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Berufswunsch Pfarrer

Im Fach Evangelische Theologie sinken die Einschreibezahlen seit Jahren. Einige Landeskirchen fürchten bereits mittelfristig eine Überalterung der Pfarrer und einen Nachwuchsmangel in ihren Pfarreien. Schon 2008 sei die Zahl der Pensionierungen doppelt so groß wie die Zahl der Examinierten, heißt es bei der Evangelischen Kirche in Deutschland. Doch die konkrete Situation ist von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich.

Von Daniela Siebert |
    " In der Adventszeit bereiten wir uns auf den kommenden Gott vor, lassen wir uns erfüllen von den Verheißungen der Gottesgegenwart auch in unserem Leben. "

    Steffen Wegener bei der Andacht in der Berliner Gedächtniskirche. Der 28jährige hat das erste Theologie-Examen schon in der Tasche und beginnt nächstes Jahr sein Vikariat. Doch er weiß, dass das nur die halbe Miete ist: das zweite theologische Examen und eine Aufnahmeprüfung durch die Landeskirche bleiben noch als Hürden vor der endgültigen Berufung zum Pfarrer. Trotzdem ist er zuversichtlich:

    " Solange man an seinem Gottesglauben festhält, behält man auch seinen Optimismus. Ich denke schon dass das was werden kann, die Chancen sind relativ hoch dafür. "

    Jetzt sei der perfekte Zeitpunkt, um mit dem Theologiestudium anzufangen sagt Joachim Muhs, der Personaldezernent der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche. Denn dann würde man ziemlich genau 2016 fertig und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem er in seinem Zuständigkeitsgebiet mit Nachwuchsmangel rechnet. Ein festes Versprechen für einen Job ist aber auch das nicht, denn schließlich wird in Berlin im so genannten Aufnahmeverfahren ganz am Ende der Ausbildung noch die persönliche Eignung der angehenden Pfarrer getestet. In diesem Jahr stehen 14 Bewerber für 12 Stellen zur Auswahl, sagt Muhs:

    " Die Kriterien sind im Gegensatz zu der Befähigung, die durch die theologischen Prüfungen festgestellt wird, die Eignung, d.h. im wesentlichen die kommunikative Eignung, die Eignung zum persönliches Zeugnis, zu einer missionarische Ausrichtung der theologischen Kenntnisse, zu Umgang mit Menschen, zu der Fähigkeit Menschen leiten und überzeugen. "

    Wie und wann die bundesweit 23 Landeskirchen über ihre Pfarramtsanwärter entscheiden ist höchst unterschiedlich geregelt. Mal gibt es solche individuellen Aufnahmeprüfungen, mal Assessment-Center, mal nichts dergleichen, dafür besonders harte Examen wie etwa in Bayern. In einigen Gebieten wird seit Jahren weit über Bedarf ausgebildet oder es werden so viele Stellen abgebaut, dass es eben nicht für alle Interessenten reicht. Entsprechende Unsicherheit herrscht bei den Studierenden. Das betrifft auch Florian Kröhnke aus dem Raum Oldenburg. Er studiert im 6. Semester und macht gerade Zwischenprüfung:

    " Also als Student in meinem Semester sind die Signale weiterhin positiv, weil Examen erst in einigen Jahren, bei mir 2009/2010 ansteht. Dort können sie selbst noch nicht wirklich überblicken, wie die Stellensituation ist. Examinierte jetzt, denen wird schon versucht weiterzuhelfen, falls sie durchs Raster fallen, und dort wird natürlich auch versucht, einen Zugang zu anderen Landeskirchen zu erleichtern. "

    Die Zugehörigkeit zu einer Landeskirche wird durch den Ort definiert, an dem man Abitur gemacht hat. Bislang ist der Wechsel zwischen den Landeskirchen nur in Ausnahmefällen möglich. Dieses Quasi-Monopol auf die begehrten Pfarrerstellen entmündigt manche Studierende regelrecht. Jedenfalls ist Bastian Frank immer noch schockiert, wie manche seiner Kommilitonen reagierten, als er sie fragte, ob sie für diesen Bericht ein Interview geben würden:

    " Dass die gesagt haben, nee, ich habe Angst, dass das negative Auswirkungen auf meine berufliche Zukunft haben könnte. "

    Auf EKD-Ebene versucht man jetzt aber immerhin, den Pfarreranwärtern ein paar der gröbsten Steine aus dem Weg zu räumen. Die Arbeitsgruppe für "Kooperative Personalpolitik" hat dazu Empfehlungen erarbeitet. Mit dabei war der Ausbildungsreferent und Oberkirchenrat Joachim Ochel. Er fasst den Kern der Empfehlungen so zusammen:

    " dass man versucht, die landeskirchlichen Listen für alle Studierenden zu öffnen und dann auch im Vikariat und im Vorbereitungsdienst größere Öffnung zu ermöglichen. Bis hin mit dem Ziel, dass Pfarrer und Pfarrerinnen im Beruf ,dazu angeregt werden sich über die landeskirchliche n Grenzen Hinweg sich beruflich zu orientieren. "

    Eine spezielle Homepage solle außerdem verlässliche Informationen darüber bieten, welchen Pfarrer-Bedarf die einzelnen Landeskirchen in den nächsten Jahren konkret haben werden. Noch in diesem Jahr sollen die Empfehlungen der Arbeitsgruppe in der EKD beraten werden. Schon ab 2007 könnten die Änderungen dann greifen. Allerdings, so räumt Ochel ein, gebe es für die Landeskirchen keine Verpflichtung, sich an dieser Neuerung in der Personalpolitik zu beteiligen. Er erwarte aber; dass die meisten sich beteiligen würden. Viele Theologie-Studierende haben trotzdem Plan B in der Tasche. So etwa Johannes Ruschke aus Westfalen. Er bibbert für den Fall, dass er das bevorstehende Assessment Center nach dem 1. Examen nicht schafft und erwägt deshalb schon mal andere Möglichkeiten:

    " Ich habe dann die Möglichkeit in die Schweiz zu gehen, nach Amerika oder nach Norwegen. Das sind die Möglichkeiten, die ich dann noch habe. Also es sieht sehr schlecht aus. "

    Andere spekulieren gleich ganz auf Jobs jenseits von Kirchen und Gemeinden in Personalabteilungen oder in den Medien.