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Besuch von Weihnachtsmärkten
"Jetzt erst recht"

Nach dem Anschlag in Berlin sind viele Deutsche verunsichert. Ist es auf den Weihnachtsmärkten noch sicher? Die Besucher des Darmstädter Marktes wollen sich den Spaß nicht verderben lassen. Absolute Sicherheit gebe es sowieso nicht.

Von Ludger Fittkau |
    Zahlreiche Menschen besuchen den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz). Ein zwölfjähriger Junge soll hier Ende November versucht haben, eine Nagelbombe zu zünden.
    Viele Weihnachtsmarktbesucher wollen sich den Spaß nicht nehmen lassen. (dpa / picture alliance / Markus Prosswitz)
    Der Darmstädter Weihnachtsmarkt heute Morgen. Von erhöhten Sicherheitsmaßnamen ist nichts zu sehen. Weil die Marktstände auch erst langsam öffnen, ist noch nicht einmal der einzelne Polizeiwagen da, der oft am Rande steht, wenn die Gassen zwischen den Holzbuden sich füllen. An den Zufahren zum Marktplatz gibt es heute Morgen auch noch keine Betonblöcke wie an anderen Weihnachtsmärkten, die das Gelände vor Fahrzeugen schützen könnten.
    Lediglich gut ein Meter hohe Eisenpoller würden einen LKW abbremsen. Doch mancher Marktbesucher hält auch Betonblöcke von den Eingängen eher für eine symbolische Maßnahme:
    "Das ist einfach nur gefühlte Sicherheit, die verbessert wird." - "Ich denke halt, wenn man zur falschen Zeit zum falschen Ort geht, kann sowas passieren." - "Ich war am Sonntag in Frankfurt auf dem Weihnachtsmarkt, war eine Riesen-Polizeipräsenz, das hat man schon gesehen."
    Völlige Sicherheit gibt es nicht
    Aber auch der Frankfurter Weihnachtsmarkt könne nicht vollständig vor Anschlägen geschützt werden, sagt der Mann, der die Tische am Glühweinstand abwischt. Er hat auch schon oft auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt gearbeitet. Passieren könne immer was, sagt der Mann, der seinen Namen nicht nennen will:
    "Auch bei uns oder in Frankfurt, man kennt ja die Plätze, wo man gearbeitet hat."
    Auch Jürgen Sauer steht nachdenklich unter der Glocke des alten Darmstädter Rathauses und blickt auf Buden des Marktes, der langsam wieder öffnet. Er ist eigentlich auf dem Weg zur Arbeit:
    "Es macht einen halt betroffen ja. Es ist eine Situation, die man sich so nicht vorstellen kann. Frankreich, Belgien, immer noch weit weg. Jetzt ist es halt vor Ort, es war halt nur eine Frage der Zeit, denke ich."
    Besucher wollen sich nicht einschüchtern lassen
    Zwei Frauen Mitte fünfzig haben sich ganz bewusst entschieden, heute Morgen den Darmstädter Weihnachtsmarkt zu besuchen:
    "Ich habe heute Morgen schon überlegt, ob ich nach Darmstadt fahren soll, habe dann gedacht, ich lasse es mir nicht verderben und fahre jetzt erst recht." - "Ich fand das gestern Abend zwar schon schrecklich, ja. Aber letztendlich haben wir uns heute verabredet und haben gesagt, wir fahren jetzt her. Ja, aber ich denke, wir müssen einfach weiterleben. Wir können jetzt nicht alle sagen, wir bleiben zu Hause, das macht keinen Sinn!" - "Für die Menschen, die zwölf, die es jetzt wohl waren, tut es einem fruchtbar leid und ich denke, die haben auch einen anderen Gedanken gehabt, als sie auf den Weihnachtsmarkt gingen, dass sie nicht wieder nach Hause kommen, rechnet ja keiner mit. Aber trotzdem- sich abhalten lassen vom Leben, das wäre ja die falsche Entscheidung."
    Schließlich hätten sich ja auch Überlebende des Anschlags auf den Pariser Konzertsaal Bataclan im November 2015 ein Jahr nach der Bluttat ganz bewusst wieder am Ort des Geschehens getroffen:
    "Sie sind bewusst dort hingegangen, wo sie ganz arg traumatisiert wurden und haben gesagt: Wir lassen uns das Leben und das Feiern nicht verbieten und wenn wir abends irgendwo hingehen wollen und Musik hören wollen, dann tun wir das. Mit dem Risiko, das wir mittlerweile mehr kennen als jeder andere, dass uns was passieren kann in dieser Zeit. Und das war schon sehr bewusst und demonstrativ auch und das fand ich gut.
    Kritik an Medienberichterstattung
    Mehr Zurückhaltung jedoch, die wünschen sich die beiden Frauen, die ihren Namen nicht nennen wollen, von den Medien an den Tagen solcher Anschläge wie gestern in Berlin:
    "Ja, ich denke, dass die Medien da in manchen Situationen sehr einseitig berichten und ohne Hintergrund-Informationen irgendwas diskutieren, was überhaupt nicht zu diskutieren ist und dadurch die Menschen entsprechend noch weiter verunsichern. Weil es sind Fakten, dass die Gewalt nicht zugenommen hat mit ganz vielen Flüchtlingen trotzdem nichts mehr geworden ist und trotzdem wird es dann immer wieder auf was geschoben, was irgendeiner von draußen mit reinbringt. Also, wir haben auch genug eigene, die dazu beitragen, wenn es um Gewalt im Allgemeinen und im Besonderen geht. Und das sind die Situationen, die manchmal etwas verschoben, mindestens, dargestellt werden."
    "Ich fand es auch gestern Abend, der Bericht über Berlin, zwei Stunden lang ging es immer wieder dieselbe Leier. War es jetzt Terror, war es keiner. War es ein Unfall? Das hätte man nicht so in die Länge ziehen müssen, um das zu diskutieren. Man hätte das viel kürzer berichten können und hätte das nicht so ausweiten müssen, das ist meine Meinung."
    "Da kommt irgendein Experte, der meint, dazu was sagen zu müssen und weiß eigentlich noch gar nichts. Der hat noch überhaupt kein Basiswissen. Weil gar keiner Wissen hatte, gestern Abend. Andere, denke ich, lassen sich da anstecken, so will ich auch mal über mich berichtet haben und so will ich auch mal gefilmt werden und das finde ich sehr gefährlich."