er als Auto- und Immobilienhändler schnell zu Geld. Er liebte schnelle Autos, fuhr in seiner Freizeit ein paar Rennen und kaufte sich in den 1970er-Jahren in den Rennstall Brabham ein. Damals verhandelte noch jedes Team in Eigenregie mit Veranstaltern. Ecclestone erkannte dieses Vakuum, er erfand die Zentralvermarktung und handelt seitdem im Namen aller Formel-1-Teams Verträge aus. Der Internationale Automobilverband FIA spielt mit, die Rennställe verdienen gut und der Brite gilt als der mächtigste Mann in der Welt des Motorsports. Bis heute hängt ihm das Image eines Impressarios an. Sein Motto: "Erst unabhängig werden, dann reich und danach ehrlich."

    "Bernie Ecclestone ist ein Mensch, der sich nur für eins interessiert in seinem Leben: das Geschäft mit der Formel 1. Und alles andere spielt in seinem Leben mehr als eine untergeordnete Rolle, also eigentlich keine."

    Sagt Anno Hecker, Motorsportexperte bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seit dem Jahr 2004 werden Rennen beispielsweise in China und Bahrain ausgetragen. Wegen der Verhandlungen mit den dortigen Machthabern musste er viel öffentliche Kritik einstecken. Denn bei diesen Gesprächen wurden Themen wie Menschenrechte als hinderlich ausgeklammert.

    Bernie Ecclestone kann sich vieles erlauben. Die Fans der Formel 1 nehmen die Eskapaden des Chefvermarkters einfach hin. Und auch die Teams – hinter denen immerhin Automobilkonzerne wie Fiat, Daimler oder Renault stehen - halten sich mit öffentlicher Kritik am mächtigen Briten auffallend zurück. Geld regiert die Welt, nach diesem Motto scheint der Formel-1-Boss zu handeln. In Motorsportkreisen kursiert zum Beispiel das Gerücht, er soll im Mai 2007 in Spanien damit gedroht haben, den neuen Stadtkurs von Valencia wieder zu kippen - falls die konservative Partei Partido Popular die bevorstehende Regionalwahl nicht gewinnt. Ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht: Viele trauen Ecclestone Drohungen dieser Art zu.

    Ecclestone scheint mit Geld nur so um sich zu werfen. Manche Kenner der Szene behaupten sogar, er erkaufe sich Entscheidungen und schrecke auch vor Bestechung nicht zurück. Diesen Verdacht hegt auch die Münchener Staatsanwaltschaft. Im vergangenen November wurde am dortigen Landgericht der Prozesse gegen Gerhard Gribkowsky eröffnet. Warum nur gegen den einstigen Bankvorstand und nicht auch gegen Ecclestone, hatte einen simplen Grund, wie die damalige Sprecherin der Münchner Staatsanwaltschaft, Barbara Stockinger, erklärte:

    "Weil hier ein Angeklagter in Haft sitzt. Laut Bundesverfassungsgericht muss hier beschleunigt verfahren werden. Die Anklage ist bereits zugelassen. In dem Parallelverfahren ist man noch nicht so weit."

    Klaus Ott von der Süddeutschen Zeitung recherchierte im Fall Gribkowsky besonders engagiert. Wie viele Journalisten war er lange mit dem Skandal um das milliardenteure Desaster der BayernLB beim Kauf der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria beschäftigt. Dem Deal mit den Anteilen der bayerischen Landesbank an der Formel 1 kam er eher zufällig auf die Spur.
    "Es gab den Verdacht, dass der Kauf der Hypo Alpe Adria durch Bayerns Landesbank mit Hilfe von Schmiergeld bewerkstelligt worden sei. Wir sind der Frage nachgegangen, ob es bei den damaligen Vorständen der BayernLB irgendein unentdecktes Vermögen gibt und bei diesen Recherchen sind wir auf das versteckte Vermögen des ehemaligen Risikovorstand Gerhard Gribkowsky in Österreich gestoßen. In einer Privatstiftung in Höhe von 25 Millionen Euro."

