Werner Patzelt sieht eine Ähnlichkeit zwischen einem "Vertrauenwollen" – wie er es nennt vieler Deutscher zu Weltkriegszeiten zum Vertrauenwollen in die Politik Angela Merkels zu aktuellen Eurokrisen- und Migrationszeiten. Und führt in seiner Kolumne in der "Sächsischen Zeitung" weiter aus:
"Nicht an die gute Sache zu glauben, galt auch ehedem als Verrat; und solchen Unglauben gar zu bekunden, wurde bestraft als Defätismus – bis hin zur Ausgrenzung aus dem Kreis der Vernünftigen oder Anständigen. Erkennt da niemand kulturelle Kontinuität?"
Sprich: Damals glaubten manche nicht an die Regierung – und so sei es auch heute, und das werde bestraft. Karl Siegbert Rehberg, Professor für Soziologie an der TU Dresden, ist entsetzt über diese Aussage. Er sieht diese Kontinuität keineswegs. Der Unterschied sei deutlich, nämlich dass:
"Wir heute die Meinungsfreiheit verfassungsmäßig garantiert haben, und dass die, die nicht glauben, genauso ihre Stimme erheben können, wie die, die glauben. Es ist ja auch eine Verkürzung dieses Merkelschen, situationsbezogenen Satz, dass dieser Satz einen glühenden und blinden Glauben hervorrufe, wie vielleicht bei Selbstmordattentätern, wenn man mal eine andere unpassende Verknüpfung wählen will."
Und dann ist da noch das Goebbels-Zitat, das Werner Patzelt verwendet. Er schreibt zunächst, es sei "kein abscheulicher Krieg, sondern "eine an menschlicher Schönheit schwer zu übertreffende Willkommenskultur gewesen, in was vor einem Jahr so viele hineingingen. Und hier folgt das Goebbels-Zitat: "Wie in einen Gottesdienst" – (so einst Joseph Goebbels)."
Die Willkommenskultur habe somit religiöse Züge. Soziologie-Professor Rehberg findet das Goebbels-Zitat hochproblematisch.
"Also ich finde das maßstabslos und vielleicht ein Produkt des sich selbst Überbietenmüssens in einer solchen Serie von Kommentaren nachlegen muss."
Stellungnahme von Patzelt
Werner Patzelt, der bis Dienstag auf einer Dienstreise in China unterwegs war, gibt eine andere Erklärung dafür:
"Hätte ich das Goebbels-Zitat nicht gebracht, spräche niemand über diese Kolumne, jetzt spricht man drüber, und natürlich will ich, dass meine Analysen und Argumente auch ein breites Publikum finden. Und wenn andere über Stöckchen drüber springen, soll mir das Recht sein."
Missverstanden hätten seine Kritiker ihn, oder ihn missverstehen wollen, wehrt sich Werner Patzelt weiter. Er hat auch auf seinem Blog Stellung bezogen und sagt:
"Das, was ich sage ist, dass 1914 folgende und 1939 folgende 2014 folgende, jene die anderer Meinung waren, also jene, die die politische Führung gutwillig oder gutgläubig unterstützen, dass diese von denen als nicht richtig mitziehende, sich außerhalb des Kreises der redlichen und der anständigen stellend, wahrgenommen worden sind. Das behaupte ich. Und das ist auch so. An keiner Stelle steht drinnen oder meine ich oder sage ich, dass es das Gleiche ist, ob man von den Nazis ins KZ gesteckt wurde oder ob man einen kritischen Leserbrief unter den freiheitlichen Bedingungen der Bundesrepublik Deutschland erhält."
Er äußere sich stets klar und deutlich, sei jederzeit zu einer Diskussion bereit. Angestoßen hat die in diesem Fall der Dresdner Verein Atticus, der sich unter anderem in der Flüchtlings- und Kulturarbeit engagiert. Sprecher Eric Hattke befürchtet eine Verrohung des Diskurses:
"Ich glaube es birgt die große Gefahr, dass wenn ein Professor Joseph Goebbels zitiert und absurde Vergleiche zum Dritten Reich zieht, dass das die Legitimation ist für viele Leute, das gleiche zu tun und es vielleicht noch überspitzter zu tun, dass das so etwas wie ein Dammbruch ist. Ich glaube viele rechte Gruppierungen versuchen gerade, immer mehr Grenzen zu überschreiten, immer weiter auszureizen, um zu gucken, wie weit kann man gehen. Und wenn ein Uniprofessor eine Führungsperson des Dritten Reiches zitiert, und sie so zitiert, dass sie die jetzige Willkommenskultur herabwürdigt, dann ist das schon ein Signal für viele Gruppen, dem nachzuziehen."