Es gibt in Deutschland ein Passungsproblem: Auf der einen Seite 41.000 unbesetzte Lehrstellen, vor allem in Kleinbetrieben und im ländlichen Raum, auf der anderen Seite 20.700 junge Leute, die 2015 keine Lehrstelle fanden und leer ausgingen. Dazu kommt etwas über eine Viertelmillion Schulabgänger in den sogenannten Übergangssystemen, die in berufsvorbereitenden Kursen und unspezifizierten Weiterbildungsmaßnahmen zwischengeparkt sind, weil sie keine Lehrstelle finden – darunter viele Jugendliche mit Lernschwierigkeiten und Migrationshintergrund.
Wankas Programm der "Assistierten Ausbildung"
Hier will Bundesbildungsministerin Johanna Wanka mit der "Assistierten Ausbildung" ansetzen - ein Beratungs- und Berufseinstiegsprogramm, aufgelegt von Bund, Ländern, Industrie und Gewerkschaften für solche Jugendliche, die nicht gleich die nötigen Qualifikationen für eine Lehre mitbringen. Im ersten Jahr seien immerhin 5.000 Jugendliche erreicht worden, sagte Wanka heute bei der Vorstellung des Berufsbildungsberichts – ein erster Schritt. Um kleine und Kleinstbetriebe zu unterstützen, Nachwuchs zu finden, wurde das Programm Jobstarter aufgelegt.
"Wir haben uns im Jobstarter-Programm auch gekümmert und kümmern uns noch um die Betriebe, wo sozusagen der Eigentümer oder die Eigentümerin einen Migrationshintergrund hat – mit der Wahrnehmung, dass sie vielleicht eher noch Akzeptanz finden bei den Jugendlichen oder umgedreht, und wie versuchen, die Jugendlichen mit diesen Betrieben zusammenzubringen und zu informieren."
Flüchtlinge in Ausbildung vermitteln
Daneben will Wanka junge Flüchtlinge in Ausbildung bringen, vor allem ins Handwerk und auch in die ländlichen Regionen, wo Azubis fehlen. Die Flüchtlinge machen sich erstmals auch in der Berufsbildungsstatistik bemerkbar. Der sogenannte Übergangsbereich ist laut Bericht im Jahr 2015 um 7,2 Prozent oder um 70.000 Menschen angestiegen. Dies sei auf die Flüchtlinge zurückzuführen, so Wanka. Mit dem Handwerksverband hat sie ein Programm aufgelegt, mit dem sie 10.000 junge Flüchtlinge, vor allem auch junge Frauen, in eine Lehre vermitteln will. Generell will sie gezielt für die Attraktivität des dualen Systems werben - an Schulen und auch an Hochschulen, um Studienabbrecher zu erreichen. Die Berufswelt werde immer komplexer und viele Ausbildungsberufe seien gar nicht bekannt.
"Es ist eine Werbekampagne 'Du und deine Ausbildung, praktisch unschlagbar', um eben Akzeptanz, aber auch zu zeigen, welche interessanten Wege es gibt, was sich alles verändert hat, was wir für Ausbildungsberufe haben, und hier haben wir natürlich Plakate und diese Apps und anderes, aber vor allem eine starke Online-Präsenz der ganzen Kampagne, weil die Zielgruppe, die jungen Leute, in ganz starkem Maße dieses Medium nutzen."
Kritik von Gewerkschaften
Kritik kam von den Gewerkschaften, die der Wirtschaft eine Mitschuld am Nachwuchsmangel geben. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist weiter gesunken – das Problem sei also zum Teil hausgemacht. Die Arbeitgeber hätten 20.000 zusätzliche Lehrstellen für 2015 versprochen, am Ende waren es nur 7.300, sagte die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, sieht die Verantwortung auch in der schlechten Qualität der Ausbildung in vielen Branchen. Vor allem in der Gastronomie, die besonders unter Nachwuchsmangel leidet, seien die Arbeitsbedingungen teilweise unannehmbar. Die Arbeitgeberverbände lobten dagegen das Engagement vieler Betriebe und machten den anhaltenden Trend zum Studium für die Misere verantwortlich.