Christoph Heinemann: In seinem Roman "Der Name der Rose" beschreibt der italienische Schriftsteller Umberto Eco einen Bibliothekar, der alles unternimmt, um seine Bücher vor den Lesern zu verstecken. Jorge von Burgos hat die Klosterbibliothek als Labyrinth aufgebaut, in dem sich nur wenige zurecht finden, und das nur, um ein Buch, ein Werk des Aristoteles, zu verstecken. Schließlich schreckt er auch vor Mord und Totschlag nicht zurück.
Ein schlechtes Beispiel für die Zunft. Nachahmer sind hierzulande und heutzutage auch nicht aktenkundig – wäre auch schwierig, denn die Klöster haben ihr Monopol längst verloren. Mehr als 10.500 Bibliotheken gibt es allein in Deutschland, die meisten sind öffentliche, einige Hundert wissenschaftliche Bibliotheken, und dort werden in jedem Jahr über 400 Millionen Medien entliehen und die meisten auch wieder zurückgebracht. Und wenn alle Jahre wieder zur Frankfurter oder Leipziger Messe über die Zukunft des Buches im digitalen Zeitalter nachgedacht wird, dann gilt das auch für diese Sammelstellen des gedruckten Wissens. Rund 4.500 Bibliothekare haben in den vergangenen Tagen in Hamburg über ihre Arbeit beraten, unter ihnen Dr. Klaus-Reiner Brintzinger, der Vorsitzende des Vereins Deutscher Bibliothekare, und er ist auch Leiter der Universitätsbibliothek von München. Guten Morgen!
Klaus-Reiner Brintzinger: Guten Morgen, Herr Heinemann!
Heinemann: Herr Brintzinger, "Bibliotheken – Tore zur Welt", so ist Ihre Jahrestagung überschrieben. Steht über dem größten Tor zum Wissen nicht längst der Name Google?
Brintzinger: Google ist natürlich heute ein ganz wichtiger Player. Google hat sehr viele Digitalisate. Deswegen ist die Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und Google wichtig. Wir sind diejenigen, die in der Regel die Daten haben. Das heißt, wir wissen, wie man die Bücher auffindet. Google hat viele Bücher digitalisiert, übrigens viele Bücher, die auch in Bibliotheken stehen, mit Genehmigung von großen Bibliotheken, und wir haben gerade Wege der Zusammenarbeit gefunden. Da sage ich Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie heute in einem Bibliothekskatalog suchen, dann finden Sie – so ist das bei uns in München – automatisch zu dem jeweiligen Eintrag ein Digitalisat von Google, wenn das vorhanden ist. Und auf der anderen Seite reden wir darüber, ob wir unsere Daten nicht öffentlich machen können, damit auch Google, aber auch andere besser ihre digitalisierten Bücher auffindbar machen können.
Heinemann: Herr Brintzinger, glauben Sie, dass es in 20 oder 30 Jahren irgendeinen Text geben wird, der nicht digital im Netz abrufbar sein wird?
Brintzinger: Ich habe mir angewöhnt, auf diese Frage zu antworten, ich weiß es nicht, weil wir alle die Entwicklung und die Geschwindigkeit der Entwicklung unterschätzt haben. Wir stehen im Augenblick vor der größten Revolution im Medienbereich seit der Erfindung des Buchdruckes durch Gutenberg und wir können heute nicht sagen, wie schnell die Entwicklung geht. Wir wissen, dass heute eine große Menge von Texten gedruckt gelesen wird und dass viele Leser auch das so wollen und dass vieles auch nicht digitalisiert ist.
Heinemann: Wenn eines Tages aber alles digitalisiert und im Netz abrufbar sein wird, wozu benötigen wir dann noch Bibliotheken, mal abgesehen von einer Anna Amalia?
