Auch Infront im Fokus
Korruptionsprozess gegen Ex-Biathlonpräsident Besseberg

Biathlon ist ein TV-Hochglanzprodukt. Doch gab es bei der Vermarktung Hinterzimmer-Deals mit Infront? Die Sportrechtefirma, der Ex-Biathlon-Präsident Anders Besseberg sowie ehemalige Funktionäre des Österreichischen Skiverbandes stehen im Fokus der Staatsanwaltschaft. "Standard"-Journalist Fritz Neumann erklärt den Fall.

Fritz Neumann im Gespräch mit Astrid Rawohl |
Anders Besseberg steht 2017 als Präsident der Internationalen Biathlon-Union (IBU) auf einem Podium
Der ehemalige Präsident der Internationalen Biathlon-Union (IBU), Anders Besseberg, steht in seinem Heimatland Norwegen wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. (imago / Eibner Europa / imago sportfotodienst)
Schon lange ist Biathlon eine Wintersportart, die erfolgreich fürs Fernsehen vermarktet wird und sich hoher Einschaltquoten erfreut. Einer, der diesen Aufstieg der nordischen Sportart mitverantwortet hat, ist Anders Besserberg. Er leitete die Geschicke der Internationalen Biathlon-Union (IBU), die ihre Disziplin unabhängig vom Weltskiverband (FIS) organisiert, von der Gründung 1993 bis 2018.
Gegen den 77-jährigen Norweger ist allerdings nun ein Korruptionsprozess in seinem Heimatland angelaufen. Fritz Neumann, Journalist beim österreichischen Portal "Der Standard", fasst im Dlf-Interview die Anklage der norwegischen Staatsanwaltschaft so zusammen: "Es wird ihm vorgeworfen, dass er sich korruptes und unethisches Verhalten mit teuren Uhren, kostenlosen Jagdausflügen, Jagdtrophäen, Diensten von Prostituierten und einem Leasing-Auto hat abgelten lassen. Das sind Vorwürfe, die in den Bereich der Untreue und Bestechlichkeit hineinreichen."
Gemäß den Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens gilt die Unschuldsvermutung, bis die Schuld rechtskräftig nachgewiesen ist.

Angebliche Bevorzugung bei Deals mit Infront steht im Raum

Doch nicht nur Besseberg selbst, der einst 2018 nach einer Razzia des österreichischen Bundeskriminalamts in der IBU-Zentrale zurückgetreten war, steht jetzt im Fokus der Staatsanwaltschaft. Bei der Verlesung der Anklageschrift wurde darüber hinaus enthüllt, dass es in diesem Fall auch um das Geschäftsgebaren des weltweit führenden Sportvermarkters Infront Sports & Media AG geht. Auch in Österreich, wo die IBU ihren Hauptsitz in Anif bei Salzburg hat, läuft ein entsprechendes Ermittlungsverfahren in der Hauptstadt Wien.
"Der Standard"-Journalist Neumann erklärt, diese neue Tragweite habe sich erst im Lauf des jetzt gestarteten Prozesses ergeben: "Ursprünglich hat es geheißen, dass Herrn Besseberg vor allem vorgeworfen wird, er hätte russische Dopingskandale oder -fälle vertuscht oder mitgeholfen, sie zu vertuschen. Am ersten Tag des Verfahrens in Norwegen hat sich herausgestellt, dass es auch um andere Dinge geht. Nämlich um Deals mit Sportrechten, TV-Rechten, Marketing-Rechten."
Demnach werde durch die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch gegen andere (ehemalige) hochrangige Funktionäre der IBU und Mitarbeitende des Sportrechtevermarkters Infront ermittelt. "Ich denke, es steht der Vorwurf im Raum, dass Infront begünstigt worden wäre. Dass es vor allem darum gegangen ist, wenn neue Verträge abgeschlossen wurden, dass Infront dann die Möglichkeit gehabt hat, bei diesen Verträgen nochmal nachzubessern. Was einem lauteren Wettbewerb eigentlich nicht entsprechen würde", verdeutlicht Neumann.
Infront Austria streitet in einem Statement alle Vorwürfe ab. Das Unternehmen, das von Philippe Blatter – Neffe des ehemaligen FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter – geleitet wird, teilte jüngst mit, "dass unsere Vereinbarungen mit der IBU seit jeher marktüblich und durch Gremienbeschlüsse innerhalb der IBU breit abgestützt waren". Eine "unrechtmäßige Einflussnahme auf das Zustandekommen dieser Verträge" bestritt der Sportrechtevermarkter.

Auch Rolle von Ex-ÖSV-General Leistner ein Thema

Ein durchaus interessanter Aspekt in dieser Gemengelage sei laut Neumann auch die Rolle des ehemaligen IBU-Vizepräsidenten Klaus Leistner, der lange unter Präsident Peter Schröcksnadel Generalsekretär des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) war.
Neumann führt aus: "Leistner ist vom ÖSV in die IBU entsandt worden und war dort für die Finanzen zuständig, war Vizepräsident unter Herrn Besseberg. Er sagt, er kennt Herrn Besserberg sehr lange, aber er kannte ihn nicht gut. Das finde ich schon bemerkenswert, wenn jemand, der zwölf, 13 Jahre mit einem anderen sehr eng zusammengearbeitet hat, sagt, er hat ihn nicht gut gekannt."
Auch Leistner ist im Herbst 2023 von der WKStA zweimal vernommen und "als Beschuldigter geführt worden", wie er zuletzt gegenüber "Der Standard" sagte. Der Jurist, Jahrgang 1945, betonte, er habe nie etwas angeboten bekommen und auch nie etwas angenommen. Es sei stets alles durch den IBU-Vorstand abgesegnet gewesen. Leistner soll auch im Prozess in Norwegen gegen Besseberg per Video zugeschaltet und vernommen werden.