    "Sonnenschein", der Name der Stiftung klang unverfänglich. Ihr Hauptzweck war die finanzielle Versorgung des Stifters Gribkowsky. Der Journalist konfrontierte den Bankmanager mit seiner Entdeckung - damals immer noch mit der festen Überzeugung, dass die Stiftungsgelder mit dem Kauf der Kärntner Hypo Alpe Adria zu tun haben müssen. Klaus Ott veröffentlichte seine Recherche und Gribkosky plauderte bei der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Peter Preuß:

    "Diesen Verdacht wollte Herr Gribkowsky offenbar entgegentreten. Er kam dann auch zu einem Gespräch und schilderte dort, dass das Geld für die Stiftung er in Wirklichkeit für die Beraterleistung, die er im Zusammenhang mit dem Verkauf von Anteilen der BayernLB an der Fomel-1-Anteile erhalten hätte."

    Nun wurden auch die Staatsanwälte hellhörig: Denn es handelte sich um lukrative Vermarktungsrechte an der Formel 1, die die BayernLB aus der Insolvenzmasse des Medienunternehmers Leo Kirch erhalten hatte. Gribkowsky war damals der Risikovorstand des Geldinstituts und für die Verwertung des milliardenschweren Paketes zuständig. Käufer war der britische Investor CVC. Ein Unternehmen, das Ecclestone als Statthalter in der Formel 1 regieren lässt. 2005 ging der Deal über die Bühne, wofür Gribkowsky von Ecclestone ein Beraterhonorar kassiert haben will. Kein Honorar, sondern Schmiergeld, war sich die Staatsanwaltschaft sicher und klagte ihn an. Gribkowskys-Anwalt Rainer Brüssow lobte zu Prozessbeginn im vergangenen November den eingefädelten Deal:

    "Sie haben ein notleidendes Investment – die Bayerische Landesbank hat nichts mit der Formel 1 zu tun – das haben sie fest für eine Milliarde Euro verkauft. Eigentlich müsste man Herrn Gribkowsky ein Denkmal stellen, anstatt dass er hier auf der Anklagebank sitzen müsste."

    Gerhard Gribkowsky wurden Steuerhinterziehung, Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen – jeweils in einem besonders schweren Fall; insgesamt drohten ihm bis zu 15 Jahre Haft. Sein Anwalt Brüssow versuchte vor Gericht, das Schmiergeld in Höhe von 44 Millionen US-Dollar noch zu relativieren:

    "Für Otto-Normalverbraucher handelt es sich um eine unvorstellbar große Summe. Aber in diesem Rennzirkus scheint das normal zu sein, dass eine solche Summe gezahlt wird."

    Der Angeklagte schwieg lange zu den Vorwürfen – ganz anders als Bernie Ecclestone. Dutzende Kameras begleiteten den kleinen Mann auf seinem Weg in den Gerichtssaal, wo er – als Zeuge wohlgemerkt - die Millionenzahlungen an Gribkowsky einräumte. Wofür, möchte das Gericht wissen? Als Schweigegeld, antwortete Ecclestone und präsentierte eine etwas diffuse Geschichte, wonach er vom Banker wegen einer Steuergeschichte unter Druck gesetzt worden sei. Auf den Gängen des Gerichts versuchte später auch sein Anwalt Sven Thomas zu erklären, warum sich sein Mandat von Gribkowsky bedroht fühlte, ohne konkret erpresst worden zu sein:

    "Er steht ja nicht da und sagt ich brauche Geld, andererseits mache ich das oder das. Sondern er hat durchaus vermittelt, dass, wenn kein Geld bezahlt wird, es auch zu Konsequenzen kommen kann, die sich im Bereich von zwei Milliarden abspielen. Und da kann man nur sagen, vielleicht war das Risiko begrenzt. Aber andererseits, wenn sich das realisiert hätte, wäre es zu einer Katastrophe gekommen."

    Zur Katastrophe für Ecclestone, der befürchtet haben will, dass ihn der deutsche Banker bei den britischen Behörden wegen Steuerhinterziehung anschwärzen könnte. Gribkowsky-Verteidiger Daniel Amelung jedoch wollte diese Story nicht so recht glauben.

    Als am Münchner Landgericht die Beweisaufnahme abgeschlossen und die Plädoyers bereits terminiert waren, wurde Gribkowsky plötzlich klar, dass ihm eine hohe Gefängnisstrafe drohen könnte, weshalb er im Juni schließlich auspackte: Ja, es war Schmiergeld, gestand er. Kassiert von Bernie Ecclestone, damit CVC den Zuschlag für die Formel 1 erhält. Ecclestone, in der Branche als Geizhals verschrien, musste dafür noch nicht einmal in die eigene Tasche greifen: Er hat für den Formel-1-Deal eine Vermittlerprovision von der Landesbank kassiert, die er einfach an deren Angestellten Gribkowsky weiterleitete. 8,5 Jahre Gefängnis lautete Ende Juni das Urteil, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist.