Brintzinger: Wir stellen zwei Dinge fest. Wir stellen fest, dass auf der einen Seite unsere Nutzer – das gilt ganz besonders für Universitätsbibliotheken – erwarten, dass sie wirklich alles digital zu jeder Zeit von jedem Ort, also von zuhause aus, bekommen können, und dass auf der anderen Seite unsere Bibliotheken physisch immer voller werden. Wenn wir durch unsere Bibliotheksräumlichkeiten gehen, dann stellen wir fest, dass alle Plätze besetzt sind, dass die Studierenden auf den Fensterbänken zum Teil noch sitzen. Bibliotheken als Ort bekommen eine besondere Attraktivität. In manchem kann ich das gar nicht so genau erklären, aber es ist ein Bedürfnis der Menschen, dort hinzukommen, wo andere sind und sich ebenfalls mit Büchern und Texten beschäftigen.
Heinemann: Trotzdem: der Versuch einer Erklärung?
Brintzinger: Ich glaube, das ist tatsächlich so, dieses gemeinsame Lesen, ohne dass man das laut tut, dieses gemeinsame Arbeiten, das hat vielleicht so ein bisschen sogar eine Reminiszenz an Klöster, wo alle dann gemeinsam in einem Raum sitzen, zwei Stunden mal ruhig sind, gemeinsam sich konzentrieren, dann gemeinsam zum essen oder zum trinken gehen. Ich glaube, das hat so eine gewisse Form von Arbeitsatmosphäre und von Konzentriertheit. Das ist aber nur ein Aspekt, aber wir sehen, dass die Räumlichkeiten für Bibliotheken eine große Bedeutung haben.
Heinemann: Herr Brintzinger, Sie sind als Chef der Uni-Bibliothek in München ja auch Manager. Das heißt, Sie müssen entscheiden, ob Sie Ihr Geld in die Digitalisierung von Büchern stecken, oder eben in klassische Lehrbücher. Wie treffen Sie diese Auswahl?
Brintzinger: Das ist im Augenblick auch noch sehr stark von Fächern und von Medienformen geprägt. Wir sehen, dass im Bereich der naturwissenschaftlichen Zeitschriften im Grunde genommen nur die elektronische Zeitschrift rezipiert wird. Auf der anderen Seite wissen wir, dass im Bereich von Geisteswissenschaften, ich sage mal Geschichte, ein umfangreiches nicht nur Lehrbuch, sondern eine umfangreiche Monografie von 500 Seiten im Augenblick noch niemand elektronisch lesen möchte. Aber ich gehe auch davon aus, dass es in diesem Bereich Veränderungen gibt. Ich habe vor mir so einen kleinen iPad liegen und wenn ich mir das da anschaue, wie gut sich da Texte drauf speichern lassen, wie praktisch man das unterwegs lesen kann, dann bin ich mir sicher, dass auch in den Geisteswissenschaften die Nutzung digitaler Medien zunehmen wird.
Heinemann: Trotz des Bedürfnisses, gemeinsam dann nach wie vor im Lesesaal zu lesen?
Brintzinger: Möglicherweise sitzen dann die Menschen im Lesesaal und haben ein iPad oder ein iPod vor sich liegen. Das ist gar nicht so sehr unrealistisch.
Heinemann: Herr Brintzinger, die Verbreitung des Wissens ist eins, das ist Ihre Aufgabe, ein anderes die Interessen der Autoren. Muss geistiges Eigentum besser geschützt werden?
Brintzinger: Ich habe auch hier bei der Eröffnung unseres Bibliothekartages klar gesagt, wir Bibliothekare bekennen uns zum Schutz der von Urhebern geschaffenen Werke. Ich möchte hier nicht einer Umsonstkultur das Wort reden, aber es sind zwei Dinge, die zu beachten sind. Zum einen müssen wir schauen: Wie wird in einer Welt, die zunehmend elektronisch ist, wie werden dort Inhalte verteilt. Da fehlen mir ein bisschen gute Ideen auch von Seiten derjenigen, die Inhalte generieren. Und auf der anderen Seite müssen wir sagen, im Bereich der Wissenschaft gelten besondere Gesetzmäßigkeiten. Wissenschaftler schreiben nicht, um Geld zu verdienen, sondern sie schreiben, weil Forschung ohne Publikation keine Wissenschaft ist, und dort muss sich im Urheberrecht tatsächlich etwas ändern. Im Augenblick ist es so, dass ein Wissenschaftler seine eigenen Forschungsergebnisse gar nicht ohne Weiteres auf seiner eigenen Homepage publizieren darf, das kann so nicht bleiben.
