Unter 34 alten Eichen ist im Bestattungswald auf dem Friedhof Reuschenberg Platz für 240 Urnen. Nach anderthalb Jahren ist schon mehr als die Hälfte der Fläche belegt. Thomas Bappert verwaltet diesen und die sechs weiteren Friedhöfe der Stadt Leverkusen und steht gerade neben einem 80 Zentimeter tiefen Loch, das für die nächste Beisetzung vorbereitet ist.
"Wie Sie sehen können, haben wir die Wurzeln des Baumes, obwohl wir ganz in der Nähe des Stammes stehen, nicht beschädigt, weil jedem Grab eine Fläche zugeordnet ist, sodass wir eine gewisse Möglichkeit haben zu verspringen. Die Kollegen gehen mit dem Spaten hin und stechen zunächst die Fläche ab, die vorgesehen ist, wo die Bestattung stattfinden kann. Sobald sie merken, dass dort eine stärkere Wurzel ist, weichen sie aus, soweit es in diesem Raster möglich ist. Wenn es gar nicht möglich ist, wird dieses Grab freigelassen, man verspringt auf die nächste Fläche."
Sonnenstrahlen dringen durch das fast kahle Geäst, ein weicher Blätterteppich bedeckt das Gras - ein schöner Ort. Ein friedlicher Ort, denn zwanzig Jahre lang dürfen die Bäume nicht gefällt werden. Auch das ist ein Gedanke, der Menschen anspricht, die eine Baumbestattung für sich oder ihre Angehörigen erwägen. Die meisten Baumbegräbnisse finden allerdings nicht im Bereich eines Friedhofs statt, wie in Leverkusen, sondern mitten im Wald. Der Hinweis, dass dies ein Beitrag zum Naturschutz ist, fehlt in kaum einer Werbeanzeige von Baumbestattungsunternehmen. Zu Recht?
"Da müssen Wege anlegt werden, die Frequentierung der Besucher ist sicher deutlich höher als in normalen Wäldern. Andererseits haben aber die Baumbestände in einem Begräbniswald eine deutlich höhere Lebensdauer. Dies nützt vielen Waldbewohnern, die ihre ökologischen Nischen auf die Art und Weise in solchen Begräbniswäldern wesentlich besser ausfüllen können."
Professor Jens Utermann leitet im Umweltbundesamt das Fachgebiet "Maßnahmen des Bodenschutzes". Mit einem Dutzend oder mehr Löchern rund um einen Stamm kommt der Baum zurecht, sagt er, solange nicht wahllos gegraben wird.
Ein Landschaftsplaner und Experte für Friedhofsgestaltung kritisiert Baumbestattungen seit einiger Zeit und hält sie für eine Belastung der Natur. Er löste eine juristische Auseinandersetzung mit einem der großen Anbieter solcher Begräbnisse aus. Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas, einer Verbraucherinitiative zur Bestattungskultur, fasst zusammen, welche Probleme der Landschaftsplaner sieht.
"Er kam am Ende zu dem Ergebnis, dass die Baumbestattungen den Wald eher schädigen, vor allem wegen der Schädigung der Wurzeln der Bäume, wegen der möglichen Schadstoffeinbringung durch die Totenasche. Das hat er zum Teil offen kommuniziert in Vorträgen. Und das ist ihm von einem Betreiber von solchen Bestattungswäldern angelastet worden."
Der Landschaftsplaner darf seine Kritik nun nicht mehr wiederholen. Seit einer Untersuchung vor neun Jahren ist bekannt, dass in Totenasche eine Vielzahl von Einzelstoffen vorkommt, auch Schwermetalle wie Chrom, Mangan, Nickel und Zink. Grenzwerte wurden allerdings nicht überschritten, und neuere Analysen gibt es nicht. Vorsichtshalber gelten besondere Anweisungen für geschützte Flächen. Alexander Helbach: "Zum Beispiel gibt es einzelne Standorte von Bestattungswäldern, in denen keine abbaubaren Urnen verwendet werden dürfen, sondern Blechurnen, wie auf anderen Friedhöfen auch, weil man im Wasserschutzgebiet sagt, das soll nicht ins Grundwasser gelangen, was in der Asche drin ist."
Jens Utermann vom Umweltbundesamt vergleicht die Bodenbelastung von Urnenbeisetzungen im Wald mit der durch Erdbestattungen.
"Im Gegensatz zur Urnenbestattung gelangen hier auch alle metallischen Fremdbestandteile, also zum Beispiel aus künstlichen Gelenken oder auch im Körper gespeicherte organische Schadstoffe, also zum Beispiel Arzneimittelrückstände in den Boden. Im Gegensatz hierzu findet bei der Urnenbestattung im Zuge des Verbrennungsprozesses eine weitgehende Zerstörung der Organik statt. Und nach dem Verbrennungsprozess werden die freigesetzten metallischen Teile aussortiert, bevor die Asche weiter aufbereitet wird."
Seine Schlussfolgerung: Ob Boden oder Grundwasser in Mitleidenschaft gezogen werden, sei letztlich eine Frage der Menge; also der Anzahl der Urnengrabstätten, die auf einer Fläche angelegt werden.