    Für Bernie Ecclestone könnte es nun eng werden: denn wo ein Bestochener, da ein Bestecher. Und dennoch glaubt Gribkowsky-Anwalt Amelung nicht, dass der Formel-1-Chef am Wochenende am Hockenheimring verhaftet wird. Dafür müsste die Anklage schon bombensicher sein, so Amelung wörtlich:

    "Weil wenn man ihn nun inhaftieren würde, vielleicht sogar über längere Zeit, und er würde am Ende freigesprochen werden, dann würden extrem hohe Schadensersatzforderungen auf den Freistaat Bayern zukommen. Und da hat man wohl noch mal innegehalten und das so scharfe Schwert der Staatsanwaltschaft, wenn man es schon gezückt hat, eben wieder in die Scheide gesteckt."

    Peter Preuß von der Münchener Staatsanwaltschaft will die Behauptung des Anwalts nicht kommentieren. Nur soviel gibt er preis: Die Ermittler sind noch an Ecclestone dran.

    Klaus Ott, Journalist bei der Süddeutschen, gibt sich gelassen. Bernie Ecclestone wird sich eines Tages vor einem Gericht verantworten müssen, da ist er sich sicher:

    "Jetzt ist aus meiner Sicht Ecclestone reif für einen Prozess. Allerdings ist die Sache juristisch nicht so einfach, da er britischer Staatsbürger ist. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Münchener Staatsanwaltschaft nichts unversucht lassen wird, Bernie Ecclestone jetzt hinzubringen, wo er hingehört, nämlich vor Gericht."

    Dann wird er auch als Formel-1-Chef abtreten müssen. Spätestens dann ist es Zeit für seinen Abschied, glaubt auch Anno Hecker von der FAZ. Diese Meinung herrsche auch bei den zwölf Formel-1-Teams vor; auch wenn die sie öffentlich nicht kommunizieren.

    "Also, ich behaupte an dieser Stelle, dass viele Teamchefs in der Formel 1 erstens nicht das sagen, was sie im Moment denken. Und ich behaupte zudem, dass sie auch denken, es müsste ein Wechsel kommen."

    Denn vielen in der Szene ist der geschäftstüchtige Ecclestone schon lange viel zu mächtig. Um sich hat der 81-Jährige ein schier undurchschaubares Imperium aufgebaut: Investmentfirmen wie QVC Capital Partners, Blackrock, Norges, Waddel & Reed und Bambino sind Anteilseigner der Formel-1–Holding, an der Ecclestone wiederum mit 5,3 Prozent beteiligt ist. Durchschnittlicher Gewinn der Holding: 500 Millionen US-Dollar pro Jahr. Auch bei 15 Untergesellschaften dieser Holding, alle mit Sitz in Steuerparadiesen, zieht der Brite die Fäden.

    Eigentlich funktioniert Ecclestones System ganz simpel: Die wichtigsten Geldgeber der Formel 1 sind die Betreiber der Rennstrecken. Sie müssen jährlich eine Gebühr an die Formel 1 entrichten. Alleine in diesem Jahr werden es etwa 29 Millionen Euro pro Strecke sein – Tendenz steigend. In einem "geheimen Börsenpapier" werden diese sogenannten Gebühren als sichere Einnahmen bezeichnet. Denn 80 Prozent der 20 Rennstrecken-Betreiber werden mit Steuergeldern subventioniert. Und auch für die Verluste der nationalen Organisatoren garantiert die öffentliche Hand.

    Auch in Deutschland ist das so. Am Nürburgring ist das Land Rheinland-Pfalz, am Hockenheimring Baden-Württemberg beteiligt. Aus diesem Grund wechseln sich Nürburgring und Hockenheimring auch bei der Austragung des Großen Preises von Deutschland ab. Der Eifelkurs soll im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro Verlust gemacht haben, während der Hockenheimring laut Geschäftsführer Georg Seiler eine schwarze Null geschrieben hat. Nachdem der Nürburgring Mitte der Woche Insolvenz beantragen musste, kann sich Seiler den Grand Prix jährlich am Hockenheimring vorstellen. Der Nachrichtenagentur dapd sagte er:

    "Sollte es wirklich so weit kommen, sehe ich durchaus eine Möglichkeit, dass die Formel 1 wieder jedes Jahr nach Hockenheim kommt. Dann müsste aber alles stimmen: die Kostenseite, der Vertrag, die Politik und vieles mehr."

