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Besser vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen

Je weiter die Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen erforscht werden, desto deutlicher zeichnet sich ab, wie eng diese Krankheiten miteinander verbunden sind. Meist werden sie aber von unterschiedlichen Experten behandelt. Diese sollten sich künftig besser vernetzen, fordert die Gesellschaft für Innere Medizin.

Von William Vorsatz |
    Ob Bluthochdruck, Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall: Die Spezialisten diagnostizieren sie im Praxisalltag oft isoliert und behandeln, ohne sich miteinander abzustimmen. Meist treten einige der Krankheiten jedoch gleichzeitig auf, haben gemeinsame Ursachen oder bedingen einander. Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Prof. Rainer Kolloch vom Evangelischen Krankenhaus Bielefeld:

    "Zum Beispiel die Störung der Atmung. Wenn das bei einem Patienten mit Herzkranzgefäß-Erkrankung auftritt, hat das eine ganz andere Bedeutung und erhöht ganz anders das Risiko zum Beispiel für Schlaganfall, als jemand, der keine Herz-Gefäßerkrankungen hat, da ist das nicht so gefährlich."

    Herzinfarkte und Schlaganfälle haben eine lange Entstehungsgeschichte. Je früher die Ärzte eingreifen, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Dann lassen sich oft noch die Ursachen behandeln und Organschäden vermeiden.

    Den Blutdruck zu senken, ist einer der wichtigsten frühzeitigen Ansätze. Wie intensiv die Ärzte eingreifen müssen, hängt davon ab, wieweit bestimmte Organe schon geschädigt sind: Beim Herz zum Beispiel durch die Zunahme der Herzmuskelmasse wegen der ständigen Druckbelastung. Sie steigert das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzrhythmusstörung. Ein weiteres Indiz für eine Herzschädigung ist die Erweiterung des linken Vorhofs des Herzens. Es ist bei jedem EKG zu erkennen, wird oft aber nicht ausreichend beachtet. Der Bluthochdruck ist aber nicht nur Ausgangspunkt für Organschädigungen, sondern wird manchmal auch durch Organerkrankungen bedingt. Professor Curt Diehm vom SHR Klinikum Karlsbad-Langensteinbach:

    "Wenn Sie eine Nierenarterienverkalkung haben oder eine Engstellung der Nierenarterien, bekommen Sie einen erhöhten Blutdruck. Das ist ein Mechanismus für die Entstehung eines sekundären Hochdrucks."

    Eine neue Studie zur Wirkung von Harnsäure überrascht die Experten. Harnsäure haben sie bisher eigentlich nicht als Risikofaktor für Bluthochdruck angesehen. Wenn Jugendliche mit grenzwertig hohem Blutdruck und hohen Harnsäurewerten behandelt werden, indem bei ihnen die Harnsäure medikamentös gesenkt wird, geht auch der Blutdruck mit herunter.

    Die sogenannte Schaufensterkrankheit beeinflusst ebenfalls den Blutdruck. Sie entsteht vor allem durch verkalkte Arterien und führt vor allem in den Beinen zu deren Verschluss. Anfangs verläuft sie beschwerdefrei, erst später haben die Betroffenen Schmerzen in den Waden. Etwa viereinhalb Millionen vor allen ältere Menschen sind in Deutschland betroffen.

    "Wir haben jetzt eine sogenannte getABI-Studie durchgeführt an 7000 Menschen in Deutschland, wo wir wissen wollten wie ist das Schicksal von Patienten mit einer Schaufensterkrankheit. Und wir haben jetzt über sieben Jahre kontrolliert, wie viele dieser Patienten kriegen einen Herzinfarkt, wie viele kriegen einen Schlaganfall. Und es hat sich gezeigt, dass, wenn sie eine solche Schaufensterkrankheit haben, dann ist ihre Sterblichkeit fast dreifach höher, am Herzinfarkt und am Schlaganfall. Denn 70 Prozent dieser Patienten sterben am Herzinfarkt und fünf bis zwölf Prozent bekommen einen Schlaganfall."

    Die Ärzte übersehen die Krankheit oft, und das macht sie so gefährlich. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin fordert daher jetzt ein Screening aller älteren Menschen. Der Verschluss der Arterien ist sehr leicht festzustellen. Dazu wird der Blutdruck über den Fußknöcheln und an den Oberarmen gemessen und die Werte miteinander verglichen. Je stärker der Blutdruck in den Beinen gegenüber dem in den Armen abfällt, desto weiter fortgeschritten ist die Schaufensterkrankheit. Entsprechend muss vor allem medikamentös therapiert werden.

    Es wird auch künftig keine einheitliche Behandlung für unterschiedliche Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen geben. Aber gerade in frühen Stadien, wenn die Krankheiten noch keine deutlichen Symptome zeigen, ist die Zusammenarbeit unterschiedlicher Spezialisten besonders wichtig.