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Bewaffnete Begleitfahrzeuge eskortieren Transporte durch den Irak

Anlässlich der Deutsch-Irakischen Wirtschaftskonferenz in München hat der Geschäftsführer der Spedition MG International Transports, Joachim Donath, auf die problematische Sicherheitslage bei Transporten durch den Irak hingewiesen. Man sei gezwungen, Sicherheitsfirmen für die Begleitung der durchzuführenden Transporte organisieren. Auch müsse man derzeit auf deutsche Mitarbeiter im Land verzichten, so Donath.

Moderation: Doris Simon |
    Doris Simon: Wer in diesen Zeiten Geschäfte in oder mit dem Irak macht, der sollte besser gute Nerven, gute Verbindungen und vor allen Dingen gute Mitarbeiter im Land haben. Die Anschläge und Entführungen haben fast alle Ausländer vertrieben, Handel und Wiederaufbau leiden massiv unter der Unsicherheit. Trotzdem oder gerade deshalb beginnt heute in München eine deutsch-irakische Wirtschaftskonferenz. Dort können interessierte Unternehmen Chancen für ein Engagement im Irak ausloten, irakische Gesprächspartner treffen und mit Vertretern der wenigen deutschen Unternehmen treffen, die schon lange im Irak tätig sind. Ein solches Unternehmen ist die Spedition International Transport, die seit 30 Jahren Geschäfte im Irak macht. Joachim Donath ist geschäftsführender Gesellschafter dieser Firma und jetzt bei uns am Telefon. Guten Tag.

    Joachim Donath: Guten Tag Frau Simon.

    Simon: Herr Donath, was für Geschäfte sind das, die Sie schon so lange im Irak machen?

    Donath: Nun, Sie haben ja gesagt, wir sind ein Transportunternehmen. Wir befassen uns natürlich in erster Linie mit der Logistik, das heißt, mit dem Transport aus den verschiedenen Lieferländern in den Irak.

    Simon: Was transportieren Sie da?

    Donath: Wir transportieren, man kann fast sagen, alles was so in den Irak geliefert wird und besonders in den Irak geliefert wird. Es gibt ja aus dem Irak heraus auch Transporte, das ist in erster Linie Öl. In diesem Geschäft sind wir nicht involviert. Das heißt, die Lieferungen sind in erster Linie für die Ölindustrie, für den Bereich Agrikultur, für den Bereich Medizin, für den Bereich Weiterbildung und das zieht sich eigentlich über alle Produkte.

    Simon: Wie oft liefern Sie in den Irak? Ist das ein tägliches Geschäft, ein monatliches? Wie muss man sich das heutzutage vorstellen?

    Donath: Für uns ist das seitdem wir im Irak tätig sind, mit kleineren Unterbrechungen - zum Beispiel im ersten Kuwaiteinmarsch, dann kam ja das oil-for-food Programm dazwischen, dann der Einmarsch der Amerikaner 2003 - eigentlich ein tägliches Geschäft. So habe ich zum Beispiel gerade mit Bagdad telefoniert.

    Simon: Um was ging es da, wenn wir das wissen dürfen?

    Donath: Im Moment geht es um Lieferungen für den Energiebereich, für den Ausbau der ganzen Stromversorgung.

    Simon: Eine Frage, die man sich als erstes stellt bei diesem Thema: Lieferungen in den Irak, wie geht das überhaupt, angesichts der gefährlichen Sicherheitslage da?

    Donath: Ja, gut, das ist auch für uns das größte Problem, und damit auch für unsere Kunden: Das Thema Sicherheit. In vielen Transporten sind wir damit konfrontiert, dass wir heute so genannte Sicherheitsfirmen für die Begleitung der durchzuführenden Transporte organisieren.

    Simon: Das heißt also, es fährt nicht nur ein Konvoi von Lastern, sondern es fährt ein Konvoi von Begleitfahrzeugen, die bewaffnet sind, oder wie muss man sich das vorstellen?

