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Besuchsverbot in Incirlik
"Ein Unding, dass zwei NATO-Partner darüber streiten"

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten hält sich derzeit im türkischen Incirlik auf und hofft, dass seinem Besuchsantrag für den dortigen Luftwaffenstützpunkt stattgegeben wird. Noch sei sein Gesuch nicht abgelehnt worden, sagte von Stetten im DLF. Er betonte, die Türkei müsse Abgeordneten wieder Zugang zu den deutschen Truppen gewähren.

Christian von Stetten im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Der CDU-Politiker Christian von Stetten.
    Der CDU-Politiker Christian von Stetten. (Imago / Horst Galuschka)
    Von Stetten sagte, er habe vor sechs Wochen angekündigt, dass er während eines privaten Besuchs in der Türkei auch zu den Soldaten wolle. In der vergangenen Woche habe er den entsprechenden Antrag gestellt. Derzeit warte er auf eine Reaktion. Der CDU-Politiker betonte, es sei eine sehr angenehme Atmosphäre dort. Das habe er festgestellt, als er sich den Stützpunkt vorab angesehen habe. Die türkischen Militärs hätten Verständnis dafür gezeigt, dass es eine "hoch sensible Situation" sei in dem Land.

    Das Interview in voller Länge:
    Tobias Armbrüster: Es wird weiter debattiert über den Flüchtlingsdeal mit der Türkei. Da hat sich die Bundesregierung ja in der vergangenen Woche geäußert und noch einmal relativ klar gemacht, dass sie sich nicht rechtlich gebunden fühlt an die Armenier-Resolution des Deutschen Bundestages. Das sollte ein Zugeständnis sein, auch um die Türkei dazu zu bewegen, wieder deutsche Parlamentarier auf den Luftwaffenstützpunkt in Incirlik reisen zu lassen.
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten, der ist zurzeit in der Türkei, und er hat am Wochenende schon einmal versucht, diesen Stützpunkt tatsächlich zu besuchen. Jetzt ist er bei uns am Telefon. Schönen guten Morgen, Herr von Stetten.
    Christian von Stetten: Guten Morgen! Ich grüße Sie.
    Armbrüster: Herr von Stetten, was haben Sie denn da in Incirlik erlebt?
    von Stetten: Nun, ich befinde mich gerade privat im Urlaub. Ich habe das auch schon vor sechs Wochen angekündigt, dass ich hier herfahre und bei der Gelegenheit auch die deutschen Soldaten besuchen möchte. Ich mache das seit Jahren intensiv, dass ich mit Privataufenthalten auch den Besuch einer deutschen Institution oder militärischen Einrichtung verbinde, und habe auch letzte Woche einen Antrag gestellt, der noch nicht abgelehnt worden ist. Deswegen warte ich jetzt und habe mir gestern mal angeschaut, wie der Stützpunkt denn ist, und habe mit den türkischen Soldaten, dem Wachpersonal mal gesprochen, und bin jetzt aber noch in der Türkei und warte mal auf eine Entscheidung der türkischen Regierung, ob ich einreisen kann oder nicht.
    Armbrüster: Was genau war denn da los? Was haben Sie mit den Soldaten besprochen?
    von Stetten: Es waren zwar massive Waffen vorhanden und auch zu sehen. Es ist wird schwer bewaffnet. Aber es ist eine sehr angenehme Atmosphäre dort gewesen, sehr nette türkische Militärs auch, die praktisch auch Verständnis dafür zeigen wollten, dass es eine hoch sensible Situation gerade in der Türkei ist. Der Stützpunkt ist ja gerade auch im Kriegseinsatz, es fliegen ständig Flugzeuge auch Richtung Syrien. Und von daher war das eine sehr angenehme Atmosphäre, und wir haben es auch nicht auf eine Konfrontation ankommen lassen. Ich habe das einfach erklärt, dass ich momentan hier privat unterwegs bin, und vielleicht habe ich ja die Möglichkeit, die deutschen Soldaten dann auch noch mal zu treffen. Denn es ist eigentlich ein Unding, dass zwei NATO-Partner darüber Streit führen, ob Abgeordnete ihre Soldaten, die sie selber per Parlamentsbeschluss dort hingeschickt haben, besuchen können und nach dem Rechten sehen können.
    "Vielleicht muss man den Druck auch hier etwas was erhöhen"
    Armbrüster: Wie genau wollen Sie es jetzt noch einmal versuchen, auf diesen Stützpunkt zu gelangen?
