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Bienensterben
Hoffnung mit Haken im Kampf gegen die Varroa-Milbe

Berichte über ein mögliches Mittel gegen die Varroa-Milbe, die Bienenvölker so schwächen kann, dass sie den Winter nicht überstehen, haben Hoffnungen bei Imkern geweckt. Aber: Bis eine neues Mittel auf den Markt kommt, sind noch erhebliche Hindernisse zu überwinden.

Von Joachim Budde |
    Honigbiene sitzt auf Kornblume.
    Honigbiene sitzt auf Kornblume. (imago / blickwinkel)
    Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Im Januar veröffentlichten Forscher vom Institut für Bienenkunde der Universität Hohenheim einen Fachartikel, in dem sie mit Lithium-Chlorid ein neuartiges Mittel gegen die Varroa-Milde vorstellten. Die Eigenschaften des Wirkstoffs, die sich abzeichneten, seien vielversprechend, sagt Peter Rosenkranz, der das Institut leitet. In ihren Versuchen konnten die Forscher das Mittel den Bienen einfach ins Futter mischen - kein Vergleich zu dem Aufwand, den etwa die Behandlung mit organischen Säuren verursacht.
    "Das ist ein Riesenvorteil, also das ist easy to apply auf Neudeutsch, das Zweite ist, dass es tatsächlich gut wirkt bei Bienenmilben, und dass Lithium-Chlorid ein sehr bekannter Stoff ist mit einer relativ geringen Toxizität auch bei Menschen, also er wird ja nicht umsonst in deutlich höheren Konzentrationen zur Therapie angewendet, und nicht zu vergessen: Der Wirkungsmechanismus, den wir zwar nicht kennen, der aber definitiv ganz anders ist als bei den bisherigen Mitteln."
    Die Varroa-Milbe kann Bienenvölker so sehr schwächen, dass sie den Winter nicht überstehen - und gilt deshalb als die größte Bedrohung heimischer Honigbienenvölker. Ein einfaches Mittel dagegen wäre toll. Entsprechend groß war die Resonanz auf die Meldung im Januar.
    Larven vertragen das Mittel schlecht
    "Unsere Pressemitteilung wurde nach zwei Wochen 42.000 Mal angeklickt, normal sind 1.000 bis 1.500 Klicks. Das zeigt, wie groß das Interesse ist sowohl in der Wissenschaft aber noch mehr bei den Imkern. Das heißt: Es ist ein Bedarf."
    Die Hoffnung ist groß. Weil Lithium-Chlorid im Handel erhältlich ist, haben manche Imker es ihren Völkern bereits auf eigene Faust verabreicht, berichten andere Bienen-Experten. Dabei ist noch gar nicht klar, wie genau das Mittel zu dosieren ist. Fest steht nur: Die Dosis muss sehr klein sein, die Anwendung kurz, sonst sterben neben den Varroa-Milben auch die Bienen. Insbesondere die Bienenlarven sind gefährdet, denn sie vertragen das Mittel offenbar viel schlechter als ausgewachsene Arbeiterinnen.
    Noch mehr aber kritisieren andere Forscher, dass in der Veröffentlichung vom Januar eine wichtige Information fehlte, die aber im Patentantrag für die Anwendung enthalten war: Die Bienenlarven vertragen das Mittel viel schlechter als die ausgewachsenen Arbeiterinnen. Das räumt auch Peter Rosenkranz ein.
    "Wir wussten schon früher von einem oder von zwei Vorversuchen, dass offensichtlich die Brut empfindlicher ist, wir haben das jetzt letztes Jahr im Detail getestet und können bestätigen: Wenn Sie direkt Larven mit Lithium-Salzen füttern, sind die um mehr als den Faktor 10 empfindlicher, und wir sehen schon bei sehr geringen Konzentrationen dann Effekte, Entwicklungsstörungen oder dass Larven sterben. Das heißt, es wird Stand heute eben da jetzt nicht möglich sein, einfach literweise Bienenvölkern mit Lithium zu füttern, solang Brut mit dem Volk ist. Das ist etwas, was momentan die Anwendung natürlich einschränken würde. "
    Zulassung wird noch Jahre dauern
    Das bedeutet, dass man das Lithium-Salz nur während einer sehr kurzen Zeit im Herbst verabreichen könnte, wenn kaum oder gar keine Brut mehr im Bienenvolk ist. Oder im Frühjahr, wenn der Imker seine erwachsenen Bienen mit einem sogenannten Kunstschwarm in einen anderen Stock ohne Brut umziehen lässt. Wie genau das aussehen kann - das weiß Peter Rosenkranz und noch nicht.
    "Ein Problem mit dieser ganzen Diskussion ist, dass man hier den übernächsten Schritt schon jetzt tut. Wir haben jetzt knapp zwei Jahre Forschung auf dem Buckel. Wir haben einen neuen Wirkstoff entdeckt, der tatsächlich ein paar ganz besondere Eigenschaften hat, die bisher kein anderer Wirkstoff hat. Und ich denke, jetzt muss man schauen, was möglich ist, eben auch angesichts der Probleme mit der Brut. Gibt es Möglichkeiten, diese Nebenwirkungen zu reduzieren durch irgendwelche andere Stoffe? Gibt es Möglichkeiten durch bestimmte Applikationen die Brut zu schützen?"
    Auf all diese Fragen müssen die Forscher noch Antworten finden, ehe eine breite Anwendung in Sicht ist. Bis zu einer offiziellen Zulassung von Lithium-Chlorid zur Varroa-Bekämpfung dürften nach Meinung der Experten noch mindestens fünf Jahre ins Land gehen.
    "Wenn Sie andere Wirkstoffe anschauen oder andere Varroa-Bekämpfungsmittel, hat es teilweise zehn, 15 Jahre gedauert, bis man eine einigermaßen zufriedenstellende Anwendung hatte, hier aufgrund der tatsächlich spektakulären Wirkungen bei den Bienen oder auf die Bienenmilben denken jetzt die Imker, dass übermorgen ein neues Mittel auf dem Markt ist. Und das ist unabhängig auch von dem, was er rausfindet, sowieso nicht möglich, weil es so eine Entwicklung und Zulassung, da reden wir dann nicht von ein, zwei Jahren, da reden von fünf oder mehr Jahren. "