Archiv

Bertha von Suttner
Unermüdliche Kämpferin für den Weltfrieden

Die Friedensaktivistin Baronin Bertha von Suttner führte in einer militaristisch geprägten Zeit den scheinbar aussichtslosen Kampf für Abrüstung und Frieden. Dafür erhielt sie als erste Frau den Friedensnobelpreis. Am 21. Juni 1914 starb Bertha von Suttner.

Von Iris Riedel |
    Bertha von Suttner (1843-1914), undatierte Aufnahme: Die österreichische Pazifistin und Schriftstellerin regte die Stiftung des Friedensnobelpreises an, mit dem sie selbst 1905 als erste Frau ausgezeichnet wurde.
    Bertha von Suttner (1843-1914), undatierte Aufnahme: Die österreichische Pazifistin und Schriftstellerin ("Die Waffen nieder") regte die Stiftung des Friedensnobelpreises an, mit dem sie selbst 1905 als erste Frau ausgezeichnet wurde. (picture-alliance / dpa)
    "Will sie nicht annehmen wegen Aufzahlung. Nehme sie aber doch. War der Mühe wert."
    Die Depesche, die Bertha von Suttner am 1. Dezember 1905 erreichte, war ihr Triumph: Sie sollte als erste Frau den von ihrem Freund Alfred Nobel gestifteten Friedensnobelpreis erhalten. Die Auszeichnung war nicht nur die Anerkennung ihrer jahrelangen Arbeit an der Spitze der internationalen Friedensbewegung. Sie verlieh ihr auch Rückenwind für ihre so oft als naiv belächelte Forderung: Die Staaten müssten abrüsten und sich vertraglich einigen.
    "Der Mut dieser Frau ist zu bewundern, die allem Spott und Gelächter zum Trotz ihr Ideal des Weltfriedens aufrecht erhält und verficht in einer Zeit, die wie ein wahrer Hohn auf den Frieden erscheint [...]",
    schrieb 1904 das "Leipziger Tagblatt". Dabei war Bertha von Suttner der Kampf gegen die sozialen Missstände ihrer Zeit nicht in die Wiege gelegt. Geboren am 9. Juni 1843 im Palais Kinsky in Prag, wäre ein Leben in der adeligen Gesellschaft vorgezeichnet gewesen, so der Historiker Georg Hamann.
    "Die Suttner hätte ein viel einfacheres Leben haben können, hätte sie nicht so großen Wert auf ihre eigene Bildung gelegt. Bereits als junges Mädchen hat sie Bücher gelesen, die nicht als selbstverständlich in den Kanon der Literatur für eine junge Comtesse Eingang gefunden hätten."
    So begann Bertha von Suttners Karriere denn auch als Schriftstellerin. Im heutigen Georgien, wo sie nach heimlicher Eheschließung mit ihrem Mann Arthur von Suttner Zuflucht fand, hielt sie sich mit dem Schreiben von Zeitungsartikeln und Büchern über Wasser. Intensiv beschäftigte sie sich mit der Literatur des Realismus und Philosophie.
    "Das war eine Zeit, da man auch glaubte, dass das, was Charles Darwin einst über die Entwicklung der Natur sagte, dass das nun auch auf den Menschen anwendbar sei und dass alles daraufhin ausgerichtet sei - so glaubten die Suttners eben - dass auch der Mensch sich entwickeln könnte in Richtung eines ‚Edelmenschen', der - und jetzt kommt die Pointe - den Krieg nicht mehr benötigen würde."
    Warnungen vor dem "Zukunftskrieg"
    Bertha von Suttner glaubte an die Entwicklung eines Weltbürgertums jenseits des Nationalismus. Eine föderale Union der europäischen Staaten sah sie als Zwischenschritt zu einer globalen Union, die den Weltfrieden sichern sollte. Gleichzeitig warnte sie vor der verheerenden Kraft der neuen Kriegstechnik, die einen Sieg der einen oder anderen Seite ausschließe.
    "Die Selbstaufopferung weniger für viele, die mochte wohl als tugendhaft und wünschenswert erscheinen, aber die Aufopferung aller für keinen? Das wäre doch der Gipfelpunkt der Raserei."
    Ihren Durchbruch hatte sie mit ihrem 1889 veröffentlichten Roman "Die Waffen nieder!", der bis zu Erich Maria Remarques "Im Westen nichts Neues" der wichtigste Antikriegs-Roman bleiben sollte.
    "Auf den Straßen, zwischen den Feldern, in den Gräben, hinter Mauertrümmern; überall Tote [...]. Geplündert, mitunter nackt. Ebenso die Verwundeten. Diese [...] sehen fahl und zerstört aus [...] mit stierem, stumpfsinnigem Blick; oder aber unter wütenden Schmerzen sich krümmend, flehen sie jeden an, der in die Nähe kommt, dass er sie töte."
    Mit 46 Jahren und quasi über Nacht wird Bertha von Suttner zum Gesicht der gerade entstehenden internationalen Friedensbewegung. In Wien schreibt sie täglich Artikel, Aufsätze, Bücher und vor allem unzählige Briefe. Geschickt versteht sie es, Politiker und Angehörige der höheren Schichten für ihre Sache zu gewinnen. Sie gründet die Österreichische Friedensgesellschaft, wird Vizepräsidentin des Internationalen Friedensbüros, nimmt teil an den Haager Friedenskonferenzen. Beharrlich dringt sie auf die Einrichtung eines internationalen Schiedsgerichts, vor dem Konflikte friedlich gelöst werden sollten.
    "Die Missstände in der Gesellschaft sind kein Produkt unabwendbarer Naturgesetze, sondern das Produkt ungeschickter Gesellschaftseinrichtungen. Wir müssen uns eben anders einrichten."
    Bis ins hohe Alter warnt sie auf ihren Vortragsreisen vor dem "Zukunftskrieg". Ihr Mahnen ging im lauten Poltern der Mächte unter. Genau wie ihr Ruf, den sie am 21.06.1914, fünf Wochen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, auf dem Sterbebett ausstieß: "Die Waffen nieder, sagt es allen!"