    von Stetten: Ich warte jetzt einfach in aller Ruhe ab. Ich bin ja privat hier, habe deswegen auch viel Zeit. Der Antrag ist Anfang letzter Woche offiziell gestellt worden. Ich habe das ja auch frühzeitig angekündigt. Und jetzt ist das Auswärtige Amt und auch die deutsche Botschaft sicherlich bemüht, mir diese Möglichkeit zu eröffnen. Ich bin jetzt zwar weit weg im Urlaub, deswegen verfolge ich die internationalen Verhandlungen nicht so genau, aber da sollen ja am Wochenende einige Gespräche stattgefunden haben. Und vielleicht - selbst wenn es mir dann aus zeitlichen Gründen nicht mehr reicht, die Soldaten zu besuchen -, wenn ab dieser Woche klar ist, dass alle Abgeordneten wieder die Soldaten besuchen können, vor allem auch die Fachpolitiker, die ja dafür zuständig sind, dann hat sich das auch schon gelohnt.
    Armbrüster: Da kann ich mir vorstellen, da werden einige Hörer jetzt vermutlich sagen, da versucht sich der Abgeordnete von Stetten wieder mal in den Vordergrund zu spielen, er will wohl ganz offensichtlich der erste sein, noch vor den Fachpolitikern.
    von Stetten: Nein, das ist nicht so. Ich habe im Juli klar erklärt, dass ich das nicht akzeptiere, dass die türkische Regierung hier ein Einreiseverbot verhängt hat. Denn anders vielleicht wie in anderen Staaten, ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee. Die wird nicht von der Regierung in Auslandseinsätze geschickt, sondern von uns Abgeordneten. Ich bin Mitglied seit 13 Jahren im Parlament und habe bisher allen Auslandseinsätzen zugestimmt.
    Das ist eine schwierige Entscheidung, weil das auch für die Soldaten bedrückend ist, weil wir ja eigentlich eine Verteidigungsarmee sind, und auch für die Familien. Deswegen muss klar sein, dass wir uns auch nach dem Befinden erkundigen müssen, und deswegen war das im Juli schon klar, dass ich hier privat bin und dass ich das versuchen werde. Es geht aber nicht darum, der erste zu sein. Wie gesagt: Wenn jetzt die Genehmigung generell da ist und ich aus zeitlichen Gründen das nicht mehr schaffe, weil ich wieder dann nachhause fliege, dann ist das überhaupt gar kein Problem. Denn ich bin eigentlich der Meinung, primär müssen sich die Fachpolitiker und auch der zuständige Staatssekretär darum kümmern. Nur die warten jetzt seit Wochen oder Monaten und es passiert nichts, und deswegen muss man vielleicht den Druck auch hier etwas erhöhen.
    "Es gibt keine Betretungsverbote"
    Armbrüster: Waren denn die türkischen Wachsoldaten da am Wochenende verwundert, als plötzlich ein deutscher Abgeordneter vor dem Tor stand?
    von Stetten: Nun, die türkischen Medien berichten im Prinzip mittlerweile auch schon darüber. Ich habe das jetzt auch hier mitgekriegt. Auch in dem Hotel ist das mittlerweile bekannt. Aber ich kann sagen, es gibt keinerlei Restriktionen. Es gibt auch keine Betretungsverbote. Es ist alles eine sehr friedliche Atmosphäre hier.
    Armbrüster: Würden Sie sagen, war dieses Zugeständnis an den türkischen Präsidenten letzte Woche, war das wirklich nötig, dass die Bundesregierung das noch mal klargestellt hat, die Armenier-Resolution ist nicht rechtlich bindend?
    von Stetten: Ich kann nicht sagen, ob es da ein Zugeständnis gegeben hat, weil ich weder bei den Gesprächen dabei bin, noch die deutsche Medienlandschaft vom Ausland so verfolgen kann, dass ich das seriös einschätzen kann. Ich kann nur sagen, unsere Kolleginnen und Kollegen in den zuständigen Ausschüssen haben sich sehr sorgfältig mit der Resolution beschäftigt und haben das sehr wohlfeil ausgearbeitet. Und dass es ihnen gelungen ist, alle Fraktionen davon zu überzeugen - ich selber habe dem auch zugestimmt -, zeigt doch, dass es sehr ausgewogen war, was der Deutsche Bundestag da beschlossen hat.
    Armbrüster: Finden Sie es dann nicht schade, dass sich die Bundesregierung dann noch mal zu diesem Satz durchgerungen hat: ist für uns nicht rechtlich bindend?
    von Stetten: Nun, ich glaube, die Bundesregierung hat da klar gemacht, was Fakt ist, dass in der Bundesrepublik eine solche Resolution praktisch nicht fürs Parlament rechtlich bindend ist. Ich glaube, was viel wichtiger ist, dass die zuständigen Abgeordneten, die ja Minister und auch Regierungsmitglieder sind, auch klar gemacht haben, dass sie entweder dieser Resolution im Deutschen Bundestag zugestimmt haben, oder dann in ihren Fraktionen. Ich glaube, das sagt dann alles aus.
    Armbrüster: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten, zurzeit in der Türkei. Am Wochenende hat er versucht, auf den Luftwaffenstützpunkt Incirlik zu gelangen. Vielen Dank, Herr von Stetten, für Ihre Zeit heute Morgen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.