Heinemann: Was müsste passieren?
Brintzinger: Nun ja, da gibt es eine Forderung, die auch die deutschen nicht nur Bibliotheks- sondern Wissenschaftsverbände erhoben haben. Das heißt dann "Unabdingbares Zweitverwertungsrecht" - das ist jetzt ein juristischer Terminus. Aber das meint, dass ein Wissenschaftler immer in der Lage sein muss und dass es immer erlaubt sein muss, dass er die Ergebnisse seiner eigenen Forschung zum Beispiel auf seiner Homepage oder auf einer anderen Seite seiner Hochschule veröffentlichen darf.
Heinemann: Kann man Autoren wissenschaftlicher Literatur vor Missbrauch schützen – Stichwort Plagiate?
Brintzinger: Diese Zunahme von Plagiatsentdeckungen in den letzten Monaten hängt natürlich auch mit den technischen Möglichkeiten zusammen. Ich habe das auch mal öffentlich formuliert. In unseren Magazinen werden noch jede Menge Plagiate, die vor 20 und 30 Jahren entstanden sind, schlummern, das hat nur bisher niemand festgestellt, weil es ja gar nicht möglich war festzustellen, es sei denn, man hat die gesamte Literatur der Welt im Kopf gehabt. Nur so konnte man ja ein Plagiat erkennen. Heute wird das eingescannt und wird gegeneinander gematcht und auf diese Art und Weise wird man Plagiate feststellen können. Ich glaube, wenn wissenschaftliche Literatur verstärkt elektronisch und zwar ohne Schranken zugänglich ist, dann wird sich das Plagiatsproblem weitgehend von alleine lösen.
Heinemann: Herr Brintzinger, zurück zum Anfang. Jorge von Burgos – mal abgesehen von seiner kriminellen Energie – würde in Ihren Verein vermutlich nicht aufgenommen werden?
Brintzinger: Nein. Aber das Buch, das er versteckt hat, gab es ja in Wirklichkeit auch gar nicht.
Heinemann: Anlässlich des Deutschen Bibliothekartages sprachen wir mit Klaus-Reiner Brintzinger, dem Vorsitzenden des Vereins Deutscher Bibliothekare. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Brintzinger: Auf Wiederhören, Herr Heinemann!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ein schlechtes Beispiel für die Zunft. Nachahmer sind hierzulande und heutzutage auch nicht aktenkundig – wäre auch schwierig, denn die Klöster haben ihr Monopol längst verloren. Mehr als 10.500 Bibliotheken gibt es allein in Deutschland, die meisten sind öffentliche, einige Hundert wissenschaftliche Bibliotheken, und dort werden in jedem Jahr über 400 Millionen Medien entliehen und die meisten auch wieder zurückgebracht. Und wenn alle Jahre wieder zur Frankfurter oder Leipziger Messe über die Zukunft des Buches im digitalen Zeitalter nachgedacht wird, dann gilt das auch für diese Sammelstellen des gedruckten Wissens. Rund 4.500 Bibliothekare haben in den vergangenen Tagen in Hamburg über ihre Arbeit beraten, unter ihnen Dr. Klaus-Reiner Brintzinger, der Vorsitzende des Vereins Deutscher Bibliothekare, und er ist auch Leiter der Universitätsbibliothek von München. Guten Morgen!
Klaus-Reiner Brintzinger: Guten Morgen, Herr Heinemann!
Heinemann: Herr Brintzinger, "Bibliotheken – Tore zur Welt", so ist Ihre Jahrestagung überschrieben. Steht über dem größten Tor zum Wissen nicht längst der Name Google?
Brintzinger: Google ist natürlich heute ein ganz wichtiger Player. Google hat sehr viele Digitalisate. Deswegen ist die Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und Google wichtig. Wir sind diejenigen, die in der Regel die Daten haben. Das heißt, wir wissen, wie man die Bücher auffindet. Google hat viele Bücher digitalisiert, übrigens viele Bücher, die auch in Bibliotheken stehen, mit Genehmigung von großen Bibliotheken, und wir haben gerade Wege der Zusammenarbeit gefunden. Da sage ich Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie heute in einem Bibliothekskatalog suchen, dann finden Sie – so ist das bei uns in München – automatisch zu dem jeweiligen Eintrag ein Digitalisat von Google, wenn das vorhanden ist. Und auf der anderen Seite reden wir darüber, ob wir unsere Daten nicht öffentlich machen können, damit auch Google, aber auch andere besser ihre digitalisierten Bücher auffindbar machen können.