    Donath: Das ist richtig und zwar geht es da tatsächlich um bewaffnete Begleitfahrzeuge, was bei uns intern im Hause nicht gern gesehen wird. Aber es gibt zum Beispiel ja heute die Programme der einzelnen Regierungen, so zum Beispiel das USAid-Programm und da ist es eine zwingende Voraussetzung, dass alle Transporte, die in den Irak gehen, mit so genannter bewaffneter Eskorte durchgeführt werden.

    Simon: Liefern Sie über Land, oder liefern Sie über See?

    Donath: Wir liefern über See, das heißt über See geht es dann ja nur über den Hafen Umkasa, im Süden des Landes, ansonsten gehen ja alle Lieferungen über See in die Anrainerstaaten, das heißt Türkei, Syrien oder Jordanien, wobei Syrien aufgrund der enormen Sicherheitsprobleme im Moment eigentlich keine Priorität hat.

    Simon: Haben Sie eigentlich noch deutsche Mitarbeiter im Land, im Irak?

    Donath: Nein, zur Zeit haben wir keine deutschen Mitarbeiter. Früher hatten wir permanent mindestens zwei bis drei Deutsche in Bagdad stationiert und wir sind regelmäßig von Deutschland aus nach Bagdad gereist. Heute betreiben wir das Geschäft ausschließlich mit lang gedienten, für uns tätigen irakischen Mitarbeitern im Süden und auch in Bagdad.

    Simon: Läuft das Geschäft denn in dieser Form mit diesen Mitarbeitern genauso weiter wie vorher, oder spüren Sie, dass es zunehmend ein Problem wird, dass Sie keine Deutschen vor Ort haben?

    Donath: Ja, wir spüren das Problem für uns in der Form, dass unsere Kunden häufig natürlich niemanden vor Ort haben und wir dadurch Funktionen übernehmen müssen, die die Kunden zum Beispiel mit lokalen Ansprechpartnern vor Ort sichergestellt haben. Wir halten den Kontakt zu den Ministerien, die ja überwiegend heute importieren und teilweise auch zu privaten Unternehmen.

    Simon: Wenn Sie mit Ministerien und privaten Unternehmen die Geschäfte machen, wie sieht das denn da mit der Zahlung und vor allem auch mit der Zahlungsmoral aus?

    Donath: Die Zahlungsmoral, das kann man heute noch nicht genau sagen, weil es ja im Moment, das heißt seit eigentlich 2003 - bis dahin gab es ja das oil-for-food Programm, Ausläufer sind ja bis in 2004 getragen worden - heute das Problem hat, dass die irakische Seite ihre letter of credits, dass sind ja die Zahlungsinstrumente für den Irak, leider mit Zahlungsbedingungen ausfüllen wollen, die nicht für jeden akzeptabel sind. So sagen diese zum Beispiel überwiegend aus, "Zahlung erfolgt bei Lieferung", was zum Beispiel für den Bereich Industriegüter überhaupt nicht akzeptabel sein kann und auch nie sein wird.

    Simon: Was heißt das dann konkret für Sie?

    Donath: Für uns heißt das konkret, dass wir damit automatisch weniger Geschäft haben. Das ist ja mit ein Grund, warum wir heute diese Wirtschaftskonferenz in München haben, um auch mal zu hören, nun ja zum ersten mal offiziell von der neuen irakischen Regierung, wie das Geschäft eigentlich mit Leben erfüllt werden kann.

    Simon: Es findet ja heute auch noch eine andere sehr viel größere Konferenz am Toten Meer in Jordanien statt, eine Geberkonferenz für den Irak. Spüren Sie eigentlich auch Auswirkungen davon für Ihr Geschäft?

    Donath: Bisher eigentlich nicht. Wir sind im Moment überwiegend tätig für so genannte Donation Programme, das heißt, dort werden Gelder von den einzelnen Regierungen, so zum Beispiel Japan, USA... und da hat man natürlich weniger Probleme hinsichtlich der Zahlungsmoral.

