Das Aus kam nicht ganz unerwartet, aber plötzlich: Am Freitagnachmittag hat das Österreichische Olympische Komitee die Bewerbung um die Winterspiele 2026 von Graz und Schladming zurückgezogen. Es ist die zweite Olympia-Pleite kurz hintereinander - erst im Oktober 2017 brachte eine Volksbefragung die Bewerbung von Innsbruck zu Fall. Nun warf das ÖOC schon vor einem für September geplanten Referendum das Handtuch. Generalsekretär Peter Mennel beklagt im Gespräch mit dem Deutschlandfunk die fehlende Unterstützung der steirischen Landespolitik:
"Wir konnten einfach keinen Rückhalt bei der Landesregierung finden, aus welchen Gründen auch immer. Wir haben das aber von Anfang an gegenüber den Proponenten Graz und Schladming kundgetan und gesagt: Wir brauchen um das realistisch umsetzen zu können ein klares Bekenntnis der steirischen Landesregierung."
Politischer Wille fehlt
Das IOC respektiere den Schritt, sagte ein Sprecher dem Fachblatt "Around the Rings". Olympia sei eine einigende Kraft, deswegen sei es richtig, wenn das ÖOC sich nicht in einen politischen Streit hereinziehen lasse. Die Initiative für "Austria2026" war von den Bürgermeistern aus Graz und Schladming ausgegangen. Im Alleingang präsentierten sie ihre Idee Anfang des Jahres in den Medien, führende Landespolitiker aus der Steiermark erfuhren erst aus der Zeitung von dem Projekt. Ein Fehler, wie Graz‘ Bürgermeister Siegfried Nagl später zugab. Offenbar ist es dem ÖVP-Politiker nicht gelungen, die entscheidenden Akteure nachträglich ins Boot zu holen. Für den Deutschlandfunk war Nagl kurzfristig nicht zu erreichen, im ORF sagte er, er habe Verständnis für die Entscheidung des ÖOC – und fühle sich von der Politik im Stich gelassen:
"Die mangelnde Unterstützung hat‘s in allen politischen Reihen gegeben, leider auch in der meinen. Darüber bin ich nicht sehr erfreut. Es hätte irgendwann mal ein klarer Satz fallen können: Wir wollen das."
Stattdessen machte die Regierung aus ÖVP und SPÖ unmissverständlich klar: Für Olympia-Träume fehlt das Geld. Am Dienstag beschloss der Landtag einstimmig, keine Haftungen und Garantien zu übernehmen. Außerdem setzten die Abgeordneten eine Volksbefragung an – und torpedierten damit die Pläne von Nagl und ÖOC, die ein Referendum gern vermieden hätten. Nicht der einzige Grund für den Rückzug, behauptet Peter Mennel vom ÖOC:
"Das hat mit der Volksbefragung überhaupt nichts zu tun. Sondern es braucht ein Bekenntnis: Jawohl, das ist für uns ein Projekt, das wir gemeinsam mit Graz und Schladming für die Zukunft unseres Landes umsetzen wollen. Das ist leider auch nach der Vorlage der Machbarkeitsstudie nicht gekommen."
Noch fünf Bewerber für die Winterspiele 2026
Die Machbarkeitsstudie, von den Bewerbern Ende Juni präsentiert, hatte das gewünschte Ergebnis gebracht: Kleine, dezentrale Spiele würden nur 1,1 Milliarden Euro kosten – und keinen Cent Steuergeld. Ein Anti-Sotschi sollte es sein, ein schlankes Konzept ganz im Sinne des IOC und Thomas Bachs "Agenda 2020". Nur: Das Glaubwürdigkeitsproblem der Hüter der Ringe und all ihrer Partner hat sich bis in die Steiermark herumgesprochen. Der Landtag wollte die Machbarkeitsstudie auf ihre Plausibilität prüfen lassen - ein weiteres deutliches Zeichen des Misstrauens und des fehlenden politischen Willens.
Weil das ÖOC nun die Konsequenzen gezogen hat, bleiben dem IOC aktuell noch fünf Bewerber für die Winterspiele 2026. Und es könnten noch weniger werden: In Calgary in Kanada wird Ende des Jahres ein Referendum erwartet, in Italien fällt das Olympische Komitee in den nächsten Tagen die Entscheidung über eine Bewerbung von Mailand, Turin und Cortina d’Ampezzo. Sapporo in Japan schwankt noch, Stockholm wartet auf den Ausgang der schwedischen Parlamentswahlen im Herbst. Wirklich sicher scheint derzeit nur der Kandidat Erzurum in der Türkei. Vergeben werden die Spiele im September 2019 auf einer IOC-Session in Mailand.