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Bezahlen 4.0
Apps bieten Banken die Stirn

Nur etwa 50 Mal im Jahr bezahlen deutsche Kunden mit ihrer Karte. Deshalb arbeiten Banken, Kartenanbieter und der Handel fieberhaft daran, den Deutschen das mobile Bezahlen schmackhaft zu machen - vor allem mit dem Smartphone. Doch das "Payment 4.0" birgt gerade für die Banken auch Risiken.

Von Stefan Wolff |
    Ein Handy mit der Nahbereichskommunikationstechnik NFC Near Field Communication wird am 27.11.2012 beim Trendkongress der Bitkom in Berlin mit der App MyWallet der Telekom an ein Bezahlterminal gehalten.
    Mobiles Bezahlen soll in Zukunft vor allem mit dem Smartphone passieren. (dpa / picture-alliance / Michael Kappeler)
    Die Deutschen sind wahre Plastikmuffel. Sie greifen im Schnitt nur etwa 50 Mal im Jahr zur Karte, wenn es ums Bezahlen geht. Die Portugiesen machen das doppelt so oft, und in Skandinavien gilt Bargeld fast schon als verpönt. Wer in Stockholm mit Bus oder Bahn fahren will, kann zum Beispiel gar nicht mehr mit Scheinen oder Münzen zahlen.
    Dennoch arbeiten Banken, Kartenanbieter und der Handel fieberhaft daran, den Deutschen das mobile Bezahlen schmackhaft zu machen. "Payment 4.0" heißt das im Fachjargon und bedeutet schlicht und ergreifend, dass Zahlen berührungslos erfolgt. Zum Beispiel per Funk. Die Kassiererin gibt den Betrag ein, schaltet die Bezahlfunktion frei, der Kunde hält die Karte vor ein Lesegerät und "piep" ist der Kauf erledigt.
    Die berührungslose Kreditkarte ist nur der erste Schritt
    Viele Handelsketten akzeptieren das berührungslose Zahlen, die Discounter Lidl und Aldi beispielsweise, aber das reicht noch nicht, sagt Maike Strudthoff, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens MSIC for Mobile Innovation:
    "Die verfügbaren Verfahren sind oft nur für wenige Nutzer relevant, viele Händler akzeptieren es noch nicht. Es gibt kaum Mehrwerte, die Verfahren sind meist kompliziert. Ich bin mir aber sicher, eines Tages wird der "mobile payment"-Knoten platzen, wenn die Angebote dann die notwendige Reife haben."
    Dabei ist die berührungslose Kreditkarte nur der erste Schritt. Mobiles Bezahlen soll in Zukunft vor allem mit dem Smartphone passieren. Der Kunde aktiviert eine App, lädt einen Bezahlcode. Das Lesegerät an der Kasse erfasst den Code und - "piep" ist der Kauf erledigt. Angesichts der Möglichkeiten gerät die Fachwelt ins Schwärmen:
    "Wir alle sind mobil und der Handel kann das verwenden. Jetzt das erste Mal, die physische Welt, also im Laden zu sein mit der digitalen Welt, so ein Handy in der Hand zu haben. Da sind ganz neue Services, die sich daraus ergeben können", erklärt Florian Wolfframm, Marketingleiter beim Bonusanbieter Payback.
    Mobiles Punktesammeln und Bezahlen bei Payback
    Seit einiger Zeit hat Payback seine App um eine Bezahlfunktion erweitert, bietet damit mobiles Punktesammeln und mobiles Bezahlen an. Neun Millionen Kunden haben die App bereits heruntergeladen, wie viele damit auch zahlen, ist Betriebsgeheimnis. Payback wird zugetraut, das Eis in Sachen Payment 4.0 zu brechen. Marketingchef Wolfframm gibt sich betont gelassen:
    "Mobile Payment Wettbewerber, die interessieren uns nicht. Die Zahlungsfunktion ist für uns nur eine Kirsche on Top. Die kann man essen, die muss man aber nicht essen."
    Denn wer sich für das Zahlen per App entscheidet, dem geht es in erster Linie nicht ums Bezahlen. Und hier kommen viele kleine App-Anbieter ins Spiel, die den Markt langsam aber sicher aufräumen. Wie zum Beispiel "MyTaxi". Mit der App lässt sich das Taxi zahlen, aber eben auch rufen. Oder "Lieferheld". Mit der App kann das Essen bezahlt, aber eben auch ausgesucht und bestellt werden. Maike Strudthoff:
    "Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Mobile Technologien sind ein wesentlicher Treiber. Dabei versteht die Technologie dann immer besser, welche Antworten an bestimmten Orten für welche Kunden relevant sind."
    Kritiker befürchten Missbrauch von Zahlungsdaten
    Das heißt konkret, wer keinen Fisch mag, dem wird sein Smartphone keine Sushi-Bar empfehlen, eher die Pizzeria nebenan. Das zeigt aber auch: Wer mobil zahlen will, muss auch viel von sich preisgeben. Kritiker befürchten auch, dass sich die Zahlungsdaten manipulieren lassen. Allerdings ist es zu so einem Datenklau noch nicht gekommen.
    Die Einkaufs- und Bezahlgewohnheiten ändern sich langsam. Das wird vor allem für Banken und Sparkassen zu einer großen Herausforderung werden, urteilt Maike Strudthoff:
    "Bei jeder Kartenzahlung schaut der Kunde typischerweise auf das Logo seiner Bank. Das ist auf der Karte aufgedruckt. Ob nun Apple Pay, Samsung Pay, Payback Pay oder ein anderes Pay, der Kunde schaut dann auf das Logo des neuen Anbieters. Somit übernimmt der neue Anbieter einen Teil der Kundenbeziehung und davor sollte eine Bank sich fürchten. Denn damit knabbern die Anbieter langsam aber stetig am Kuchen der Banken."
    Die Banken haben bereits reagiert und setzen der neuen Konkurrenz mit Giro-Pay ein mobiles Angebot entgegen. Der nächste Schritt dürfte die mobile Bankkarte sein.