Zu Beginn des Jahres, schon vor Beginn der Winterspiele in China ist die Begeisterung für das Event in einem autoritären Staat nur sehr begrenzt. Thomas Bach und andere Funktionäre seien aus der Zeit gefallen und müssten zurücktreten, sagte Wenzel Michalski, der Geschäftsführer von Human Rights Watch in Deutschland: "Der Punkt, dass diese Verbände ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, ist überschritten. Das kann ich ganz eindeutig zu sagen."
Ukraine-Krieg trifft internationales und nationales Sportsystem
Während der Olympischen Winterspiele wies der Skeletonpilot Vladyslav Heraskevych bereits auf die Gefahr eines Krieges in der Ukraine hin. Nur vier Tage nach Ende der Spiele begann der Überfall der russischen Armee auf die Ukraine. Zunächst sollten russische und belarussische Athletinnen und Athleten kurze Zeit später unter neutraler Flagge an den paralympischen Spielen teilnehmen. Nach Intervention anderer Nationen wurden beide Nationen vollständig ausgeschlossen. Eine richtige Entscheidung, sagte die Basketballerin und Athletensprecherin Mareike Miller:
"Letztendlich ist an dieser Stelle eben der Sport und die Beteiligung Einzelner eben nicht das Wichtige. Und ich glaube, wir sind in einer Situation, wo sozusagen der Kollateralschaden an den Athleten letztendlich in Kauf zu nehmen ist. Man muss an der Stelle ja auch nicht nur an die russischen und weißrussischen Athleten denken. Man muss natürlich auch an alle anderen Athleten denken. Und wir haben zum Beispiel jetzt ganz konkret bei den Paralympischen Spielen 20 ukrainische Athleten die einen Wettbewerb bestreiten müssen und sollen und die dort auch vor Ort direkt gegen russische Athleten antreten müssten. Und auch hier ist es Verpflichtung der Verbände, einen entsprechend sicheren Wettbewerb herzustellen."
Diskussion über Mindestlohn für Fußballerinnen
Ein positives Highlight boten in diesem Jahr die deutschen Fußballerinnen, die das EM-Turnier in England als Vize-Meisterinnen abschlossen. Rund um das Turnier wurde auch über einen Mindestlohn für Bundesligaspielerinnen gesprochen. Ex-Nationalspielerin Lena Lotzen plädierte dafür, weil Spielerinnen sich sonst womöglich gegen eine berufliche Karriere als Spielerin entschieden: "Dann weiß ich: 'Eigentlich kann ich nicht viel mehr zwei, drei, vier oder 500 Euro verdienen.' Dann weiß ich nicht, ob ich so konsequent dabeibleibe."
Sexuelle Gewalt: "Betroffene müssen ganz konkret mit Rechten ausgestattet werden."
Im Sportgespräch ging es natürlich nicht nur um Wettbewerbe, sondern auch um die großen Fragestellungen und Probleme im Sport. In diesem Jahr wurde der Verein Safe Sport e.V. gegründet. Er soll der Trägerverein für eine unabhängige Ansprechstelle gegen Gewalt im Sport sein und Betroffene von sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im Sport unterstützen. Auch die neue Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs äußerte sich im Sportgespräch. Kerstin Claus will auch politisch für mehr Rechte Betroffener sorgen - nicht nur im Sport:
"Aufarbeitung heißt: Betroffene müssen ganz konkret mit Rechten ausgestattet werden. Mit Rechten, die da heißen: ich habe Akteneinsichtsrechte, ich habe ein Recht auf ein Gegenüber, das sich Zeit nehmen muss, das sozusagen mit nachforschen muss, was denn in dieser Zeit passiert ist - also im Sinne des Aufdeckens und Aufklärens."
WM-Vergabe nach Katar: "Die FIFA hat sich null darum geschert"
Sportpolitisch endete das Jahr wie es begann: Mit einem Megaevent in einem äußerst problematischen Staat. Die Fußball-WM der Männer in Katar sahen sich in Deutschland deutlich weniger Menschen an, als die vorherigen Turniere. Das lag an einem schwachen Auftritt der deutschen Mannschaft, aber auch an Kritik am Gastegeberland und der FIFA.
Katja Müller-Fahlbusch von Amnesty International kritisierte vor allem die Vergabe: "Man wusste schon, in welches Land man vergibt. Und die FIFA hat sich null darum geschert. Und sie hat sich im Übrigen auch lange danach nicht darum geschert. Die FIFA hat uns bis 2015 gesagt, dass sie der Meinung ist, dass die Situation der Arbeitsmigrant:innen in den Stadionbaustellen sozusagen not ihr Business wäre."