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Beschluss der Bundesregierung
Stalking soll leichter bestraft werden können

Bisher können Stalker nur dann belangt werden, wenn sie bei ihrem Opfer schwerwiegende Beeinträchtigungen ihres Lebens verursacht haben, etwa einen Umzug oder einen Jobwechsel. Dieses Gesetz will die Bundesregierung nun ändern. Zukünftig sollen schon Bedrohungen geahndet werden können.

Von Gudula Geuther |
    SMS mit dem Text "Ich beobachte dich"
    Stalker suchen auf verschiedenen Wegen Kontakt zu ihren Opfern. (imago / blickwinkel)
    Enttäuschte Liebe, eine Zurückweisung, die als ungerecht empfunden wird. Oder auch schlichte Projektion – das sind typische Auslöser für das Stalking. Für Telefon- oder SMS-Terror, dafür, dass der Täter sein Opfer verfolgt. "Anpirschen", so kann man das Wort Stalking übersetzen, das aus der Jägersprache kommt.
    "Stalking nimmt in Deutschland leider zu und Stalking kann Leben zerstören, nämlich das der Opfer", so Bundesjustizminister Heiko Maas.
    Mehr als 17.000 Anzeigen wegen Stalkings gingen im vergangenen Jahr bei der Polizei ein, im Jahr davor waren es 22.000. Zu Verurteilungen kommt es in etwa einem Prozent der Fälle.
    Seit 2007 ist das Stalking strafbar. Die Hürden, die das Gesetz aufstellt, sind allerdings recht hoch. Das Leben des Opfers muss durch das Stalking "schwerwiegend beeinträchtigt" werden. Die Rechtsprechung verlangt, dass das Opfer zum Beispiel kaum noch die Wohnung verlässt, oder dass es gar umzieht oder den Arbeitsplatz wechselt.
    "Das werden wir jetzt ändern", sagt der SPD-Politiker Maas. "In Zukunft reicht es aus, wenn objektiv die Bedrohungen so weit gehen, dass das Opfer zum Beispiel umziehen müsste. Es kann nicht sein, dass die Opfer ihr Leben ändern müssen, sondern die Täter."
    Linke: Gesetz ist viel zu unbestimmt
    Nicht alle begrüßen das. Katja Keul etwa, die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert, Strafrechtsverschärfungen lösten hier das Problem nicht. Das Gesetz sei viel zu unbestimmt, möglicherweise könne danach auch solches Verhalten bestraft werden, das gar nicht gemeint sei:
    "Hartnäckige Journalisten, die sozusagen mit ihren Fragen drängen – da ist dann die Frage: Ja, was ist denn jetzt geeignet und was ist nicht geeignet, die Lebensführung zu beeinträchtigen. Also das sind natürlich Dinge, die wollen wir nicht im Strafrecht wiederfinden. Aber die überlassen wir jetzt, wenn das so kommt, wie das hier vorgeschlagen wird, den Gerichten. Und das geht meines Erachtens zu weit."
    Während Opfervertreter umgekehrt fürchten, die Unbestimmtheit könnte zugunsten der Täter wirken. An anderer Stelle wird das Gesetz konkreter: Welche Handlungen als Stalking bestraft werden können, wird jetzt aufgezählt. Dazu gehört das, was Justizminister Maas nennt:
    "Stalking kann stattfinden, dass jemand körperlich bedroht wird, indem jemandem dauerhaft aufgelauert wird, dass es Telefonterror gibt, das heißt, dass man permanent angerufen wird. Es kann auch sein – und das nimmt auch zu – dass Stalker für ihre Opfer ständig Waren im Internet bestellen, die den Opfern geliefert werden, ohne dass sie sie bestellt haben."
    Broschüren der Berliner Beratungsstelle "Stop Stalking" liegen auf einem Tisch
    Die Berliner Beratungsstelle "Stop Stalking" hat Täter und Opfer im Blick. (picture alliance/dpa/Britta Pedersen)
    "Wir haben euch auf dem Schirm"
    Das begrüßt auch die Opposition, ebenso wie weitere Änderungen: In Zukunft soll der Staatsanwalt das Opfer nicht mehr auf die Privatklage verweisen können. Und: Hat der Täter einem Vergleich nach dem Gewaltschutzgesetz zugestimmt, zum Beispiel, sich dem Opfer nicht mehr zu nähern, soll der auch mit dem Strafrecht durchgesetzt werden können.
    Wolf Ortiz-Müller arbeitet in der Berliner Beratungsstelle "Stop Stalking". Er wünscht sich vor allem, dass Polizei und Gerichte die Taten ernster nehmen.
    "Ich glaube, dass man einfach den Tätern sehr schnell zeigen muss: Wir haben euch auf dem Schirm. Dass es nicht reicht, ein Opfer macht eine Strafanzeige, ein Täter geht dann zur Vernehmung und hört dann monatelang nichts. Und dann bekommt das Opfer oder der Täter ein Schreiben: Das Verfahren wurde eingestellt. Das ist eine Verhöhnung der Opfer und im Zweifel auch eine Bestätigung für den Täter", so Ortiz-Müller im Deutschlandfunk.
    Kommt es zum Urteil, bleibt die Strafdrohung wie gehabt: Von Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft.