Egal, ob in Manchester oder in Nashua: Überall in New Hampshire sieht sich "Mayor Pete" in der Rolle des Shooting-Stars. "Mayor Pete" ist Pete Buttigieg. Er nahm nach dem langen Auszählungs-Debakel in Iowa ein prächtiges Ergebnis mit nach New Hampshire und will es dort wiederholen.
Buttigieg ist gerade in Merrimack eingetroffen. Dort will er eine Rede halten. Aber das Veteranenheim der American Legion ist zu klein. Es platzt aus allen Nähten. Viele müssen draußen bleiben und warten weiter in der Kälte. Buttigieg steigt aus dem schwarzen SUV, zieht sich die Anzugjacke über und entschuldigt sich: Alle wollten ihn jetzt sehen, sagt er. Sein Team müsse sich erst noch auf den unerwarteten Ansturm einstellen. Kommt doch zu einer anderen Veranstaltung, bittet er.
Buttigieg ist 38 Jahre alt, war Bürgermeister von South Bend in Indiana und ist bekennender Schwuler. Überraschend hat er in Iowa den Favoriten des demokratischen Establishments, Joe Biden, auf Platz vier verwiesen. Biden, den ehemaligen Vizepräsidenten Obamas, hat das so getroffen, dass er jetzt gegen Buttigieg austeilt. Der kontert in der Provinzstadt Nashua vor fast zweitausend Zuhörern: Bidens Konzept, einfach zur Normalität der Obama-Zeit zurückzukehren, greife zu kurz. Und das Modell des radikalen Umbruchs von Bernie Sanders funktioniere auch nicht. Buttigieg setzt stattdessen auf Versöhnung. Auf Vermittlung. Auf den Brückenschlag zwischen den politischen Lagern.
Andere Kandidaten abgedrängt
Die demokratische Parteiführung hat Pete Buttigieg den Sieg in Iowa zugesprochen. Seither wird der Ton rauer unter den demokratischen Bewerbern. Pete Buttigieg hat jetzt nicht nur Joe Biden im eigenen, moderaten Lager gegen sich. Er hat es jetzt auch mit Bernie Sanders zu tun: Der 77-Jährige, selbst ernannte demokratische Sozialist füllt schon seit langem die Hallen und spricht vor allem junge Wähler an. Sanders sagt Trumps Milliardären den Kampf an und propagiert die Umverteilung von oben nach unten. Er verspricht einen gerechteren, sozialeren Staat. Und reklamiert im Übrigen den Sieg in Iowa für sich.
In New Hampshire führt Sanders in den Umfragen – sehr zum Leidwesen des demokratischen Partei-Establishments, das eine gnadenlose Rote-Socken-Kampagne Donald Trumps befürchten muss, falls Sanders auf der langen Vorwahl-Strecke tatsächlich das Rennen machen sollte. Doch Pete Buttigieg ist Sanders dicht auf den Fersen. Derzeit sehe alles nach einem Duell zwischen diesen beiden Männern aus, sagt Dante Scala, Politologe an der Universität von New Hampshire: Der älteste gegen den jüngsten Bewerber. Der radikalste gegen den konziliantesten. Der Linke gegen den Moderaten. Da müssten sich die Mitbewerber schon ins Abseits gedrängt fühlen, sagt Scala: Besonders Joe Biden. Aber auch die Senatorinnen Elizabeth Warren oder Amy Klobuchar.
Der eigentliche Gegner heißt Trump
Die beiden Spitzenreiter haben allerdings ganz offensichtliche Makel und Defizite, analysieren die Experten. Bernie Sanders, der in New Hampshire siegen muss, wenn er seinen Vorsprung im Kampf um die Nominierung ausbauen will, gilt vielen als zu alt und zu links. Pete Buttigieg, für den ein guter zweiter Platz schon ein weiterer Achtungserfolg wäre, halten viele für zu jung und zu unerfahren. So sehen sich die Demokraten in New Hampshire vor eine schwierige Wahl gestellt – und sind entsprechend unentschlossen. Henry ist 19 Jahre alt und sagt ziemlich abgeklärt: Es gehe ja nicht nur um die Frage, wer Donald Trump schlagen kann. Es gehe auch um einen politischen Richtungswechsel in den USA. Und um einen Generationswechsel in der demokratischen Partei.
So zerrissen, wie die gesamte US-amerikanische Gesellschaft unter Donald Trump ist, so uneins sind sich jetzt auch die Demokraten. Die Frage spaltet sie, wie Trump am besten beizukommen ist. So radikal und kompromisslos, wie Bernie Sanders das fordert. Oder so behutsam, wie Buttigieg das verspricht. Auch Kathrin ist Erstwählerin. Sie würde gerne das Eine tun und das Andere nicht lassen. In der Klimapolitik so kompromisslos wie Sanders agieren. Und beim gesellschaftlichen Brückenschlag so auf Ausgleich bedacht sein wie Buttigieg.
Noch ist alles offen in diesem Rennen um die Nominierung des demokratischen Spitzenkandidaten. Am Ende komme es nur darauf an, Donald Trump zu schlagen, sagt Cory Thinkle, der Pete Buttigieg in Nashua zugehört hat: Er werde jedem Demokraten seine Stimme geben, der es mit Donald Trump aufnimmt.