    Simon: Im Irak kann es ja durchaus passieren, dass ein Lasterkonvoi einfach verschwindet. Wie sichern Sie sich, abgesehen mal von den sicherheitsbegleitenden Maßnahmen, wie die Extrafahrzeuge, dagegen ab?

    Donath: Ja, das ist das Problem, speziell für uns als deutscher Spediteur, weil wir in Deutschland eine durchgreifende Haftung haben. Das heißt, das Geschäft wird in erster Linie, das ist vielleicht nicht für jeden verständlich, im Bereich von Fixkostenspediteur abgewickelt und da hat der deutsche Spediteur immer das Nachsehen, weil er eine durchgreifende Haftung hat, das heißt, die Versicherer, die den Kunden zum Beispiel die Transportversicherung anbieten, können immer den Regress an uns durchführen und aufgrund der deutschen Rechtsprechung wohl voraussichtlich auch erfolgreich durchführen.

    Simon: Das heißt, im Zweifel, wenn etwas wegkommt, müssen Sie als Spediteur dafür bezahlen?

    Donath: Richtig. Da wo es uns nicht gelingt mit den Kunden Individualvereinbarungen zu treffen, die diesen so genannten Haftungsausschluss beinhalten. Das haben wir natürlich hier im Rahmen unserer jetzt staatlichen Geschäfte immer erfolgreich vollziehen können.

    Simon: Ist Ihnen das auch schon mal passiert, dass Ihnen etwas abhanden gekommen ist?

    Donath: Auch wir sind nicht davon verschont geblieben und zwar hat sich das ja in erster Linie ereignet im letzten Quartal 2004, wo auch wir, allerdings im Verhältnis zu den Gesamtschäden eine Bruchteil nur zu verzeichnen hatten.

    Simon: Sie haben ja nun seit vielen Jahren ein Netz von irakischen Mitarbeitern, gibt es da für Sie immer noch Möglichkeiten und Wege, Dinge wieder aufzutreiben?

    Donath: Die hat es in der Vergangenheit gegeben. Nun ist aber im Moment die Situation so, dass wir in der so genannten Alanbar Region, das ist zwischen Rutba und Ramadi, auf der Strecke von Jordanien und besonders erschwerend im Bereich des syrischen Grenzverlaufes ja nun erschwert mit amerikanischen coalition-forces Angriffen zu kämpfen haben, das heißt, da können Sie heute selbst gar keine Verhandlungen mehr aufnehmen mit diesen so genannten tribes, die ja hier nichts anderes als ein modernes hijacking betreiben.

    Simon: Heißt das jetzt für Sie in der Folge, dass Sie in der Gegend überhaupt keine Transporte mehr durchführen?

    Donath: Wir haben als MG-International unseren Kunden grundsätzlich die Empfehlung mit auf den Weg gegeben, Syrien zu meiden.

    Simon: Wenn Sie das so beschreiben, der Irak als tägliches Geschäft Ihrer Firma, aber mit all diesen riesigen Problemen: Lohnt sich das?

    Donath: Für uns ist das eine langfristige Philosophie. Wir betreiben hier das Geschäft seit 1974 und wir werden das sicherlich auch noch in den nächsten 20 Jahren betreiben und es hat sich über den gesamten Zeitraum immer wieder gelohnt.

    Simon: Und wenn Sie auf die Zukunft gucken, gehen Sie davon aus, dass Sie noch lange in dieser schwierigen Zeit leben müssen, oder dass sich das eher bald ändert?

    Donath: Bald ist das für uns sicherlich nicht getan, sondern wir selbst rechnen von heute gesehen nicht in den nächsten zwölf Monaten damit.

    Donath: Das war ein Gespräch mit Joachim Donath. Er ist geschäftsführender Gesellschafter einer Speditionsfirma, die seit 31 Jahren Geschäfte mit dem Irak macht.