Heinemann: Herr Brintzinger, glauben Sie, dass es in 20 oder 30 Jahren irgendeinen Text geben wird, der nicht digital im Netz abrufbar sein wird?
Brintzinger: Ich habe mir angewöhnt, auf diese Frage zu antworten, ich weiß es nicht, weil wir alle die Entwicklung und die Geschwindigkeit der Entwicklung unterschätzt haben. Wir stehen im Augenblick vor der größten Revolution im Medienbereich seit der Erfindung des Buchdruckes durch Gutenberg und wir können heute nicht sagen, wie schnell die Entwicklung geht. Wir wissen, dass heute eine große Menge von Texten gedruckt gelesen wird und dass viele Leser auch das so wollen und dass vieles auch nicht digitalisiert ist.
Heinemann: Wenn eines Tages aber alles digitalisiert und im Netz abrufbar sein wird, wozu benötigen wir dann noch Bibliotheken, mal abgesehen von einer Anna Amalia?
Brintzinger: Wir stellen zwei Dinge fest. Wir stellen fest, dass auf der einen Seite unsere Nutzer – das gilt ganz besonders für Universitätsbibliotheken – erwarten, dass sie wirklich alles digital zu jeder Zeit von jedem Ort, also von zuhause aus, bekommen können, und dass auf der anderen Seite unsere Bibliotheken physisch immer voller werden. Wenn wir durch unsere Bibliotheksräumlichkeiten gehen, dann stellen wir fest, dass alle Plätze besetzt sind, dass die Studierenden auf den Fensterbänken zum Teil noch sitzen. Bibliotheken als Ort bekommen eine besondere Attraktivität. In manchem kann ich das gar nicht so genau erklären, aber es ist ein Bedürfnis der Menschen, dort hinzukommen, wo andere sind und sich ebenfalls mit Büchern und Texten beschäftigen.
Heinemann: Trotzdem: der Versuch einer Erklärung?
Brintzinger: Ich glaube, das ist tatsächlich so, dieses gemeinsame Lesen, ohne dass man das laut tut, dieses gemeinsame Arbeiten, das hat vielleicht so ein bisschen sogar eine Reminiszenz an Klöster, wo alle dann gemeinsam in einem Raum sitzen, zwei Stunden mal ruhig sind, gemeinsam sich konzentrieren, dann gemeinsam zum essen oder zum trinken gehen. Ich glaube, das hat so eine gewisse Form von Arbeitsatmosphäre und von Konzentriertheit. Das ist aber nur ein Aspekt, aber wir sehen, dass die Räumlichkeiten für Bibliotheken eine große Bedeutung haben.
Heinemann: Herr Brintzinger, Sie sind als Chef der Uni-Bibliothek in München ja auch Manager. Das heißt, Sie müssen entscheiden, ob Sie Ihr Geld in die Digitalisierung von Büchern stecken, oder eben in klassische Lehrbücher. Wie treffen Sie diese Auswahl?
Brintzinger: Das ist im Augenblick auch noch sehr stark von Fächern und von Medienformen geprägt. Wir sehen, dass im Bereich der naturwissenschaftlichen Zeitschriften im Grunde genommen nur die elektronische Zeitschrift rezipiert wird. Auf der anderen Seite wissen wir, dass im Bereich von Geisteswissenschaften, ich sage mal Geschichte, ein umfangreiches nicht nur Lehrbuch, sondern eine umfangreiche Monografie von 500 Seiten im Augenblick noch niemand elektronisch lesen möchte. Aber ich gehe auch davon aus, dass es in diesem Bereich Veränderungen gibt. Ich habe vor mir so einen kleinen iPad liegen und wenn ich mir das da anschaue, wie gut sich da Texte drauf speichern lassen, wie praktisch man das unterwegs lesen kann, dann bin ich mir sicher, dass auch in den Geisteswissenschaften die Nutzung digitaler Medien zunehmen wird.
