Archiv

Bessere Orientierung
Indoor-Navigationssystem orientiert sich per Ultraschall

Navis arbeiten dank GPS-System sehr genau und führen in der Regel Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sicher ans Ziel. Anders sieht das in Gebäuden aus. Ein Freiburger Unternehmen hat ein Indoor-Navigationssystem entwickelt, das per Ultraschall für mehr Orientierung sorgen soll.

Von Jan Rähm |
    Im Inneren von Gebäuden funktioniert GPS nur schlecht.
    Im Inneren von Gebäuden funktioniert GPS nur schlecht. (Sputnik / Maksim Bogodvid)
    Messehallen sind ziemlich groß und auch ziemlich unübersichtlich. Sucht man einen ganz bestimmten Stand, fällt es oft schwer, sich zu orientieren. Ganz ähnlich ergeht es mitunter Menschen in großen öffentlichen Gebäuden wie zum Beispiel Stadtverwaltung oder Finanzamt. Oder im Supermarkt. Wer ist da nicht schon dreimal durch den ganzen Markt gerannt, weil er ein Produkt im Regal übersehen hat. Für mehr Orientierung in all diesen Fällen will das noch junge Unternehmen Telocate sorgen. Die Ausgründung aus der Universität Freiburg hat ein System zur Serienreife gebracht, das per Schall für sehr genaue Positionierung sorgt.
    "Wir bauen so etwas wie das GPS, das Smartphones innen orten kann."
    Johannes Wendeberg ist der Geschäftsführer von Telocate und war auch an der Entwicklung des Systems maßgeblich beteiligt. Aktuell gibt es verschiedene Ansätze für die Innennavigation für Menschen und Maschinen. Manche Systeme messen WLAN-Signale und berechnen eine Position anhand dessen, wie lange ein Signal vom Sender zum Empfänger und zurück braucht. Oder es werden kleine Sender im Gebäude installiert, die sogenannten "Beacons" oder Funkfeuer, an denen sich das Navi orientiert. Noch viel simpler: Auf den Boden gemalte grafische Markierungen, die von optischen Sensoren erkannt werden und so, meist automatischen Transportsystemen, den Weg weisen. Doch diese Ansätze haben Nachteile. Die WLAN-basierte Ortung ist zu ungenau, die Beacons haben kaum Reichweite und die Bodenmarkierungen sind zu unflexibel. Telocate hat deswegen einen anderen Ansatz gewählt. Auch bei dem gibt es Empfänger im Raum. Die hören aber auf Ultraschall.
    "Das Grundprinzip des Systems ist, dass Schallsignale verwendet werden, die vom Smartphone ausgesendet werden und von den Empfängern empfangen werden. Damit erreicht man deutlich höhere Genauigkeiten im Bereich von 20 Zentimetern, also deutlich besser, als die funkbasierten Verfahren. Darüber hinaus ist es möglich, mit sogenannter selbstkalibrierender Algorithmik auch die Referenzposition also die Empfängerposition zu berechnen. Sodass man die Einmessung der Empfänger, die üblicherweise bei unserem System und auch bei allen anderen signalbasierten Systemen von Hand gemacht werden muss, automatisch bestimmt werden kann, in dem man einmal mit dem Smartphone durch den Raum läuft."
    Nur eine entsprechenden App auf dem Smartphone
    Der große Vorteil: Ein Nutzer bräuchte nur eine entsprechende App auf seinem Smartphone. Die lädt sich den Gebäude- oder Hallenplan, und dann kalibriert sie sich ganz allein. Der Nutzer muss nichts weiter machen, als ein wenig herumzuschlendern. Wie das geht, zeigt Wendeberg in einem kurzen Video und erklärt.
    "In dem Video sieht man ein ferngesteuertes Auto, das durch den Raum fährt und dabei ein Ultraschallsignal aussendet, das unhörbar ist. Und dieses Signal wird von den elf Empfängern, die man drum herum in einem Oval aufgebaut hat, empfangen und detektiert. Am Anfang sind die Positionen von diesen Receivern überhaupt nicht bekannt. Auch die Position von dem Fahrzeug ist nicht bekannt. Jetzt beginnt das Fahrzeug, blindlings durch diesen Raum zu fahren und dabei Signale auszusenden und die Signale werden detektiert.
    Der Ton im für den Menschen nicht hörbaren Ultraschallbereich enthält eine eindeutige Codierung. So könnten auch mehrere Fahrzeuge gleichzeitig navigieren. Den codierten Ton, der bei den Empfängern ankommt, verarbeitet im Hintergrund ein spezieller Algorithmus auf einem entfernten Server. Er schätzt die Position sowohl des Spielzeugautos als auch der Empfänger.
    "Und diese Schätzungen werden immer wieder in dieses System eingegeben und irgendwann stellt sich eine dieser Schätzungen als die wahrscheinlichste heraus und die wird dann vom System gelernt. Und sobald die Empfängerpositionen bekannt sind, kann auch das Fahrzeug präzise geortet werden auf eine Genauigkeit von fünf Zentimetern."
    Attraktiv am Telocate-System sind seine geringen Anforderungen an das Gerät, das navigieren soll. Theoretisch reichen ein Smartphone, ein Tablet oder gar eine Smartwatch, also eine kleine Computeruhr. Sie alle brauchen nur einen Lautsprecher und Funkverbindung. Die Rechenarbeit erfolgt in der Cloud. Wie gut das in der Praxis klappt, können Besucher der Messe Freiburg bereits ausprobieren. Weitere Installationen folgen in Kürze in Restaurants in Berlin und Bonn.