"This is the meditation room, which is as far as I know never used for meditation."
Im Wissenschaftler-Traumhaus von Professor für Stammzellenforschung Mark Fishman darf auch ein Meditationsraum nicht fehlen: Ein schallgedämpfter, abgedunkelter Raum mit überdimensionalgroßen Plüschteddybären als Sitzgelegenheiten. Dass der kleine Raum – anders als geplant –weniger zum Meditieren als zum Lesen und Studieren genutzt wird, mag an der Zielgruppe liegen, für die Fishman den Gebäudekomplex in Cambridge entworfen hat: ambitionierte und hoch motivierte Forscher und Studenten der Biomedizin aus der ganzen Welt, die meisten von ihnen introvertiert und mit einem starken Bedürfnis nach Rückzugsmöglichkeiten. Und die haben sie hier.
"Alle Verstecke werden von unseren Wissenschaftlern genutzt, jeder hat seine Lieblingsnische. Manche bevorzugen unsere kleinen Minibüchereien, andere wiederum die Cubicles – abgetrennte Kabinen – oder Bänke, die wir umgedreht haben, damit man sich nicht beobachtet fühlt. Wir haben Duzende solcher Verstecke."
"Alle hatten ihre Vorurteile"
Dank Fishman. Wäre es nach den Architekten des Forschungsinstitutes gegangen, wären die meisten Rückzugsorte dem offenen Raumkonzept zum Opfer gefallen.
"Genau das hat mich inspiriert dieses Buch zu schreiben: Ich habe mit insgesamt elf Architekten gearbeitet, und sie alle hatten ihre Vorurteile, keiner von ihnen hat uns Wissenschaftler wirklich verstanden, wer wir sind und wie wir denken."
Das Buch richtet sich mit seiner Botschaft - Wie kann ich den Arbeitsplatz von Wissenschaftlern besser gestalten sowohl an Architekten als auch an Labormitarbeiter. Denn seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich dieser in seiner Gestalt im Grunde kaum verändert. Ein Labor ist ein Labor ist ein Labor – von technischen Fortschritten abgesehen seit jeher: Steril, grell, zweckmäßig, unflexibel, groß und, wie Fishman sagt, die meiste Zeit unbenutzt.
"Die alten Labore stehen leer, weil ein Großteil der Arbeit mittlerweile am Computer stattfindet oder im Gewebekultur-Raum oder am Massenspektrometer – aber eben nicht am Labortisch wie vor 150 Jahren."
Flexibel muss es sein
So flexibel wie die Gedankengänge der Forscher muss auch der Arbeitsplatz sein: modular, wie Legosteine.
"Let's go to the lab floor."
Gut 20 weißbekittelte Forscher sitzen konzentriert vor ihren Bildschirmen. Schreib- und Labortisch scheinen in Fishmans Labor miteinander zu verschmelzen.
"Das alles hier kann man auseinanderbauen, umstellen, austauschen – vom Labortisch zum Schreibtisch. Morgens können wir das komplette Labor umgestalten; und das ist wichtig. Wir müssen in der Lage sein, Dinge schnell zu verändern, sonst geht es nicht voran."
Und optisch ansprechend soll es obendrein sein, denn auch Wissenschaftler haben hinter der Schutzbrille ein Auge für Ästhetik. Darum haben die Schranktüren statt des sonst vorherrschenden Grau-in-grau-Plastiklooks auswechselbare Furniere in verschiedenen Holzmaserungen, denn das Auge forscht mit.
Zusammenarbeit mit Priestern
Von einem One-size-fits-all-Labor hält Mark Fishman deshalb nicht viel. Ein Labor müsse auch die kulturellen Eigenheiten eines Landes berücksichtigen. Dazu gehören detaillierte Feng Shui-Analysen bis hin zur Segnung der Gebäude.
"In unserem Labor in China haben wir mit Priestern zusammengearbeitet und religiöse Zeremonien abgehalten, damit sich dort auch jeder wohlfühlt."
Ganz gleich ob in Cambridge oder China – in einem waren sich die Wissenschaftler in Fishermans Laboren einig: Auch seine Idee, in einem Campusgarten kostenlos Eiscreme zu verteilen, ist forschungsfördernd! Kulturelle Unterschiede hin oder her.
Mark Fishman: "LAB: Building a Home for Scientist"
Lars Müller, Zürich 2017. 364 Seiten, 45 Euro.
Lars Müller, Zürich 2017. 364 Seiten, 45 Euro.