Heinemann: Trotz des Bedürfnisses, gemeinsam dann nach wie vor im Lesesaal zu lesen?
Brintzinger: Möglicherweise sitzen dann die Menschen im Lesesaal und haben ein iPad oder ein iPod vor sich liegen. Das ist gar nicht so sehr unrealistisch.
Heinemann: Herr Brintzinger, die Verbreitung des Wissens ist eins, das ist Ihre Aufgabe, ein anderes die Interessen der Autoren. Muss geistiges Eigentum besser geschützt werden?
Brintzinger: Ich habe auch hier bei der Eröffnung unseres Bibliothekartages klar gesagt, wir Bibliothekare bekennen uns zum Schutz der von Urhebern geschaffenen Werke. Ich möchte hier nicht einer Umsonstkultur das Wort reden, aber es sind zwei Dinge, die zu beachten sind. Zum einen müssen wir schauen: Wie wird in einer Welt, die zunehmend elektronisch ist, wie werden dort Inhalte verteilt. Da fehlen mir ein bisschen gute Ideen auch von Seiten derjenigen, die Inhalte generieren. Und auf der anderen Seite müssen wir sagen, im Bereich der Wissenschaft gelten besondere Gesetzmäßigkeiten. Wissenschaftler schreiben nicht, um Geld zu verdienen, sondern sie schreiben, weil Forschung ohne Publikation keine Wissenschaft ist, und dort muss sich im Urheberrecht tatsächlich etwas ändern. Im Augenblick ist es so, dass ein Wissenschaftler seine eigenen Forschungsergebnisse gar nicht ohne Weiteres auf seiner eigenen Homepage publizieren darf, das kann so nicht bleiben.
Heinemann: Was müsste passieren?
Brintzinger: Nun ja, da gibt es eine Forderung, die auch die deutschen nicht nur Bibliotheks- sondern Wissenschaftsverbände erhoben haben. Das heißt dann "Unabdingbares Zweitverwertungsrecht" - das ist jetzt ein juristischer Terminus. Aber das meint, dass ein Wissenschaftler immer in der Lage sein muss und dass es immer erlaubt sein muss, dass er die Ergebnisse seiner eigenen Forschung zum Beispiel auf seiner Homepage oder auf einer anderen Seite seiner Hochschule veröffentlichen darf.
Heinemann: Kann man Autoren wissenschaftlicher Literatur vor Missbrauch schützen – Stichwort Plagiate?
Brintzinger: Diese Zunahme von Plagiatsentdeckungen in den letzten Monaten hängt natürlich auch mit den technischen Möglichkeiten zusammen. Ich habe das auch mal öffentlich formuliert. In unseren Magazinen werden noch jede Menge Plagiate, die vor 20 und 30 Jahren entstanden sind, schlummern, das hat nur bisher niemand festgestellt, weil es ja gar nicht möglich war festzustellen, es sei denn, man hat die gesamte Literatur der Welt im Kopf gehabt. Nur so konnte man ja ein Plagiat erkennen. Heute wird das eingescannt und wird gegeneinander gematcht und auf diese Art und Weise wird man Plagiate feststellen können. Ich glaube, wenn wissenschaftliche Literatur verstärkt elektronisch und zwar ohne Schranken zugänglich ist, dann wird sich das Plagiatsproblem weitgehend von alleine lösen.
Heinemann: Herr Brintzinger, zurück zum Anfang. Jorge von Burgos – mal abgesehen von seiner kriminellen Energie – würde in Ihren Verein vermutlich nicht aufgenommen werden?
Brintzinger: Nein. Aber das Buch, das er versteckt hat, gab es ja in Wirklichkeit auch gar nicht.
Heinemann: Anlässlich des Deutschen Bibliothekartages sprachen wir mit Klaus-Reiner Brintzinger, dem Vorsitzenden des Vereins Deutscher Bibliothekare. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Brintzinger: Auf Wiederhören, Herr Heinemann!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.