Eigentlich sah der Kalender für das Jahr 2020 ein Super-Sportjahr vor. Ein Jahr der Großereignisse mit einer erstmals transkontinentalen Fußball-Europameisterschaft und mit gigantischen Olympischen Sommerspielen in Tokio.
Selbst die teuersten Sommerspiele der Geschichte fielen der Corona-Pandemie zum Opfer. Aber nur vorläufig, wie Japans damaliger Premier Shinzo Abe zusammen mit IOC-Präsident Thomas Bach beschloss. 2021 sollen sie dann nachgeholt werden. Eine Absage wäre wohl zu teuer gewesen. Die Gesamtkosten von mehr als 10 Milliarden Euro müssen irgendwie wieder reingeholt werden.
Und mit dieser gigantischen Summe erklärt sich auch das lange Zögern der Veranstalter, bevor sie beschlossen, das Mammut-Ereignis vorerst nicht stattfinden zu lassen. Die erste Welle war schon in vollem Gange, doch eine Olympia-Entscheidung ließ immer noch auf sich warten.
Und so war es das langjährige IOC-Mitglied Richard Pound, das die Olympia-Verschiebung noch vor der offiziellen Verkündung ausplauderte. Im Deutschlandfunk erklärte er dann, warum es so lange gedauert hatte mit einer Entscheidung: Die japanischen Verantwortlichen hätten positive Signale aus ihrem eigenen Land gesehen und sich zu sehr auf Japan fokussiert. Erst die Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation, dass das Virus außer Kontrolle sei und bleiben werde, habe zur Absageentscheidung geführt.
Und doch mussten erst einzelne Athleten ihren Boykott ankündigen, bis die Spiele verlegt wurden. Auch eine Chancengleichheit hätte nicht gewährleistet werden können, wenn in manchen Ländern die Trainingseinrichtungen komplett geschlossen sind coronabedingt und in anderen Ländern nicht.
Schon im Frühjahr war Speerwurf Olympiasieger Thomas Röhler dafür, die Hallen-Weltmeisterschaften abzusagen. Die Ansteckungsgefahr wäre zu groß. Er ist der erste deutsche Sportler in der Athletenkommission im Leichtathletik-Weltverband. Und kämpft dort dafür, dass Sportler bei den Entscheidungen mehr gehört werden. In dieser Hinsicht hat er einen etwas anderen Blick als IOC-Mitglied Pound. Er bemängelt, dass die Sportler nur eine von vielen Stimmen in den Verbänden hätten, obwohl es doch maßgeblich um sie gehe.
Es dauerte bis Ende März, bis die Verschiebung der Spiele offiziell beschlossen wurde. Ein Novum in der olympischen Geschichte. Ein schwerer Schlag für viele Athleten, die sich intensiv darauf vorbereitet hatten, für die es vielleicht der sportliche Höhepunkt in ihrer Karriere geworden wäre und die in diesem Jahr aufgrund geschlossener Trainingseinrichtungen sehr kreativ an ihrer Form arbeiten mussten.
Kugelstoßer Niko Kappel berichtete vom plötzlichen Impuls für der lange unaufgeräumten Keller: "Wenn die Not da ist. Innerhalb von acht Stunden war der Keller ausgeräumt und mit Gummimatten ausgelegt. Und ein paar Gewichte und Fitnessgereäte reingestellt, damit ich da jetzt bestmöglich trainieren kann in der ungewissen Zeit." Boxerin Nadine Apetz schilderte, dass sie beim olympischen Qualifikationsturnier in London zunächst gar nicht mitbekommen habe, wie verschärft die Lage schon war. Später wurden sechs Athleten und Betreuer anderer Nationen positiv getestet, die am Turnier teilgenommen hatten.
Die Fußball-Bundesliga wurde zwar unterbrochen. Die Mannschaften durften aber später wieder regulär trainieren und auch spielen. Nur meist ohne Zuschauer. Das erste Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte gab es am 11. März. Mönchengladbach gegen Köln. Das Rheinische Derby. Nationalspieler Matthias Ginter erinnerte sich im Sportgespräch an die seltsame Atmosphäre beim Warmmachen: "Ich musste ein bisschen schmunzeln, weil es ein bisschen Freundschaftsspielcharakter gehabt hat."
Gewöhnungsbedürftig, diese Spiele vor Geisterkulisse. Im Fußball konnten dennoch weitgehend die Millionen-Gehälter weiterbezahlt werden. Die Profi-Klubs mussten also nicht wie im Eishockey auf Gehaltskürzungen setzen, um den Bankrott zu vermeiden.
König Fußball schon völlig entkoppelt von den Fans – die Show geht auch ohne Zuschauer weiter – so war schnell zu hören. Ein Vorwurf, der durch Corona neue Sichtbarkeit bekam und der in dieser Pandemie auch zu neuen Einsichten führen könnte. Lehren aus der Krise quasi, formulierte Oke Göttlich, der Präsident von Zweitligist St. Pauli recht deutlich: "Es ist doch überhaupt keine Frage, dass die Fans der Kern sind, warum dieses Spiel eine solche Begeisterung hervorruft."
In diesem Jahr wurde der Kampf gegen Rassismus sichtbarer, auch im Sport. Er erreichte eine größere Masse und er veränderte auch schon etwas.
Mit dem Football-Team aus Washington und dem Baseball-Team aus Cleveland haben zwei US-Profi-Vereine ihren diskriminierenden Namen nach vielen Jahrzehenten geändert. Auslöser für die Bewegung war in diesem Jahr der Tod des schwarzen Amerikaners George Floyd. Ende Mai ruft er in Minneapolis viele Male "I can't breathe", weil ihm ein weißer Polizist mit seinem Knie die Luft abdrückt. Floyd stribt kurze Zeit später an seinen Verletzungen.
Daraufhin kam es zu Demonstrationen, teilweise auch Auseinandersetzungen. "Black Lives Matter" ist der Satz, der teils wütend skandiert, teils schweigend auf Plakaten, hochgehalten wurde. Auch der Sport schloss sich den Protesten an. In allen großen US-Profi-Ligen kam es zu Solidaritäts-Aktionen, wie etwa der deutsche Spieler Florian Jungwirth aus der nordamerikanischen Fußballliga MLS berichtete.
Und auch in Deutschland kamen die Proteste an. In deutschen Ligen kam es zu Solidaritätsbekundungen und auch zu einer Diskussion über Rassismus generell, über Rassismus im Sport und über Alltagsrassismus. Von dem berichtete Fechterin Alexandra Ndolo über ihre Social-Media-Accounts. Vor allem, weil dieser vielen nicht-schwarzen Deutschen nicht bewusst sei, sie erführen nicht von rassistischen Übergriffen. "Und da bin ich dann eben die Schnittstelle. Weil ich erzählen kann, wie es eben ist, mit dunkler Hautfarbe durch Deutschland zu laufen."
Hier haben wir nur einige der Gesprächspartner und Themen des "Best of" zusammengefasst. Die ganze Sendung gibt es im Audio, alle Sportgespräche finden sie im Sportgespräch-Portal.
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