"Glaube an die heilende Wirkung von Soul-Musik": Betty Fox im Interview (03:05)
"Ich habe mal mit den Singen aufgehört und wurde dadurch sehr traurig. Das war so: das allererste Konzert habe ich vor 3.500 Menschen gegeben, am nächsten Tag vor gut 5.000 Leuten gespielt – ich war furchtbar nervös und habe vorher fast eine Woche nichts gegessen. Das war alles so neu für mich und ich habe beschlossen: Das ist nichts für mich.
Als Künstler zu aufzutreten, eine Perfomance hinzulegen ist für mich vergleichbar mit martial arts-Künstlern, die mit Bambus-Stöcken auf ihre Beine einschlagen – denn je öfter Du das machst, umso weniger tut es weh. Und wenn Du Dich anstrengst, bist Du eines Tages vielleicht richtig gut darin. Doch Du musst viel üben, eine Menge harter Arbeit investieren. Man braucht ein dickes Fell, um alle Arten von Kritik – gute wie schlechte – auszuhalten, soetwas muss man mit Fassung tragen und weitermachen und dann bekommt man vielleicht hin.
"Alle standen um das Klavier im Wohnzimmer"
Meine Großeltern haben Kindern beigebracht, zu singen – natürlich auch ihren eigenen Kindern, sodass meine Mutter und ihre Geschwister von Kirche zu Kirche gezogen sind, um Gospel-Choräle zu singen. Während ich aufwuchs, haben mein Großvater und mein Onkel selbst eine Kirche gegründet, also haben wir an den ganzen kirchlichen Feiertagen gesungen, am Weihnachtstag saßen immer mindestens 50 Leute bei uns herum, weil meine Oma wirklich jeden eingeladen hat, Leute, die sie beim Einkaufen getroffen hat oder Obdachlose. Und wir alle haben standen dann um das Klavier im Wohnzimmer herum, haben uns an den Händen gehalten und gesungen.
Meine ersten Erfahrungen im Leben sind eng mit Musik und dem Singen verknüpft, meine ersten Erfahrungen, was bedingungslose Liebe und Akzeptanz betrifft, stammen aus dieser Zeit, diesen Momenten – und deswegen möchte ich genau das machen und diese Erfahrung anderen Leuten vermitteln. Vielleicht auch, um das Andenken meiner Großmutter zu wahren.
"Heilsame Wirkung von Musik"
Das Schöne an Musik allgemein oder vor allem dieser Art Soul-Musik ist ihre heilsame Wirkung. Nachdem ich diese Band ins Leben gerufen habe, ging ich durch eine harte Zeit, mein Vater erkrankte damals an ALS, einer Nervenkrankheit. Ich habe ihn langsam verschwinden sehen und im Mai 2014 ist er dann schließlich gestorben. Während dieser ganzen Zeit bin ich vier Abende pro Woche auf der Bühne gewesen, die Musik hat mich dadurch gezogen. In der Lage zu sein, auf die Bühne zu gehen und alles herauszulassen: nach jedem Konzert war mein Spirit, der Glaube stärker. Musik hat eine enorme Kraft, den Blick auf die Dinge zu verändern."
Aufnahme vom 14.5.16 beim 25. Bluesfestival Schöppingen
Betty Fox - Gesang
Josh Nehms - Gitarre
Billy Dean - Schlagzeug
Matt Walker - Bass
Diese Sendung können Sie nach Ausstrahlung sechs Monate online nachhören.