Mitte Februar 2016: Die Ermittler der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft Freiburg betreten Neuland: Erste Durchsuchungen auf Grundlage des neuen Anti-Doping-Gesetzes im Fall des ASV Nendingen. Der Freiburger Oberstaatsanwalt Michael Mächtel sieht in den neuen Möglichkeiten "grundsätzlich etwas Positives: Wir haben dadurch die Möglichkeit, Straftaten zu verfolgen, die Sportler unmittelbar begangen haben sollen."
Eine Anzeige der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Ob die am Ende allerdings erfolgreich sind, bezweifelt Sportrechtlerin Anne Jakob: "Ob es zur Anklage kommt, das wird vom Einzelfall abhängen, aber die Frage ist, ob es zu einer Verurteilung kommt - also das sehe ich nicht."
Und das habe eher mit dem Gesetz selbst zu tun als mit den Ermittlungen. Wie die abgelaufen sind, erklärte Oberstaatsanwalt Michael Mächtel im Interview mit dem Deutschlanfunk Ende Februar so:
"Die Hinweise, die die NADA gegeben hat, waren so konkret und substanziell, dass man als Staatsanawalt sagen musste: Ja das ist eine Handhabe und verhältnismäßig, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen."
Unverhältnismäßiges Vorgehen?
Aber genau diese Verhältnismäßigkeit zweifelt Manfred Zipper an. Der Jurist vertritt einen Trainer und drei Betreuer des ASV Nendingen und hält es für überzogen, "wenn man in dem allerersten Anti-Doping-Gesetz-Fall in der BRD gleich Durchsuchungsmaßnahmen durchführt, Beschlagnahmungen durchführt, in die Intimsphäre von völlig unbeteiligten Personen eingreift."
Aber nicht nur das. Zipper will Beschwerde einreichen. Für ihn ist das gesamte Anti-Doping-Gesetz verfassungswidrig. Diese Ansicht teilt auch Sportrechtlerin Anne Jakob. Ein Grund für sie: "Es wurde ein Rechtsgut geschaffen, was unsere Verfassung nicht kennt: Fairplay im Sport. Solange der Sport nicht im Grundgesetz ist muss man sich schon fragen, wo wurde das jetzt eigentlich hergeholt? Und wenn es schon den Fairplay im Sport betrifft, warum dann nur im Spitzensport und nicht auch im Breitensport?"
Ein Gesetz nur für die 7.000 Leistungssportler im nationalen Testpool, festgelegt von der NADA und den Verbänden? Können diese Organisationen also den Anwendungsbereich eines Gesetzes bestimmen, fragen Kritiker?
Fällt das Gesetz schon bei der ersten Bewährungsprobe durch?
Außerdem laufen nach einem positiven Dopingtest nun zwei Verfahren parallel: das sportrechtliche auf der einen und das strafrechtliche auf der anderen Seite. Vor einem Sport-Schiedsgericht kann der Athlet versuchen, eine mögliche Dopingsperre zu verringern, indem er eine Aussage macht. Auf diese Aussage können nun allerdings auch die Ermittler im gleichzeitig laufenden Strafrechtsverfahren zurückgreifen. Damit werde dem Beschuldigten ein Punkt genommen, den das Strafrecht eigentlich vorsieht: die Aussage zu verweigern.
Außerdem, meint Sportrechtlerin Anne Jakob, sei es nicht strafbar, wenn ein Sportler sich durch die Einnahme von Dopingmitteln selbst gefährde: "Ich habe das Recht, mich frei zu entfalten und da gehört eben auch die Selbstgefährdung dazu. Warum das jetzt bei Athleten anders sein soll oder bei Spitzensportlern wird wohl noch zu überprüfen sein."
Und diese Überprüfung hat Rechtsanwalt Manfred Zipper für seine Mandanten vom ASV Nendingen bereits angekündigt. Offenbar keine Überraschung: "Wenn das Gesetz auf dem Prüfstand steht vor dem Bundesverfassungsgericht, dann denke ich auch, dass man danach nochmal von vorne anfangen wird."
Das Anti-Doping Gesetz: politisch gewollt als Zeichen gegen Betrug und für den fairen Wettbewerb. Ist es zu sehr mit der heißen Nadel gestrickt, löcherig und fällt schon bei der ersten Bewährungsprobe durch?