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Beyoncé: "The Lion King – The Gift"
Kein (!) Soundtrack

Nach Kendrick Lamars alternativem Soundtrack zum Film "Black Panther" legt auch Beyoncé einen Soundtrack aus der Kategorie "Music inspired by" vor. Mit "The Lion King – The Gift" will sie auf die afrikanische Popkultur hinweisen. Und wagt mit den Songs einen Spagat.

Von Ina Plodroch |
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Beyoncé singt den neuen Titelsong "Spirit" zum "Der König der Löwen"-Remake - Mehr Masse und Mainstream geht kaum - oder? (Pressefoto Sony Music )
Eigentlich ist es ja so: Beyoncé setzt Maßstäbe, sie hechelt keinen Trends hinterher. Aber wie passt nun das dazu:
Beyoncé singt den neuen Titelsong "Spirit" zum "Der König der Löwen"-Remake, das aussieht, als hätte der Regisseur Jon Favreau echte Löwen dressiert und ihnen das Sprechen beigebracht. Ansonst: fast alles gleich. Gleiche Geschichte, fast die gleiche Musik mit ein paar Neuerungen. Plus dieser eine Song eben von Beyoncé, die sich als große Diva gibt mit mächtigem Stimmvolumen – und einem für ihre Verhältnisse total langweiligem Song.
"Das ist natürlich bei diesen ganzen Remakes ein großes Problem für Disney", sagt Micheal Aust, Leiter des Festivals Soundtrack Cologne. "Einerseits haben die Leute der älteren Generation die ganzen alten tollen Filme mit ihren super tollen Melodien im Kopf."
Die sich aber vor allem auf ein Gefühl beziehen: "Diese melancholische Grundstimmung des damals damals damals. Das ist natürlich in so einer Zeit, wo Trump jetzt das vorherrschende Gefühl ist durchaus dazu passend. Also all die Leute, die sich gegen Veränderung wehren. Auf der anderen Seite muss man natürlich mit so einem großen Disney Film die Leute erreichen, die eher nach vorne gehen, weil das ist ein Ding, das muss erfolgreich sein."
Und für das Heute sorgt eben sie. Wer sonst.
HOMECOMING: A FILM BY BEYONCE, Beyonce, 2019. © Netflix / courtesy Everett Collection | Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
Feminismus und Empowerment strahlte Beyoncé etwa in der Doku "Homecoming" aus. Doch was ist davon geblieben? (Everett Collection)
Ein Liebesbrief an Afrika
"I am Beyoncé Giselle Knowles-Carter."
"I am the Nala, sister of Naruba."
Beyoncé, die eigentlich so feministisch gibt, spricht die kleine Rolle der Nala in dem Film mit den vielen Männern, also männlichen Löwen, die über das Fressen und Gefressenwerden sinnieren. So ist das Leben eben, lautet die Message. Beyoncé hat trotzdem neben dieser Powerballade "Spirit" noch einen ganzen zweiten Soundtrack, der im Film aber keine wirkliche Rolle spielt, kuratiert beziehungsweise produziert und selbst gesungen.
"The soundtrack is a love letter to Africa." Ein Liebesbrief an Afrika sei ihr Soundtrack, sagt sie im einzigen Interview zu diesem Projekt im amerikanischen Fernsehsender ABC. "I wanted to make sure we found the best talent from Africa. Not just use some of the sounds and do my interpretation of it." Die besten Talente aus Afrika wollte sie finden und mit ins Boot holen.
Aber nur auf die Musikrichtungen aus Afrika vertrauen wollte sie wohl auch nicht: Childish Gambino, Jay-Z, Kendrick Lamar, Tierra Whack, Pharell Williams sind auch dabei. Nur Drake fehlt in der Star-Riege – aber der hat das Spiel mit den Produzenten und Sounds aus Afrika schon seit seinem Hit "One Dance" von 2016 mit dem nigerianischen Star Wizkid etabliert. Beyoncé setzt aber nun nicht nur auf Afrobeats. Sondern auch auf Highlife und Gqom aus Südafrika und Nigeria.
Im Song "Keys To The Kingdom" vermischt sie das nigerianische Genre Highlife mit aktuellem Pop. Sie selbst hält sich dabei sogar ganz zurück und stellt die Sängerin Tiwa Savage aus Nigeria in den Vordergrund. Oder verbindet Yemi Alade aus Nigeria mit der spannenden Newcomerin Tierra Whack in einem Gqom-Song, also elektronischer Musik aus Südafrika.
Jeder ist ein König
Nach ein paar Songs zeigt sich: Beyoncé hat zwar diesen einen massentauglichen Song auf dem Album. Aber kaum einer hat wie sie verstanden, dass es zum einen nicht mehr reicht im heutigen Pop-Geschäft nur Partysongs, nur Tanzsongs, nur politische Songs oder nur Power-Balladen zu singen. Die Mischung macht’s und Beyoncé hat eben beides: Mehr Masse und Mainstream als König der Löwen geht kaum. Und das reichert sie dann an mit Songs wie diesem hier, "Mood 4 Eva".
Ein Song, der klingt, als wären vier Stück in ihm vereint, weil er so spannend und abwechslungsreich ist, aber dabei nicht so überproduziert und viel zu voll und laut wie viele andere aktuelle Produktionen klingt. Und nebenbei hat sie die Geschichte vom König der Löwen einfach umgeschrieben. Es geht nicht mehr darum, dass der König eben König ist und die Macht hat, sonst keiner. Bei Beyoncé ist jeder ein König und jeder hat sein Königreich. Da ist es wieder, ihr Hauptthema: Empowerment. Empowerment für die schwarze Frauen. Für sich. Und für ihre Tochter.
"Independent Woman"-Feminismus kommt zu kurz
Das ist sie sogar: Blue Ivy Carter, ihre siebenjährige Tochter. Beyoncé thematisiert also nicht weiter die Rolle der schwarzen Frau in der Gesellschaft. Sie ermutigt sie einfach zu mehr Selbstbewusstsein. Und das funktioniert. Auf Twitter teilen Tausende Nutzer mit Memes, dass die das Album hören und völlig ergriffen sind, nachdem sie den Song "Brown Skin Girl" gehört haben.
Dass Beyoncé ihre Rolle als Mutter thematisiert. Auch davon singt, eine gute Ehefrau sein zu wollen – das passt nicht wirklich zu ihrem "Independent Woman"-Feminismus und ihrem Empowerment. König der Löwen aber auch nicht. Und dass es jetzt schon wieder ewig um Beyoncé selbst geht, auch in den Songs, wo es doch um den Sound Afrikas gehen soll. Aber so viel Widerspruch muss wohl sein.