Luisa Huss ist – obwohl sie den Begriff nicht gerne benutzt – Influencerin. Die selbstständige Fitnesstrainerin und Ernährungsberaterin gibt auf ihrem Instagram-Kanal Tipps für ein gesünderes Leben. 150.000 Follower hat sie hier.
O-Ton aus einem Video von Luisa Huss: "Willkommen zu einem neue Instagram-TV-Video. Heute ist das Thema Nackenverspannungen, beziehungsweise möchte ich Euch ein paar Übungen zeigen, die helfen, wenn Ihr Nackenverspannungen habt. Und dann würde ich sagen, ganz viel Spaß bei dem Video."
Irgendwie beteiligt sind an ihren Postings oft auch andere Unternehmen: Das Fitnessstudio, in dem sie Videos aufnimmt, der Hersteller der Sportbekleidung, die sie trägt, und so weiter. Manchmal sind es bezahlte Kooperationen, manchmal aber eben auch nicht. Bei manchen Beiträgen hat sie sogenannte Tap Tags verwendet, um auf beteiligte Firmen hinzuweisen. Als Service für ihre Follower, so sagt sie: "Tap Tags sind, dass man innerhalb des Bildes irgendeinen anderen Account markiert. Und da ist jetzt die Frage, muss ich das als Werbung kennzeichnen oder nicht?"
Vorwurf der Schleichwerbung
Der Verband Sozialer Wettbewerb VSW hat Luisa Huss sowie die beiden anderen Influencerinnen Cathy Hummels und Leonie Hanne, die überwiegend zu Mode und Lifestyle posten, zunächst abgemahnt und später verklagt. Der Vorwurf: Mit Tap Tags, die auf den jeweiligen Anbieter hinweisen, hätten sie Produktempfehlungen markiert und sie dabei nicht als Werbung gekennzeichnet.
Luisa Huss: "Ich in meinem Fall war aber der Ansicht, dass ich es, in Anführungsstrichen, 'richtig markiert' hatte, weil ich für die Sachen, die ich markiert hatte, keinerlei Gegenleistung bekommen habe. Das heißt, die Socken, die ich beispielsweise markiert habe, die habe ich selbst gekauft, und habe dementsprechend auch nicht eingesehen, warum ich hier Werbung kennzeichnen soll,wenn ich hierfür keine Gegenleistung bekommen habe."
So etwas sei unzulässige Schleichwerbung, meint dagegen der klagende Verband. Es sind nicht die ersten Gerichtsverfahren dieser Art – der VSW hat seit geraumer Zeit die Branche der Influencer im Fokus. Das erste Mal allerdings hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden. Im Grundsatz: Influencer müssen Herstellerhinweise nur dann als Werbung markieren, wenn sie dafür eine Gegenleistung erhalten haben. Bitter für Luisa Huss: Für eine ihrer Verlinkungen hatte sie doch etwas bekommen - und hätte die deshalb dann auch entsprechend kennzeichnen müssen.
BGH: Immer im Einzelfall prüfen
In der Verkündung der BGH-Entscheidung weist der Vorsitzende Richter Thomas Koch darauf hin, dass auch wenn die Plattform vielerorts als reine Werbeplattform gesehen wird, es bei Instagram und co. eben nicht nur um den Absatz von Produkten geht, sondern dass die Beiträge auch ein legitimes Informationsinteresse der Nutzer befriedigen: "Die Leute wollen wissen, wie die Influencer ihr Leben gestalten, was sie für Kleidung tragen, was sie essen, welchen Sport sie betreiben."
Deshalb muss bei jedem Beitrag geklärt werden, ob er jetzt werblichen Zwecken dient oder ob er vorrangig rein redaktionell ist. Für die sogenannten Tap Tags gilt dabei, so Thomas Koch weiter.
"Wir waren der Meinung, dass allein die Nutzung von Tap Tags, in denen dann der Name des Herstellers des Produktes angezeigt wird, dass das noch nicht übertrieben werblich ist, da überwiegt noch das Informationsbedürfnis, die Information darüber zu vermitteln, von wem dieses Produkt hergestellt worden ist. Wir meinen aber, dass eine Grenze überschritten ist, wenn dieser Tap Tag verlinkt wird, dann auf eine Internetseite des Herstellers, dann wird regelmäßig hier ein werblicher Überschuss, eine geschäftliche Handlung anzunehmen sein. Aber das muss eben im jeweiligen Einzelfall geprüft werden."
Medienanwalt: Keine echte Guidline
Eine echte Guideline für Influencer, Unternehmen und Social-Media- Networks seien die heutigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes allerdings nicht, meint der Hamburger Urheber- und Medienrechtler Martin Gerecke. Sie seien für Laien kaum verständlich zu lesen und würden die Branche auch nicht nicht beruhigen, befürchtet der Anwalt. Er setzt seine Hoffnungen vielmehr in ein bereits vom Bundestag beschlossenes Gesetzes.
"Seine Aussage ist viel klarer als das die Entscheidung des BGH heute. Das Gesetz sagt: Nur, wenn der Influenzer einen Vermögensvorteil gleich welcher Art, erlangt hat, ist sein Posting auch als kennzeichnungspflichtiges Posting anzusehen. Und das halte ich auch für richtig, weil wir damit eine klare Abgrenzung haben."
Die Gesetzesänderung wird im nächsten Jahr am 28. Mai in Kraft treten.
(*) Vorspann und Bezeichnung des Gerichts korrigiert