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Bewerbung bei der Unesco
Mondäne Badekultur als Welterbe?

Als eine von elf Städten in Europa will Bad Ems mit seinen Kurbädern Unesco-Welterbe werden. Zum 1. Februar wird der Antrag bei der Kulturorganisation der Vereinten Nationen eingereicht. Der Bürgermeister hofft, dass die Kleinstadt mit dem Siegel "großes europäisches Heilbad" für Besucher noch attraktiver wird.

Von Anke Petermann |
    HANDOUT - 17.01.2019, Rheinland-Pfalz, Bad Ems: Das Kurhaus von Bad Ems, gelegen an der Lahn. (zu dpa «Bad Ems will mit anderen Heilbädern Weltkulturerbe werden» vom 17.01.2019) Foto: Dominik Ketz/Stadt Bad Ems/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits |
    Rheinland-Pfalz, Bad Ems: Das Kurhaus von Bad Ems, gelegen an der Lahn. (picture alliance/Dominik Ketz/Stadt Bad Ems/dpa)
    Blick von einer der Lahnbrücken aufs Kurviertel in der Nachmittagssonne: klassizistische Fassaden mit teils neobarock vergoldeten Stuckelementen, schmiedeeiserne Balkone, prächtige holzgeschnitzte Entrees.
    Dagmar Dietrich aus Bonn zückt gleich mehrfach die Kamera, "weil ich sowieso gern Wasser und Gebäude fotografiere und das natürlich sehr imposant aussieht an der Promenade, wunderschöne Häuser, die schönen Villen, die hier stehen, so ein richtig schönes Foto-Objekt."
    Die Lahnbrücken eignen sich bestens fürs Sightseeing, bekräftigt Hans-Jürgen Sarholz, Leiter des Stadt- und Kur-Museums. Denn der Fluss verdoppelt die mondäne Pracht von Bad Ems:
    "Diese schöne Bäder-Architektur, die sich da in der Lahn spiegelt. Highlights an einzelnen Architekturen sind das Kurhotel, heute Häckers Grand Hotel, das 700 Jahre Baugeschichte aufweisen kann, mit dieser 300 Jahre alten Brunnenhalle, die da über den Thermal-Quellen erbaut ist - so ein richtiges kleines Barockschlösschen, das die Fürsten von Oranien-Nassau damals gebaut haben, also die Vorfahren des heutigen holländischen Königshauses, und der Kursaal mit dem wunderschönen Marmorsaal von 1839."
    "Dostojewski und wer nicht alles"
    "Also, ich kenn die tschechischen Bäder, Franzensbad, Marienbad - tolle Bäder, die sehenswert sind. Und es ist doch wunderschön, wenn sich die zehn Bäder zusammenschließen und da eine gute Sache machen. Also, ich kann das nur begrüßen." Die gebürtige Hallenserin Sylvia Männicke lebt seit 30 Jahren in Bad Ems. Dass das Heilbad bei Koblenz das elfte im Bund der Bewerber ums Weltkulturerbe sein will, findet sie gut.
    "Bad Ems ist eine tolle alte, kleine Stadt, wo schon viel große Herrschaften waren, von Dostojewski und wer nicht alles."
    Der ukrainische Schriftsteller Nikolaj Gogol, die Romanoffs, unter anderem Zar Alexander, II.. "Russischer Hof" steht über dem Prachthotel, das heute Wohn- und Geschäftsgebäude ist und am Lahn-Ufer gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche mit ihrer vergoldeten Zentralkuppel liegt.
    "Es kamen im 19. Jahrhundert nach Bad Ems jedes Jahr Hunderte von Russen, das war nach den Franzosen die zweitgrößte Gruppe. Das spricht für das Internationale, und dafür die russische Kirche Ausdruck."
    Doch die Wurzeln der Emser Badekultur, weiß der Historiker Hans-Jürgen Sarholz, reichen mindestens ins Mittelalter zurück.
    "Seit dem späten 14. Jahrhundert sind wir ununterbrochen als Heilbad bekannt und genutzt. Das ist wichtig zu betonen: Es ging nicht erst mit Kaiser Wilhelm im 19. Jahrhundert los. Wenn im 15. Jahrhundert die Kurfürsten, der Erzbischof von Trier, von Mainz, von Köln in Bad Ems zu Gast waren - das ist die politische Elite des damaligen Heiligen Römischen Reiches, und die wären ja nicht nach Bad Ems gekommen, wenn es nicht schon damals seinen Ruf gehabt hätte", …und zwar den Ruf, mit seinen heißen Quellen heilsam zu wirken gegen Atemwegs-Erkrankungen. Die aus Emser Salz gepressten Pastillen sind auch heute noch bei Sängern beliebt.
    "Früher war das ja schon noch mal was anderes, das gab's ja Kuren. So was gibt’s ja quasi nicht mehr ", merkt ein Passant an. "Da hat Bad Ems ein paar Jahre gebraucht, bis sie gemerkt haben, dass man ein bisschen was Neues machen muss. Es hat schon ein bisschen geschlafen hier."
    Hoffen auf das Unesco-Siegel
    Wir sind ein kleiner Ort, sagt Bürgermeister Berny Abt über Bad Ems: "Wir haben keine große Industrie, wir sind dankbar für zwei große Firmen, die uns finanziell mit Steuern unterstützen, aber ansonsten leben wir vom Tourismus."
    Und der, so hofft Abt, bekommt Schwung, wenn das kleine Bad Ems von der Unesco das Siegel "großes europäisches Heilbad" verliehen bekommt.
    "Es hat auf jeden Fall Potential. Ich war in Marienbad in Tschechien, das ist sehr schön, Karlsbad auch. Ich denke, das kommt schon gut ran."
    "Die Häuser sind toll."
    "Mein Eindruck ist, dass sich Bad Ems wirklich Mühe gibt, dass das alles sehr gepflegt ist und darauf geachtet wird, dass das alles erhalten bleibt. Das gefällt mir gut", sagen Maike und Katrin aus Schleswig-Holstein, während sie die Treppen zum Lahn-Ufer hinuntersteigen. Hinter der bewaldeten Höhe versinkt die Sonne, schlagartig wird es eiskalt.
    "Und ich freu mich auf den Sommer, wenn wir hier auf der Promenade sitzen und ein Eis essen können."
    "Ja, kommen wir auf jeden Fall im Sommer noch mal her."
    Bekräftigt Dagmar Dietrich und packt den Foto-Apparat weg.