Archiv


Besseres Klima auch ohne Tempolimit?

Ab 2015 dürfen neu zugelassene Kleinlaster nicht mehr als 147 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Darauf haben sich nun die EU-Umweltminister geeinigt.

Volker Finthammer im Gespräch mit Theo Geers |
    Theo Geers: Wir bleiben beim Thema CO2. 130 Gramm dürfen PKW pro gefahrenem Kilometer im Durchschnitt ab 2015 nur noch ausstoßen. Das ist in der EU bereits beschlossene Sache. Umweltfreundlicher sollen jetzt aber auch Kleinlaster werden, Minibusse also oder Lieferfahrzeuge, kurzum alles mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 3,5 Tonnen. Das Ganze ist Thema heute beim Treffen der EU-Umweltminister und Volker Finthammer in Brüssel beobachtet das Treffen. Volker Finthammer, es scheint, eine klare Sache zu sein, denn letzte Woche wurde ja schon ein Kompromiss gefunden. Der Grenzwert soll jetzt bei 147 Gramm CO2 pro Kilometer liegen. Bleibt es dabei?

    Finthammer: In der Tat, Theo Geers, dabei bleibt es. Vor wenigen Minuten kam die politische Einigung der Umweltminister, dass der Grenzwert von 147 Gramm CO2 pro Kilometer, auf den man sich hier in der vergangenen Woche schon in den Trilogverhandlungen verständigt hatte, dass das der Grenzwert sein soll für das Jahr 2020, der dann allerdings in Etappen erreicht werden soll. Ähnlich wie bei den Automobil-CO2-Reduktionen soll es auch hier mehrere Etappen geben. Die wichtigste dürfte sein ab dem Jahr 2017. Da sollen nämlich nur noch 175 Gramm pro CO2 ausgestoßen werden. All das gilt für neu zugelassene Kleintransporter, die dann auf Europas Straßen unterwegs sind.

    Geers: Wie kam denn jetzt dieser Wert zustande? Wer wollte da ursprünglich was?

    Finthammer: Na ja, es war wie immer in diesen Fragen ein langwieriges Ringen. Die EU-Kommission wollte ungleich drastischere Einschnitte haben. Sie wollte ja den CO2-Ausstoß auf 135 Gramm bis zum Jahr 2020 reduzieren. Dagegen sind die Automobilhersteller beziehungsweise die LKW-Hersteller Sturm gelaufen und es gab dann verschiedene Etappen. Deutschland beispielsweise und alle großen Länder haben sich auf Grenzwerte von 155 Gramm festgelegt gehabt, mit denen sie ins Rennen gegangen sind. Der Umweltausschuss im EU-Parlament hat versucht, schon einen Kompromiss zu finden, er konzentrierte sich auf 140 Gramm. Aber jetzt im Herbst war spürbar, dass dieser Wert nicht zu halten sein würde. Und insofern hat man sich in der vergangenen Woche in den Trilogverhandlungen, wo eben das Parlament und die Mitgliedsländer zusammensitzen, auf diesen Grenzwert von 147 Gramm geeinigt, der jetzt abgesegnet wurde.

    Geers: Ein typisch europäischer Kompromiss also, Volker Finthammer. Was bringt denn das Ganze jetzt an Entlastung für die Umwelt?

    Finthammer: Das ist schwer zu sagen. Es gibt bislang eigentlich nur Studien vom Umweltbundesamt und danach würde dieser Grenzwert von 135 Gramm pro Kilometer für Deutschland eine Entlastung von 1,2 Millionen Tonnen CO2 bringen. Jetzt müsste man das entsprechend umrechnen auf den neuen Grenzwert. Die neuen Einsparungen dürften viel niedriger sein. Die einzige Zahl, die es bislang noch gibt, ist, dass der Grenzwert von 175 Gramm ab dem Jahr 2017 zu Einsparungen von 0,7 Millionen Tonnen führt. Das sind beachtliche Werte, weil dieser Verkehr natürlich schon einen Großteil des Transportverkehrs in Deutschland ausmacht.

    Geers: Das wäre aber – wir haben es ja vorhin gerade im Bericht gehört – relativ wenig im Vergleich zu den 900 Millionen Tonnen, die Deutschland insgesamt ausstößt an CO2.

    – Eine Frage noch, Volker Finthammer. Man weiß natürlich auch, dass der CO2-Ausstoß direkt zusammenhängt mit der Schwere des Bleifußes, mit der man auf dem Gaspedal liegt. Nun gibt es meines Wissens kein Tempolimit für diese Kleinlastwagen, oder?

    Finthammer: Nein, dagegen gab es massive Widerstände. In Deutschland sind ja gut zwei Millionen dieser Fahrzeuge unterwegs. Das sind die berühmten Sprinter, die einen oft genug auf der Autobahn überholen. Aber für ein Tempolimit konnte sich niemand einsetzen. Das hatte weniger industriepolitische Gründe, als dass – das war zum Beispiel von einigen Parlamentariern zu hören – man die Handwerker nicht in ihrem Gewerbe beschränken dürfe durch unsinnige, so wie es hieß, Tempolimits.

    Geers: Aber wird damit nicht der Beschluss wieder konterkariert, wenn die Autos weiter so schnell fahren dürfen, wie sie wollen?

    Finthammer: Physikalisch ganz gewiss, weil natürlich bekannt ist, dass PKW, auch Nutzfahrzeuge mehr CO2 ausstoßen, je höher die Drehzahl der Motoren ist. Aber man wird dann versuchen dann, durch stärkere Anpassungsprozesse in Zukunft vielleicht dem noch näher zu kommen. Im Moment war das zumindest politisch nicht durchsetzbar.

    Geers: So viel zu den Kleinlastwagen, für die es dann also ab 2020 auch scharfe Grenzwerte geben wird. Gibt es noch weitere Pläne in der EU für leichte LKW oder für LKW, die schwerer als 3,5 Tonnen sind?

    Finthammer: Darüber wird zur Stunde noch nachgedacht, aber die EU-Kommission sieht sich noch nicht in der Lage, da Vorschläge zu machen. Das, so heißt es, müsse noch genauer untersucht werden, ob beispielsweise auch größere LKW einbezogen werden sollen.

    Geers: Danke schön! – Das war Volker Finthammer mit aktuellen Informationen über die neuen Grenzwerte für Kleinlastwagen und Lieferfahrzeuge, die ab 2020 in der EU gelten.