Wie in anderen Länder auch nutze der türkische Staat den Sport, um Werbung für das Land zu machen, sagte Heinrich. So ein Event sei eine Gelegenheit, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Die Türken seien zudem "fußballverrückt" - Erdogan selbst wäre einst beinahe Fußball-Profi geworden. Die Europameisterschaft könne ein Höhepunkt seiner politischen Karriere werden.
Die Türkei habe einige gute Argumente für ihre Bewerbung, meint Heinrich: etwa die Stadien. Erdogan habe mit seinen guten Verbindungen in die Baubranche viele Stadien saniert oder sogar neue bauen lassen. Die Spielstätten könnten zudem sogar mietfrei angeboten werden, da sie Staatseigentum sind.
Umgang mit Menschenrechten als Kriterium
Unterstützung sei dem Staatspräsidenten auch vonseiten der Medien sicher. Erst kürzlich hatte die Unternehmensgruppe Demirören Holding angekündigt, die letzte unabhängige Mediengruppe der Türkei, die Dogan Media Group, aufzukaufen - dazu gehören CNN Turk, die Tageszeiung Hurriyet und das Sportmagazin Fanatik. Darin sei in nächster Zeit eine Werbekampagne für die EM zu erwarten, sagte Heinrich. Denn der Vorstandschef der Demirören Holding ist Yıldırım Demirören, Chef des türkischen Fußballverbandes.
Was der Türkei bei der Bewerbung allerdings zum Verhängnis werden könnte: ihr Umgang mit Menschenrechten. Die UEFA hat dies zum ersten Mal zum Kriterium für den Zuschlag gemacht. Wenn der europäische Verband das ernst nehme, sprächen alleine die Massenverhaftungen nach dem Putschversuch 2016 gegen die Türkei als Ausrichter, meint Heinrich. Zudem würden Journalisten und Oppositionelle verfolgt. Auch im Sport gebe es Diskriminierung: Ein homosexueller Schiedsrichter musste aufgrund seiner sexuellen Orientierung seinen Job aufgeben. Gegen Fangruppen, die "oppositionell" geprägten Vereinen nahestünden, werde hart vorgegangen.
Frist endet in der kommenden Woche
Die Bewerbungsfrist für die Austragung der Fußball-EM 2024 läuft am Freitag, 27. April, ab. Neben der Türkei hat sich nur noch Deutschland beworben. Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark hatten eine gemeinsame Bewerbung in Erwägung gezogen, sich aber dagegen entschieden. Die Vergabe erfolgt am 24. September 2018.