    Denn das größte Problem der Veranstalter ist, dass ihnen nur der Erlös aus dem Ticketverkauf die Kassen füllt. Die lukrativen Einnahmequellen wie Fernsehrechte oder Sponsoring dagegen verbleibt bei der Formel 1 – und damit bei Ecclestones Firmengeflecht. Eine Kröte, die die Veranstalter schlucken müssen, denn der Brite kann jederzeit neue Ausrichter des Rennspektakels aus dem Hut zaubern. An der Formel 1 interessierte Länder stehen bei ihm Schlange. So sagte Streckenchef Mao Xiaohan vor der Eröffnung der Strecke in chinesischem Shanghai.

    "Die Formel 1 bedeutet viel für Shanghai und China. Als Shanghai sich darum bewarb, ging es nicht so sehr um den wirtschaftlichen Vorteil, sondern um den Einfluss. Wir wollen auf diese Weise mehr Leute nach China und insbesondere nach Shanghai ziehen, damit sie sehen, was uns in den vergangenen Jahren gelungen ist. Dies wird Shanghais kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung beschleunigen."

    Mittlerweile drehen die Formel-1-Fahrer auch in Abu Dhabi und Bahrein ihre Runden. In den kommenden Jahren sollen Strecken in Russland und Südafrika hinzukommen.

    Die große Nachfrage bei den Veranstaltern ist ein Erfolgsgeheimnis. Ecclestones taktisches Geschick ein anderes: Allianzen gegen ihn wusste er immer zu zerstören. Als sich im Jahr 2001 die Automobilkonzerne innerhalb der Formel 1 beispielsweise in einer Organisation mit dem Namen GPWC zusammenschlossen und mit einer eigenen Rennserie drohten, handelte der Brite: Mit 40 Millionen Euro kaufte er Ferrari aus der GPWC heraus. Weil eine Rennserie aber nur mit den Italienern funktioniert, war der Widerstand gegen Ecclestone gebrochen.

    In den Gesprächen um ein neues Concorde Agreements agiert er derzeit ähnlich raffiniert. Dieser Vertrag regelt unter anderem die Beziehung zwischen dem Besitzer der Vermarktungsrechte – also Ecclestone - und den Teams: Es geht vor allem um die Verteilung der Einnahmen. Auch hier hatten sich die großen Vier - Ferrari, Mercedes, Mclaren und Red Bull – gegen den Cheforganisator verbündet. Der Journalist Anno Hecker:

    "Aber dann ist Ecclestone nach dem alten Prinzip, divide et impera, teile und herrsche, vorgegangen und hat den einen oder anderen rausgebrochen, namentlich Red Bull und namentlich Ferrari. Und die haben etwas dafür bekommen, dass sie ausgebrochen sind aus dieser Einheit. Und wer rausgefallen ist aus diesem Prinzip, ist im Moment Mercedes. Denn Mercedes wird zurückgestuft, weil Ecclestone Mercedes keine besondere historische Rolle in der Formel 1 zugesteht. Was verglichen mit Red Bull, die sind seit 2005 dabei, relativ lächerlich ist."

    Weshalb Mercedes vielleicht gar nicht so traurig wäre, sollte die Münchner Staatsanwaltschaft Anklage gegen Ecclestone erheben. Denn ein Prozess wegen Bestechung würde seine Position schwächen. Spätestens dann werden wohl auch die Sponsoren reagieren. Schließlich suchen acht von zwölf Teams dringend nach neuen Geldgebern. Und ein globales Automobilunternehmen wie Daimler, zu dem der Rennstall Mercedes gehört, wird sich spätestens dann überlegen, ob sich der Konzern negative Schlagzeilen erlauben kann.

    "Aber dass die natürlich ganz genau schauen, ob sie mit jemanden verhandeln, der möglicherweise unter Anklage steht oder gar verurteilt wird, das ist sicherlich ein Thema. Und das kann eine Gefahr sein für die Formel 1, das wird übrigens auch so gesehen."

    Noch wird Charles Bernard Ecclestone nur hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Sollte der Formel-1-Boss eines Tages in München aber wirklich auf der Anklagebank sitzen, wird die Zeit wohl gekommen sein, ihn vom Thron zu stoßen.